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Dettelbach
Der kuriose Wasserstreit im Mainfrankenpark: Wie das Abwasser am Biebelrieder Kreuz zum Problemfall wurde
Eine Kläranlage wechselt den Besitzer, Anwohner erhalten Kündigungsschreiben. Und ein Stadtrat hat viele Fragen. Der Mainfrankenpark und seine Besonderheiten.
Der Dettelbacher Mainfrankenpark hatte Ende 2009 noch viele Lücken. Um die Versorgung kümmert sich von Anfang an ein privater Betreiber, der sich jetzt von einigen Dingen verabschieden will. Die Übernahme durch die öffentliche Hand gestaltet sich allerdings gerade schwierig.
Foto: Thomas Obermeier | Der Dettelbacher Mainfrankenpark hatte Ende 2009 noch viele Lücken. Um die Versorgung kümmert sich von Anfang an ein privater Betreiber, der sich jetzt von einigen Dingen verabschieden will.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 20.05.2024 02:40 Uhr

Abwasser landet in der Kläranlage, klar. Was aber, wenn das doch nicht ganz so klar ist? Wenn Abwasser zum Problemfall wird? Im Dettelbacher Mainfrankenpark stellen sich genau diese Fragen – dort türmt sich gerade für Dettelbach und Biebelried ein Versorgungsproblem. Was an einer nicht alltäglichen Konstellation liegt, die mit der Geschichte des Gewerbeparks zusammenhängt. Eine Geschichte, die gleich mehrere ausgewählte Besonderheiten bereit hält.

Eine dieser Besonderheiten ist: Das Industriegebiet ist anders als andere. 1999 von einem Privatmann aus dem Dettelbacher Boden gestampft, wurde es von diesem Investor in Eigenregie betrieben. Samt eines eigenen und damals innovativen Versorgungskonzepts: Damit der Park autark ist, wurde neben einem Kraftwerk auch eine Kläranlage gebaut. Diese ging im Juli 1999 in Betrieb und klärt seither die Abwässer des Gewerbeparks sowie der Orte Biebelried, Westheim und Kaltensondheim. 

Die erste privat betriebene Kläranlage in Unterfranken kostete 3,5 Millionen Mark. Geld, das sich Biebelried sparen konnte. Eigentlich hätte man selber eine neue Kläranlage bauen müssen – als ein Privatmann alles frei Haus hinzauberte. Alles tipp-topp, modern, auf biologischer Grundlage, vollautomatisch.

Mainfrankenpark-Versorgung weiterhin in privaten Händen

Dann kam das Jahr 2004 und mit ihm die Pleite des Würzburger Investors. Eine der Folgen: Der Stadt Dettelbach fiel nun mit dem Mainfrankenpark quasi ein neuer Stadtteil zu. Was sich allerdings nicht änderte: Die Versorgung blieb in privaten Händen. Was zu der seltsamen Konstellation führte, dass die Straßen beispielsweise der Stadt gehören, die darunter liegenden Rohre aber "privat" genutzt werden.

Zunächst bekam ein Facility Management den Zuschlag des Insolvenzverwalters und übernahm das Kommando. Später folgte ein weiterer Wechsel, die EnBW Mainfrankenpark GmbH zeichnete von nun an für die Versorgung mit Wasser, Wärme, Strom und Telekommunikation verantwortlich. Das führte dazu, dass es bei dem eigenen Mainfrankenpark-Konstrukt blieb. Dies aufzudröseln stellt selbst Insider – wie sich gerade zeigt – vor das eine oder andere Rätsel. 

Die Kläranlage in Biebelried wurde vom Gründer des Mainfrankenparks gebaut, betrieben wird sie von einer Fremdfirma. Diese zieht sich jetzt zurück und die Gemeinde muss nun entscheiden, ob sie die Anlage übernimmt und wie es damit weitergehen soll. 
Foto: Robert Haass | Die Kläranlage in Biebelried wurde vom Gründer des Mainfrankenparks gebaut, betrieben wird sie von einer Fremdfirma.

