Mit der Übergabe der Unterschriftenlisten hat am Montag das Bürgerbegehren zum Stopp des geplanten Wohnbauprojekts am Kitzinger Schützengelände den offiziellen Weg durch die Instanzen angetreten. Das Aktionsbündnis ließ sich im Sitzungssaal des Rathauses von Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) den Empfang von 372 Listen mit insgesamt 2711 Unterschriften quittieren. „Damit haben wir die erforderliche Zahl der Unterschriften um über 100 Prozent übertroffen“, sagte Frank Pfeuffer, einer der Sprecher der Bürgerinitiative. „Das ist ein eindrucksvoller Beweis, dass das Bürgerbegehren von weiten Teilen der Kitzinger Bevölkerung getragen wird.“ Wenn das Begehren alle Formalien erfüllt und durch den Stadtrat geht, könnte es im April oder Mai 2022 zur entscheidenden Abstimmung kommen.
Die BI verweist auf das Klima und den Verkehr
Mit ihren Signaturen haben sich die Unterzeichner der Forderung der BI angeschlossen: keine massive Bebauung auf dem 18 000 Quadratmeter großen Gelände am Steigweg. Die BI nutzte im Rathaus die Gelegenheit, um noch einmal ihre Standpunkte darzulegen. Martin Schwab richtete den Blick auf die zahlreichen alten Bäume, die „wenigen vorhandenen Verbündeten“ im Kampf gegen den Klimawandel. Gabriele und Wolfgang Dietrich erinnerten an die „gewachsenen Grünflächen“ der Oberen Anlagen, die wichtig für Gesundheit und Klima seien.
Pfeuffer selbst verwies auf das Verkehrsgutachten, wonach es täglich zu 1300 zusätzlichen Autofahrten komme, und das an zwei Knotenpunkten der West- und der Nordtangente, die schon jetzt überlastet seien. Schwab befürchtet zudem eine Gefährdung der vielen Schülerinnen und Schüler, die auf der Westtangente morgens und mittags mit dem Fahrrad unterwegs seien.
In Stadtheimatpfleger Harald Knobling hat die Bürgerinitiative einen der prominentesten Fürsprecher. Er sei zwar kein Mitglied der BI, so Knobling, wende sich aber aus fachlicher Sicht gegen das Projekt, einen „ortsgestalterisch problematischen Einzelfall“. Die geplanten Wohnblöcke zerstörten die Geschlossenheit des Stadtbildes. „Die Stadt verliert ihr Gesicht.“ Für Knobling nimmt die Planung zu wenig Rücksicht auf den Charakter des Geländes und folgt der „Gewinnmaximierung anonymer Investoren“. Eine solche Verdichtung am Berg würde die Stadt „grundlegend verändern“. Es drohe eine „Klein-Trabantenstadt“ mit negativen sozialen Folgen. Knobling appellierte an die Stadt, das Gelände selbst zu entwickeln.
Der OB fragt nach dem Ziel des Bürgerbegehrens
Für OB Güntner stellte sich an diesem Morgen die Frage: „Was ist das eigentliche Anliegen des Bürgerbegehrens?“ Selbst wenn jetzt die Änderung des Bebauungsplans gestoppt würde, sehe der bestehende Plan „sehr großzügige Baufenster“ vor. Soll heißen: Ein Investor könnte angesichts der baulichen Leitplanken in dem Mischgebiet schon heute umfangreich bauen. Sollte die BI das Ziel verfolgen, dass das Gelände gar nicht bebaut würde, sei die Frage: Wer entschädigt bei Bodenrichtpreisen von 150 bis 200 Euro pro Quadratmeter den Eigentümer? Für Güntner ist klar: „Ich habe als Stadt keine drei Millionen Euro rumliegen, um das Grundstück zu kaufen und einen ordentlichen Verlust damit einzufahren.“
BI-Sprecher Pfeuffer sagte, er habe von den Unterzeichnern nur das Mandat, die Änderung des Bebauungsplans und damit das massive Wohnbauprojekt zu stoppen; er glaube aber, dass die Mehrheit sich nicht gegen eine schonende Bebauung wenden würde. Nach wie vor sei man für Gespräche offen. Bleibt es beim Status quo und erfüllt das Begehren alle Kriterien, wird der Stadtrat in seiner Sitzung am 20. Januar die Zulässigkeit feststellen, laut OB eine „Formalie“. Dann muss das Bürgerbegehren gemäß Gemeindeordnung binnen drei Monaten in einen Bürgerentscheid münden, bei dem die BI mindestens 3361 Ja-Stimmen (20 Prozent der Stimmberechtigten) benötigt, um ihr Ziel zu erreichen.