
Sie hatten alles gegeben, sie waren „angetreten, um zu gewinnen“, wie Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer sagt. Doch seit Dienstagnachmittag steht fest: Der Kampf um das Naturparkzentrum Steigerwald ist für Iphofen verloren. Die Einrichtung, die jährlich Tausende Gäste locken soll und vom Freistaat mit Millionen gefördert wird, geht nach Scheinfeld in Mittelfranken. Darauf hat sich der Vorstand des Naturpark Steigerwald e.V. verständigt – mit knapper Mehrheit von fünf zu drei Stimmen, wie am Rande der Sitzung in Hirschaid zu hören war. Die Landtagsabgeordnete Gabi Schmidt (Freie Wähler) aus dem Wahlkreis Mittelfranken plädiert jetzt dafür, „nach den Monaten des harten Ringens um den Standort des Naturparkzentrums Ruhe einkehren zu lassen“. Doch so rasch dürfte der Rauch dieser Schlacht nicht zu verwirbeln sein.
Iphofens Bürgermeister sagte am Dienstag zwar in einer ersten Reaktion, man nehme die Entscheidung „sportlich“, aber es war kein normaler Wettlauf, den sich seine Stadt mit Scheinfeld geliefert hatte. Dieser Wettlauf war geprägt von kleinen Scharmützeln, von taktischen Spielchen, von politischen Manövern, und man weiß nicht genau, welche Seite tiefer in die Trickkiste zu greifen versuchte. Daher lohnt es sich, einen Blick auf die wenigen objektiven Dinge zu werfen, die für den Vergleich der Standorte herangezogen wurden.
Ein Fachgutachten ist für Iphofen das stärkste Pfund
Stärkstes Pfund, mit dem Iphofen zu wuchern versuchte, war eine Expertise, erstellt von einem Fachbüro für Tourismus. Sie kam zu dem Schluss, dass der von Iphofen vorgeschlagene Standort auf dem Schwanberg der „am besten geeignete Standort“ für das Naturparkzentrum sei. Das ließ nicht nur die Iphöfer, sondern lange auch den Kitzinger Kreistag in dem Glauben, auf der sicheren Seite zu sein.

Doch je stärker sich das Rennen zuspitzte, umso mehr Zweifel wurden von Scheinfelder Seite an dem Gutachten gesät. Bürgermeister Claus Seifert sagte Ende April – sieben Wochen vor der Entscheidung – in einem längeren Telefonat mit dieser Redaktion: „Über die Qualität dieses Gutachtens lässt sich trefflich streiten.“ Als gewichtigsten Punkt nannte Seifert: „Iphofen liegt nicht einmal im Steigerwald.“ Tatsächlich heißt es in einer vom Naturpark Steigerwald e.V. am Dienstag verbreiteten Presseerklärung, die „Lage im Herzen des Naturraums“ sei mit ausschlaggebend für die Standortwahl gewesen.
Für Neustadts Landrat ist die Entscheidung "sachlogisch"
So stellt es im Nachhinein auch Helmut Weiß dar. Der Landrat des an Iphofen grenzenden Kreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim war noch am Morgen des Wahltags in der Lokalpresse mit den Worten zitiert worden, die Chancen stünden „gut, dass der Landkreis den Zuschlag bekommt“. In einer aktuellen Stellungnahme verweist Weiß auf den Umstand, dass „nahezu die Hälfte der Steigerwald-Naturparkfläche in unserem Landkreis liegt und auch nahezu die Hälfte der Bürger im Naturpark Steigerwald auch Landkreis-Bürger sind“. Deswegen sei es „sachlogisch“, dass nun auch das Naturparkzentrum in seinen Landkreis komme. Weiß spricht von einem „Leuchtturmprojekt, das als Besuchermagnet wirken soll“. Fast wortgleiche Einschätzungen hatte man zuvor auch aus dem Landkreis Kitzingen vernommen.
Dass sich der Vorstand des Naturpark Steigerwald e.V. – ihm gehören unter anderem die Landräte der Kreise Neustadt/Aisch, Bamberg, Schweinfurt, Hassberge, Erlangen/Höchstadt und Kitzingen an – letztlich über ein Fachgutachten hinweggesetzt hat, wertet man in Iphofen als klares Signal für eine „politische Entscheidung“, wie Lenzer gegenüber der Redaktion erklärte. Schon als der Scheinfelder Kollege mitten in der heißen Bewerbungsphase die Pferde wechselte und statt des alten Amtsgerichtsgebäudes plötzlich einen Standort unterhalb von Schloss Schwarzenberg ins Spiel brachte, sah der Kitzinger Kreistag darin ein rein taktisches Manöver. Bürgermeister Seifert erklärte die Sache damals so, dass seine Stadt nur bis Jahresende Zugriff auf das Amtsgerichtsgebäude habe und man im Falle des Falles eine Alternative haben wolle.
Die Kitzinger Landrätin sah das Ergebnis kommen
Für Lenzer bleibt bei all dem ein „fahler Beigeschmack“. Nicht nur ihn beschleicht das Gefühl, dass die Entscheidung schon vor der entscheidenden Sitzung gefallen sei. Auch die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof, kraft Amtes Mitglied im Vorstand des Naturpark Steigerwald e.V., sah das Ergebnis kommen. Wer für welchen Bewerber votiert hat, wollte der Vorsitzende, Bambergs Landrat Johann Kalb, gegenüber Lenzer mit Verweis auf die „geheime Wahl“ nicht kundtun.
Bischof sagt auf Nachfrage, sie akzeptiere die „demokratische Entscheidung“ und erwarte nun, dass der Landkreis Neustadt/Aisch „zügig seine Hausaufgaben“ mache. Die Landtagsabgeordnete Barbara Becker (CSU) erklärt, auch sie bedaure, dass Iphofen nicht gewählt worden sei. Sie habe auf den Standort Schwanberg gehofft und sei nach wie vor von dessen Qualitäten überzeugt. Scheinfeld habe jetzt die „Chance, etwas richtig Tolles zu machen“.
Im ersten Schritt geht es darum, das Vorkaufsrecht für das alte Amtsgerichtsgebäude zu nutzen. Bei der Umsetzung des Projekts kann Scheinfeld mit 90 Prozent Förderung des Freistaats rechnen. Am Ende sind alle am Naturpark beteiligten Partner dazu aufgerufen, das Gebäude und die Idee des Naturparkzentrums mit Leben zu füllen. Eine große Aufgabe.