
Zerstörungen und Verwüstungen sind ein Leid für viele Kommunen. Was dagegen tun? Manche versuchen mit Kameras, die Übeltäter zu erfassen beziehungsweise abzuschrecken. So auch die Gemeinde Rödelsee im Landkreis Kitzingen, in der es erst jüngst Beschädigungen im Ort oder an der Küchenmeisterhütte in den Weinbergen gab. Was aber, wenn der Bürgermeister ein solches Foto, aufgenommen von einer Wildkamera, ohne die Betroffenen zu fragen auf seiner privaten Facebook-Seite postet?
Der Rödelseer Gemeinderat hat beschlossen, einige Plätze, an denen es in der Vergangenheit zu Zerstörungen gekommen war, mit Kameras zu überwachen. Die Gemeinde schaffte sich sechs Wildkameras an, vom Bauhof sollten sie mit entsprechenden Hinweisschildern am Aussichtspunkt "terroir f", an der Küchenmeisterhütte, am Häckselplatz, am Jugendcontainer Jahnstraße und am Bolzplatz angebracht werden. Die sechste war als Reserve gedacht.
Beim neuen "terroir f" wurde ein Gerät an einem Fahnenmast gegenüber der "Rödelseer Röhre" aufgehängt. Und direkt darunter das Schild, das auf die Videoüberwachung hinweist. Laut Bürgermeister Burkhard Klein handelte es sich nur um einen Test.
Bürgermeister hatte alleine Zugriff auf die Wildkamera-Bilder
Bilder lieferte die Kamera Tag und Nacht über eine App auf ein Mobilgerät, auf das nur der Bürgermeister Zugriff hatte. In der Nacht auf Samstag, 3. Oktober, – einen Tag bevor das neue "terroir f" offiziell eröffnet wurde – schickte die Kamera um 3.08 Uhr einige Bilder. Sie zeigten zwei junge Leute, die über das Absperrband stiegen und sich so Zutritt zur "Rödelseer Röhre" verschafften.
Ein Bild, das laut Burkhard Klein keine direkten Rückschlüsse auf die Personen zulässt, postete der Bürgermeister auf Facebook, versehen mit dem Hinweis: "Liebe Freunde unseres Terroir f, wartet bitte bis morgen Abend, dann dürft Ihr unseren tollen Aussichtspunkt ohne Schranken nutzen."
Das wiederum fanden nicht alle so lustig: "Als Bürger möchte ich mich darauf verlassen können, dass solche Aufnahmen nicht zweckentfremdet werden", kommentierte ein Leser den Bericht dieser Zeitung über die Eröffnung des Aussichtspunkts.
Der Betreiber der Kameras ist die Gemeinde. Die Daten dürften nur zum Zweck der Nachverfolgung bei Beschädigungen verwendet werden, hatte es im Gemeinderat geheißen. Die Gewährleistung einer strengen Zweckbindung ist eine wichtige Voraussetzung für eine legale Videoüberwachung, heißt es auch auf der Internetseite des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz.
Das Bild aber, das die zwei jungen Leute zeigt, wurde – an den Vorgaben im Gemeinderat vorbei – nun vom Bürgermeister anderweitig verwendet. Laut Klein sollte mit der Veröffentlichung zum Ausdruck gebracht werden, dass "es Mittel und Wege gibt, Schädiger zu ermitteln".
Stellungnahme des örtlichen Datenschutzbeauftragten steht aus
Nach der Kritik an seinem Facebook-Post reagierte Klein und erkundigte sich. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und des Landes hätten sich für nicht zuständig erklärt, sagt der Bürgermeister. Er sei an den örtlichen Datenschutzbeauftragten verwiesen worden. In diesem Fall ist das der geschäftsleitende Beamte der Verwaltungsgemeinschaft Iphofen, Leo Eckert. Dessen Stellungnahme stehe allerdings noch aus.
Auf Nachfragen dieser Redaktion reagiert der Bürgermeister eher gereizt. Der Datenschutzbeauftragte werde "zu gegebener Zeit eine Stellungnahme zur gesamten Thematik abgeben". Es werde dafür aber noch die Stellungnahme des Produzenten der Kamera benötigt, die die Gemeinde getestet habe.
