
Der Bundesgerichtshof gibt der Staatsanwaltschaft Würzburg keine neue Chance, einer Volkacher Pflegerin zweifachen versuchten Mord nachzuweisen. Die 50-Jährige hatte sich vor rund zwei Jahren selbst der Polizei gestellt und zugegeben, zwei Frauen in einem Seniorenheim in Volkach (Lkr. Kitzingen) in Lebensgefahr gebracht zu haben, indem sie ihnen völlig grundlos Insulin gespritzt hatte. Dennoch war sie 2021 lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung zu knapp drei Jahren Haft verurteilt worden.
Keine Heimtücke, sondern Überforderung
Denn was die Staatsanwaltschaft damals als versuchten Mord angeklagt hatte, stellte sich vor Gericht als Hilferuf der Angeklagten heraus, die gezwungen war, zum Broterwerb wieder zu arbeiten, obwohl sie selbst gesundheitlich noch schwer angeschlagen war. Nach gerade überstandener monatelanger Lungenerkrankung fühlte sie sich mit der Betreuung der pflegeintensiven Seniorinnen völlig überfordert.
Was zunächst wie eine kühne These von Verteidiger Peter Möckesch klang, überzeugte im vorigen Jahr zunächst das Würzburger Landgericht. Und jetzt sagt auch der BGH als letzte Instanz nach mündlicher Verhandlung "Nein" zu einem neuen Prozess in Würzburg, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen das Würzburger Urteil in Revision gegangen war.
Klinik alarmierte die Polizei nach zwei Notfällen
Der Fall hatte einmal mehr schlaglichtartig die angespannte Situation in der Pflege deutlich gemacht. Eine Klinik im Raum Kitzingen hatte – sensibilisiert durch ähnliche Fälle in ganz Deutschland – die Polizei alarmiert, als die zwei Frauen aus dem selben Heim in kurzem Abstand behandelt werden mussten, nachdem sich deren Gesundheitszustand plötzlich aus unerklärlichen Gründen verschlechtert hatte.
Bei Untersuchungen stellte sich dann heraus: Den Patientinnen war Insulin gespritzt worden, ohne, dass sie es gebraucht hatten. Unter Betreuung stabilisierten sich beiden rasch wieder. Doch die Polizei begann mit intensiven Ermittlungen, da weitere Fälle nicht auszuschließen waren.
Schließlich stellte sich die 50-jährige Hilfspflegerin. Sie gestand, das Insulin gespritzt zu haben, zu dem sie eigentlich gar keinen Zugang hätte haben dürfen. Sie wurde des zweifachen versuchten Mordes angeklagt. Beide Opfer überstanden die falsche Medikamentengabe dank des schnellen Eingreifens von Notärzten ohne bleibende Schäden.
Keine Indizien für mangelnde Fürsorge
Die Angeklagte habe "darauf vertraut, dass die Betroffenen nicht sterben würden", sagte der Vorsitzende Thomas Schuster bei der Urteilsbegründung. Allerdings hatte sie auch angegeben: Sie habe so dafür sorgen wollen, dass die zwei dementen Frauen in bessere ärztliche Versorgung kommen.
Dazu sagte der Richter: "Das altruistische Motiv glauben wir der Angeklagten nicht." Denn es habe keine Indizien dafür gegeben, dass es beiden Opfern in dem gut geführten Heim an Fürsorge gemangelt habe. "Es ging Ihnen um eine Stressminderung in Ihrer Überforderungssituation", sagte Schuster an die Angeklagte gerichtet.