Alles fing im ehemaligen Kinderzimmer an, das kurzerhand umfunktioniert wurde. Zuvor hatte Thomas Amendt – irgendwann Mitte 2017 – in weinseliger Runde mit einem Bekannten über den perfekten Silvaner philosophiert. Am Ende des Abends war klar: Hilft ja alles nichts, wir müssen die Dinge selber in die Hand nehmen. Die tollkühn anmutende Idee wirkte nach und wurde – nicht minder tollkühn – tatsächlich umgesetzt.
Wenig später standen im Haus von Thomas Amendt im ehemaligen Kinderzimmer zwei ausrangierte Weinfässer. Das Weinzimmer war geboren. Was jetzt noch fehlte, war der Inhalt. Aber auch dieses Thema war rasch erledigt: Am Fuße des Schwanbergs in Iphofen in der Lage Kronsberg fand sich ein Winzer, der sich auf ein ungewöhnliches Konzept einließ: Er setzte das um, was die Jäger des perfekten Silvaners von ihm wollten. Knallharte Ertragsregulierung. Viel Liebe zum Detail. Und nicht zuletzt: Traditionsausbau mit möglichst alten Reben. Also nicht mehr und nicht weniger als die Rückkehr zu den Ursprüngen der fränkischen Ausbauart.
Warum Reben aus dem Jahr 1976 geradezu ideal sind
Dabei erwiesen sich die 1976 in Iphofen gepflanzten Reben als geradezu ideal. Reben, die durch ihr Alter mit ihren Wurzeln weit in den Gipskeuperboden ragen, was wiederum für eine hohe Mineralität sorgt.
Nach dem Keltern kam der Most zur Vergärung nach Kitzingen, wo bereits Fässer aus Spessarteiche und Edelstahltanks bereitstanden. Mit der Abfüllung 2018 war es vollbracht: Aus einer Idee war ein besonderer Wein geworden. Nach eigenen Vorstellungen. Ein Wein, der zunächst einmal seinen Machern munden sollte. Was er auch tat: Amendt hebt den "fast schon mystischen Charakter" hervor. Die Arbeit hatte sich auf Anhieb gelohnt. Ein Traum-Wein, der das Duo schwärmen und mit vielen Adjektiven versehen ließ: facettenreich, vielschichtig, harmonisch.
Schon der Großvater war ein Wein-Experte
Dass die Sache so gut gelaufen war, hatte natürlich einen Grund: Hier waren ausgemachte Fachleute am Werk, die sich ihrer Sache ziemlich sicher waren. Von den beiden Wein-Philosophen an dem besagten Maiabend war einer bereits Winzer. Der andere, Thomas Amendt, war zumindest erblich stark vorbelastet.
Sein Großvater Paul Arauner verfasste das Kitzinger Weinbuch, war Apotheker und betrieb ein Weinlabor. Vater Hermann Amendt hatte sich nebenher ebenfalls dem Weinbau verschrieben. So war Thomas Amendt von Kindesbeinen an mit dem Weinbau vertraut.
Dabei steht der Name Amendt eigentlich für etwas ganz anderes: Die Familie betreibt seit drei Generationen ein Möbelhaus in Kitzingen. Während Bruder Klaus heute "Das Haus der schönen Dinge" und damit das väterliche Geschäft in der Schweizergasse führt, schlug Thomas Amendt einen anderen Weg ein. Er ging auf die Möbelfachhochschule, absolvierte eine Matratzenlehre und zog mit Ende 20 in die Welt hinaus.
Wein im Schaufenster des Bettenhauses am Königsplatz
Zurück in Kitzingen, machte er sich Anfang der 1990er-Jahre mit einem Bettenhaus selbstständig. Guter Schlaf – Thomas Amendt hatte seine Berufung gefunden. 2018 wechselte sein "Chirothom Matratzenstudio" an den Königsplatz. Dort im Schaufenster ist nun der Wein ausgestellt, der ganze Stolz von Thomas Amendt.
Sieben Flaschen umfasst die aktuelle Angebotspalette. Nachdem sich die Dinge in den ersten Jahren so gut angelassen hatten, kamen ab 2022 weitere Rebsorten und weitere Lagen wie Rödelseer Küchenmeister und Iphöfer Kronsberg dazu. Neuerdings sind auch die Lagen Sulzfelder Cyriakusberg und der Kitzinger Hofrat im Boot.
Beim Kitzinger Weinfest feiert Amendt-Silvaner Premiere
Die Weine tragen Namen, die Programm sein sollen: Hier treffen Silvahnsinn auf Mystik, Ekstase auf Freudenbringer und Sorgenbrecher auf Suffilis. Thomas Amendt macht das alles inzwischen im Alleingang. Längst ist das Projekt aus den Kinderschuhen und aus dem Kinderzimmer verschwunden. Beim Weinausbau setzt Amendt auf die Zusammenarbeit mit der Kitzinger Winzerhalle mit Kellermeister Thorsten Klein an der Spitze.
Während die ersten selbstgemachten Flaschen noch als Zugabe in jedem verkauften Bett lagen, steht jetzt der Gang in die Öffentlichkeit im Mittelpunkt. Vergangenes Jahr schenkte der 59-Jährige ein Wochenende seine Weine beim Kitzinger Stadtschoppen aus. Das sei "hervorragend angekommen", freut sich der Mann mit der ungewöhnlichen Wein-Idee, der sich und seiner Philosophie treu geblieben ist.
Am Wochenende steht dann die eigentliche Feuertaufe an: Erstmals ist Amendt beim Kitzinger Weinfest am Start. Elf Weine sind dann im Angebot, über die sich mit ihrem Macher trefflich philosophieren lässt.