
Es war nur eine Übung, aber das Szenario wirkte schon ziemlich echt. Bei einer Großübung im Kitzinger Innopark haben Hilfs- und Rettungskräfte simuliert, was schon morgen Realität sein kann. Die Bilanz dieser Nacht: Tragisch, wenn ein solches Unglück passiert, aber gut zu wissen, dass es Freiwillige gibt, die bereit stehen zum Helfen.
Die weitgehend geheim gehaltene Übung begann recht unspektakulär und entwickelte sich dann rasch zu einem mehrstündigen Großeinsatz. Zunächst ging es nur um eine Vermisstensuche: Jugendliche, so die Annahmen, hatten in einem Lost Place im Innopark gespielt und sich in dem weitläufigen und unübersichtlichen früheren Kasernengebäude verlaufen.
Ersthelfer des Kitzinger THW stellten dann fest, dass die Lage weitaus dramatischer war. Im Dachgeschoss war Feuerschein zu erkennen. Dichter Rauch drang aus dem Gebäude. Schreie und Explosionen waren zu hören. Die täuschend echt nachgestellte Szenerie war das Werk einiger THW-Mitglieder, die mit technischen Mitteln wie einer Rauchmaschine und Feuerwerksböllern ganze Arbeit geleistet hatten.
Viel Blaulicht am Nachthimmel über dem Kitzinger Innopark
Sofort erfolgte die Nachalarmierung aller zur Verfügung stehenden Kräfte, inklusive der Volkacher Feuerwehr, die sich der Übung im Vorfeld angeschlossen hatte. In kurzer Zeit konnte man in den Zufahrtsstraßen ein Meer aus Fahrzeugen erkennen. Blaulicht lag über dem Nachthimmel, und Martinshörner vermischten sich mit den Geräuschen im Haus.

Die Feuerwehr ging vor dem vermeintlichen Brandort mit der Drehleiter in Stellung, Atemschutzträger rüsteten sich, die THW-Drohnengruppe errichtete einen "Drohnenflugplatz" und begann mit ersten Überwachungsflügen über dem Gebäude. Was für den Außenstehenden wie ein komplettes Durcheinander anmutete, war ein immer wieder geübtes konstruktives Vorgehen von mehr als 50 freiwilligen Helferinnen und Helfern.
Die Einsatzleitung um Michael Hack bildete mehrere Erkundungstrupps mit dem Ziel, Verletzte und Vermisste in dem weiträumigen Gebäude zu lokalisieren. Gleich zu Anfang meldete ein Trupp eine verletzte Person, die im Keller in einem Putzmittel-Lagerraum lag. Chemikalien waren ausgelaufen. Ein Feuerwehrtrupp wurde angefordert, der – ausgerüstet mit spezieller Chemikalien-Schutzausrüstung – die Eingeschlossenen barg und außerhalb des Hauses wartenden THW-Kräften übergab.

Da im Treppenhaus Teile der Decke herunterfielen, musste diese abgestützt werden, was viele Kräfte band. Draußen wurde ein "Schwerverletzter" entdeckt, der unter einem Haufen tonnenschwerer Betonteile eingeklemmt war – zum Glück nur eine Übungspuppe. Vergossenes Kunstblut machte die Situation sehr authentisch. Auch hier war eine große Zahl Helfer erforderlich, die mit schwerem hydraulischen Gerät die Platten vorsichtig zu entfernen versuchten.
Das THW arbeitet mit der Drohne und einer Wärmebildkamera
Auch im Inneren des Gebäudes waren Menschen feststellbar, die zum Teil verschüttet und aufwendig zu bergen waren. Der Innenangriffstrupp der Feuerwehr kam ins Stocken, da ihm eine umgestürzte massive Baustahlröhre den Weg versperrte. Im Kriechgang, mit angeschnalltem Atemschutz, arbeiteten sich die Feuerwehrleute durch das Hindernis.


Da nach zwei Stunden immer noch zwei Kinder vermisst waren, erhielt die Drohnengruppe den Auftrag, das weitläufige Areal um die Einsatzstelle abzusuchen. Pilot Enrico Marquart von der Fachgruppe "UL" (unbemannte Luftfahrtsysteme) flog den Bereich systematisch ab. Nicht weit weg erkannte er zwei weiße Flecken auf dem Bildschirm seiner Wärmebildkamera. Per Funk lotste er einen Suchtrupp zu der Stelle – und: Volltreffer! Die zwei Kinder saßen auf einer Bank und wurden von der THW-Gruppe zum "Sammelplatz Verletzte" gebracht.
Nach gut zwei Stunden war Übungsende. "Erfolgreich", wie die beiden Chefs Michael Hack (THW) und Moritz Hornung (Feuerwehr Volkach) übereinstimmend betonten. "Die Fähigkeiten beider Fachdienste haben sich hervorragend ergänzt. Der Übungszweck wurde voll erfüllt."