20 Jahre nach der Pleite des Investors sind die Besonderheiten des Parkes am Biebelrieder Kreuz plötzlich wieder ein Thema. Den Mainfrankenpark holt die Vergangenheit ein. Was zum einen daran liegt, dass sich die EnBW Mainfrankenpark gerade von der Kläranlage verabschiedet. Übernommen wird sie wahrscheinlich zum 1. Juni von der Gemeinde Biebelried.

Nicht mehr kümmern will sich die EnBW zudem um die Entsorgung des Niederschlagwassers. Die Anlieger bekamen deshalb vor einigen Monaten einen Brief, in dem die vertraglich vereinbarte Entsorgung des Niederschlagswassers aufkündigt wurde. Warum das geschah und was das eigentlich bedeutet, sorgt seither nicht nur bei Anliegern und der Stadt für allgemeines Rätselraten. 

Keine Einigung zwischen Stadt Dettelbach und EnBW

In der Stadt Dettelbach reifte deshalb die Überlegung, die Schmutzwasserentsorgung im Mainfrankenpark ganz zu übernehmen. Was zuvor auch schon bei der Frischwasserlieferung – geräuschlos – passiert war. Beim Schmutzwasser verliefen entsprechende Gespräche laut Bürgermeister Matthias Bielek zunächst jedoch ergebnislos.

Ein Grund könnte sein, dass es einen vergleichbaren Fall so bisher nicht gibt. Die öffentliche Hand übernimmt ein privates Konstrukt – das scheint sich als komplizierter Vorgang zu erweisen.  Deshalb seien die Verhandlungen "leider noch nicht einvernehmlich abgeschlossen", informierte Bielek die Stadträtinnen und Stadträte.

In der entsprechenden Sitzungsvorlage steht auch, dass inzwischen ein Rechtsstreit über der ganzen Angelegenheit liegt. Gegen einen Niederschlagabwasser-Abgabenbescheid des Landratsamts Kitzingen hat die EnBW Mainfrankenpark Klage vor dem Verwaltungsgericht Würzburg erhoben. Von einer kurzfristigen Entscheidung ist dabei nicht auszugehen. Die Stadt befürchtet, dass sich die Dinge hinziehen. So lang das Wort Niederschlagabwasser-Abgabenbescheid ist, so kompliziert erscheint im Moment der ganze Vorgang. Erschwerend kommt hinzu, dass die handelnden Personen in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrfach gewechselt haben.

Woran es liegt, was zu der Kündigung geführt hat, wo genau das Problem ist – die Stadt ist gerade auf der Suche nach den Antworten. Vorsorglich gab man aber in der jüngsten Sitzung eine Marschrichtung vor: Auf längere Sicht soll der Mainfrankenpark an die eigene Kläranlage in Dettelbach angeschlossen werden. Das wäre dann der letzte Schritt zu einem "normalen" Industriegebiet.  

Der Mainfrankenpark sei ein "Ortsteil wie jeder andere"

Bis dahin dürfte aber noch viel Abwasser den Kanal nach Biebelried herunterfließen. Zunächst geht es darum, ein Signal an die Anlieger zu senden: Aus der aktuell ungeklärten Situation soll niemandem ein Nachteil entstehen. Zwar ist der Mainfrankenpark aus der Entwässerungssatzung der Stadt ausgenommen. Allerdings beschloss der Stadtrat jetzt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Übernahme der Versorgung zu schaffen. Diese grundsätzliche Bereitschaft wurde einstimmig beschlossen.

Das Gremium hob in der dazugehörigen Diskussion die Bereitschaft hervor, als Versorger im Mainfrankenpark zu agieren. Raimund Sauer (CSU) stellte klar, dass "der Mainfrankenpark wie jeder andere Ortsteil auch ist". Sein Fraktionskollege Siegfried Voltz betonte, dass es jetzt darum gehe, erst einmal etwas über den "Zustand des Kanalnetzes" zu erfahren. Man solle sich bei der Neuausrichtung, so warnte Marcel Hannweber (CSU) mit Blick auf die schwierige Gemengelage, "nicht auf Spielchen einlassen".

 
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