In der 50-seitigen Orientierungshilfe des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz ist zu lesen, dass bei Videoüberwachungen der Schutz der öffentlichen Sicherheit mit den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Einklang zu bringen ist. Für den Objektschutz dürfen demnach auch Kameras mit Nachtsichtfunktion benutzt werden. Allerdings muss auf die Videoüberwachung deutlich hingewiesen werden. Das muss für jeden vor dem Betreten des überwachten Bereichs sichtbar sein. Das Bildmaterial darf dem Datenschutz-Beauftragte zufolge nur für den dafür vorgesehenen Zweck und nur für einen klar definierten Zeitraum verwendet werden.
Anwalt: Verletzung des Rechts am eigenen Bild und Persönlichkeitsrechtsverletzung
Das bestätigt auch der Würzburger Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht, Chan-jo Jun. Für ihn wirft der Sachverhalt insbesondere zwei rechtliche Fragen auf: zum einen die nach dem Aufstellen der Kameras, zum anderen – und für Chan-jo Jun gravierender – die nach der Veröffentlichung.
Das Öffentlich-Machen der Fotos ohne Rechtfertigung stellt laut Chan-jo Jun sowohl eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild als auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Schon die Installation der Kameras könne unter Umständen ein Verstoß gegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte darstellen, erklärt der Anwalt. Da komme es darauf an, ob ein ausreichender Grund für die Überwachung bestanden habe und die nötigen Hinweise angebracht worden waren.
Kamera abgebaut, Speicherkarte geleert, Post gelöscht
Diese Fragen sollen mit der Stellungnahme des örtlichen Datenschutzbeauftragten beantwortet werden. Laut Bürgermeister Klein ist die Kamera inzwischen wieder abgebaut, die Speicherkarte geleert. Auch die Nachricht auf Facebook wurde sehr rasch wieder gelöscht. Aber nicht rasch genug – das Wildkamera-Testbild hatte unter anderem in Rödelsee als Screenshot die Runde gemacht.
Im Zuge der Wildkamera-Diskussion sehen einige Gemeinderäte den Facebook-Auftritt von Burkhard Klein kritisch. Denn man könne da nicht immer eindeutig zwischen der Privatperson und dem Bürgermeister unterscheiden. Klein sicherte künftig eine sorgfältige Trennung zu.
Von mir aus könnten überall Überwachungskameras hängen, ich habe nichts zu verbergen. Ganz im Gegenteil, ich würde das sogar begrüssen denn ich würde mich dann wesentlich sicherer fühlen - sofern dieser Täterschutz endlich abgeschafft wird und man dem OPFER die alleinige Priorität zugesteht.
Ich finde das Vorgehen der Gemeinde Rödelsee und des BGM ok, anders kann man keine Täter abschrecken! Bei uns werden seit Jahren auf dem Sportplatz die Bewässerungsschläuche von einem Unbekannten durchschnitten, so dass jährlich ein hoher Schaden entsteht. Ein Täterverdacht besteht, aber aus Datenschutzgründen hat der Verein noch Bedenken, eine Kamera aufzustellen. Damit wäre der Fall geklärt! Von mir aus könnte an allen öffentlichen oder gefährdeten Orten eine Überwachungskamera stehen...... der anständige Bürger hat nix zu befürchten und die Straftäter Erden leichter ermittelt. Die Opfer würden es danken..........
Haben die beiden Unbelehrbaren auch Abstand gehalten und eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen?
Hallo Herr Klein, alles richtig gemacht, die Bösen sind doch wohl die 2 D....n die das Absperrband missachtet haben. Über die zwei Mitbürger wird kein Wort verloren, da sollte Herr Chan jo Jun. mal nachfragen, haben die zwei unerlaubter Weise das Gelände betreten?
Wenn nicht mal die Datenschutzbeauftragten von Bund und Land zuständig sind, was will dann der Gemeindedatenschutzbeauftragte zu dem Ganzen "Dilemma" sagen.
Natürlich eine super Steilvorlage für die politischen Gegner, dass der Bgm. hier sich einen kleine Faux Pas leistet.
Aber es ist jederzeit zulässig Videoüberwachung oder Wildkameras aufzustellen.
Wenn hier Rechtsanwälte irgendwelchen Schutz einklagen, dann doch wohl nicht für die Verbrecher, die Menschen unbegründet niederschlagen oder der Allgemeinheit Hab und Gut zerstören.
Ich finde das Vorgehen der Gemeinde Rödelsee korrekt!
Weiter so!