Landrätin Tamara Bischof und die Landkreisverwaltung sind nicht zu beneiden: So wie in den vergangenen Corona-Wellen wird die Kreisbehörde wieder mit Anordnungen, neuen Regeln und Vorgaben für die Bekämpfung der Pandemie bombardiert. Ein ministerielles Schreiben jagt das nächste. Kaum geht das Landratsamt in die Umsetzung, hat sich sich schon wieder etwas geändert.
So auch jetzt wieder: Der Landkreis hat Briefe an 27 000 Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahren verschicken lassen. Auf Vorgabe aus München werden sie aufgefordert, sich sechs Monate nach der Zweitimpfung eine Auffrischung geben zu lassen. Schön und gut: Nur während diese Briefe noch unterwegs sind, darf sich inzwischen jedermann ab 18 Jahren die sogenannte Booster-Impfung abholen und das auch schon fünf Monate nach seiner Zweitimpfung.
Nur ein Beispiel von vielen, in dem die ausführende Verwaltung vor Ort versucht, der Beschlüsse aus Berlin und München noch irgendwie Herr zu werden. Die größte Herausforderung für den Landkreis Kitzingen: Wie schnell lassen sich die Impfungen und Testungen wieder hochfahren? Der Bedarf nimmt nämlich stetig zu.
1511 Impfungen am Wochenende
Derzeit, so berichtet die Landrätin im Gespräch mit der Redaktion, arbeite das BRK-Impfzentrum in den Marshall Heights von Freitag bis Sonntag. Am vergangenen verlängerten Wochenende hat das Zentrum 1511 Impfungen verabreichen können, berichtet BRK-Geschäftsführer Felix Wallström am Telefon. 1040 waren Auffrischungsimpfungen (Booster), 204 Zweitimpfungen und 267 Erstimpfungen. Dazu kommen 200 Impfungen durch den mobilen Impfbus.
Im Zentrum und im Bus hat Wallström 1500 Dosen von Biontech/Pfizer verimpfen lassen. 180 Spritzen des Impfstoffs Moderna hat das BRK an Über-30-Jährige verabreicht und auch 40 Einzeldosen von Johnson & Johnson fanden Abnehmer. Die Erfahrung Wallströms: Bisher habe das Impfzentrum alle vereinbarten Termine einhalten können und darüber hinaus sogar noch einige ungeplante Impfungen durchführen können. Immerhin jeder vierte Impfwillige kommt von außerhalb des Landkreises nach Kitzingen. Müssen die Kapazitäten also noch gesteigert werden?
Ärzte und Impfzentrum sollen sich ergänzen
Für Landrätin Bischof gilt es abzuwägen. Grundsätzlich sollen die Impfwilligen zunächst versuchen, einen Termin bei ihrem Haus- oder Facharzt zu bekommen. Deshalb hat sie auch die niedergelassenen Ärzte im Landkreis angeschrieben und darum gebeten mitzuteilen, wie viele Impfungen sie durchführen können. Die Auswertung steht bevor; dementsprechend will sie die Kapazität im Impfzentrum anpassen.
Doch eine Ausweitung der Arbeitstage dort ist nicht sofort umsetzbar. Noch vor gar nicht langer Zeit hatte die Politik die Landkreise aufgefordert, ihre Impfzentren im Oktober zu schließen. Der Landkreis Kitzingen konnte das durch die Zusammenlegung von Impf- und Testzentrum vermeiden. Aber eine Öffnung an fünf oder mehr Tagen die Woche braucht nun einmal Vorlauf: Es gilt, neue Verträge zu schließen, Personal ein- oder abzustellen, Helfer zu rekrutieren – und am Ende muss dann auch der bestellte Impfstoff kommen. Doch gerade mit dem deutschlandweit am häufigsten verwendeten Impfstoff von Biontech/Pfizer gibt es Lieferschwierigkeiten, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aktuell zugeben musste.
Doch Corona fordert das Landratsamt nicht nur beim Impfen. Seit Samstag sind Schnelltests wieder für jedermann kostenlos. Da inzwischen vielerorts regelmäßige Tests von Ungeimpften verlangt werden, steigt die Nachfrage. Damit die Bevölkerung sich darauf einlässt, sollen die Tests wenigstens kostenlos sein. Bislang waren die Kapazitäten im Impfzentrum ausreichend, doch nun versucht die Kreisbehörde, verstärkt Apotheken und andere private Anbieter ins Boot zu holen, um eine wohnortnahe und flächendeckende Testung anbieten zu können.
Schnelltests für jedermann wieder kostenlos
PCR-Tests gibt es in der Regel nur auf Anordnung des Gesundheitsamts kostenlos, erklärt das Landratsamt. So zum Beispiel für Bürgerinnen und Bürger mit positiven Schnelltests, bei Reihentestungen, für Schwangere und Stillende oder Menschen, die wegen einer medizinischen Indikation nicht geimpft werden sollen. Alle anderen, die privat einen PCR-Test brauchen, zum Beispiel für Urlaubsreisen, müssen ihn selbst finanzieren.
Mit den steigenden Coronafällen im Landkreis steigt auch der Arbeitsaufwand im Gesundheitsamt. Dort sind mittlerweile fünf Vollzeitkräfte der Bundeswehr im Einsatz sowie sechs Unterstützer aus anderen Bereichen. Laut Dr. Jan Allmanritter könne man die Aufgaben noch gut abarbeiten. Wie der Leiter des Gesundheitsamt mitteilt, werden positiv Getestete im Normalfall noch am gleichen Tag kontaktiert, wenn sie erreichbar sind. Ähnliches gilt für ihre Kontaktpersonen, allenfalls mit ein bis zwei Tagen Verzögerung. Die Testergebnisse lägen spätestens nach 48 Stunden vor. Und auch die Pooltestungen an den Schulen funktionieren Allmanritter zufolge "recht gut".
Wer das mit der Booster Impfung noch nicht kapiert hat wird es auch mit Brief nicht verstehen.
Die Anmeldung und Terminvergabe beim Impfzentrum funktioniert übrigens einwandfrei.