Fünf gepflegte Grünanlagen befanden sich einst auf Kitzinger Gebiet. Stadtheimatpfleger Harald Knobling wirft einen Blick auf ihren einstigen Glanz und schaut auch auf den mit einst 16 Hektar größten Stadtpark in den Oberen Anlagen. Wie sah es dort ursprünglich aus? Was ist vom einstigen Glanz geblieben? Und wie soll es jetzt weitergehen?
Mit dem Anschluss an das Bahnnetz im Jahr 1865, dem damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung und der wachsenden Bedeutung Kitzingens stieg auch das Selbstbewusstsein seiner Bürger. Dies spiegelte sich in der repräsentativen gründerzeitlichen Architektur ihrer Wohnhäuser und Villen wieder, die nach Öffnung der Stadtmauer außerhalb des historischen Stadtkerns entstanden.
Bei der Betrachtung dieser Zeit fällt aus heutiger Sicht auf, dass es den Menschen nicht nur um die Gestaltung ihrer direkten Lebensbereiche, ihrer Häuser und gepflegten Gartenanlagen ging, sondern um öffentliche Räume, das Erscheinungsbild und das Gemeinwohl ihrer Stadt. So waren bis 1900 in Kitzingen fünf gepflegte Anlagen ganz unterschiedlicher Größe entstanden, die das Stadtbild nobilitierten und die Lebensqualität hoben: das Areal des heutigen Rosengartens, der Königsplatz, der Platz vor der evangelischen Stadtkirche mit Brunnenrondell und dem Paul Eber-Denkmal, der Landwehrplatz sowie der Park oberhalb des Bahnhofs, die sogenannten Oberen Anlagen mit einer Fläche von etwa 60 Hektar.
Zuerst entstand 1871 nach dem Bau der Gewerbeschule und späteren Oberrealschule im Süden vor der Stadt ein kleiner Park im englischen Stil, der die ankommenden Gäste mit einer gepflegten Atmosphäre empfing und den Bürgern der Stadt zur Erholung diente. Es war das Gelände zwischen dem Alten Friedhof, dem späteren Luitpold-Bad und der Stadtmauer. Die heute stark befahrene B 8 gab es noch nicht. Dieses Areal sollte der zentrale Kurgarten werden. Kitzingen war auf dem Weg zur Badestadt, was der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden durch die Bombardierung der Stadt am 23. Februar 1945 die Oberrealschule, das im Park stehende Kriegerdenkmal sowie Teile des Baumbestandes zerstört. In den 1950er-Jahren legte man auf diesem Areal den Rosengarten an, eine noch heute geschätzte und gern besuchte Anlage, eine grüne Lunge.
Aus dem unattraktiven Sixtenberg wird der Königsplatz
Neben diesem Park im Süden vor der Stadtmauer entstand im Innenbereich aus dem unansehnlichen "Sixtenberg" im Jahr 1884 der Königsplatz als städtische Anlage, mit der Königssäule, dem sogenannten Obelisken und dem schmuckvollen Brunnen aus rotem Sandstein. Planender Baumeister war der Bezirksingenieur Christian Harrasser, zugleich Vorstand des 1879 gegründeten Verschönerungsvereins in Kitzingen. Im gleichen Jahr wurde die Anlage vor der evangelischen Stadtkirche eingeweiht. Auch der Landwehrplatz erhielt nach Fertigstellung der Synagoge seine Baumbepflanzung.
Ein weitaus größeres Parkareal entstand oberhalb des Bahnhofs auf den Flurlagen Amalienberg, Kölbels Höhe und Oberbäumle. Diese städtische Anlage wurde 1899 auf Initiative des Verschönerungsvereins Kitzingen errichtet, der bis in die 1970er-Jahre aktiv war. Unterlagen und Pläne des Vereins zu diesem Vorhaben befinden sich im Stadtarchiv. Zudem ist dort eine Reihe von Fotos und Postkarten archiviert, die zeigen, welches Kleinod die Stadt mit dieser Anlage besaß.
Unter Bürgermeister Schmiedel entsteht der Verschönerungsverein
Die ersten Bestrebungen zur Planung dieses Parks gehen zurück auf das Gründungsjahr des Verschönerungsvereins unter Bürgermeister Andreas Schmiedel. Damals war das Gelände noch in Folge des Eisenbahnbaus und des Anschlusses Kitzingens an das Eisenbahnnetz Eigentum der bayerischen Staatsregierung, die es an die Stadt verpachtete. So ist in der Planskizze für die Gestaltung dieses Areals auch noch das Wechselwärterhaus eingezeichnet, also ein Haus für den Bahnwärter, der für die Weichenstellung verantwortlich war.
Gegenüber dem Bahnhof im Westen erstreckte sich der Park entlang der Bahngleise bis zum Schützenhaus der Königlich Privilegierten Schützengesellschaft von 1404. Dieses wurde mit seinem direkten Umfeld landschaftsplanerisch in das Parkkonzept mit einbezogen. Schon 1868 war das Schießhaus von Baumeister Georg Stegner als repräsentatives Gebäude mit vorspringendem Mittelrisalit im Stil des Neoklassizismus erbaut worden.
Das Schützenhaus ist im gleichen Stil erbaut wie der Bahnhof
Es ist noch heute in leicht veränderter Gestalt erhalten und war bis vor kurzem auch als Ausflugslokal beliebt. Stilistisch korrespondiert es mit dem drei Jahre früher errichteten Bahnhofsgebäude. Zwischen Bahnanlagen und Park verlief ein schmaler Weg. Heute befindet sich hier die Westtangente. Zudem trennt der tief in den Hang schneidende Steigweg das zusammenhängende Areal stärker als ursprünglich.
Doris Badel, Leiterin des Stadtarchivs, schreibt: "Schnell entwickelten sich die städtischen Anlagen zu einem beliebten Erholungs- und Freizeitpark, in dem man auf gepflegten Wegen in ruhiger Natur spazieren konnte." Sie waren ein Landschaftsgarten, der sich weitgehend den natürlich geformten geografischen Gegebenheiten unterordnete, jedoch gezielt gestaltete Akzente setzte und so gartenkünstlerisch eine Synthese aus scheinbar belassener Natur und von Menschenhand Geformtem schuf.
Wie die Planskizzen zeigen, konnte man durch eine geschickt angelegte geschwungene Wegeführung mit zahlreichen Kreuzungen immer wieder neue Einblicke in die abwechslungsreich gestaltete Anlage werfen. Man begegnete sich beim Flanieren. Schattige und offene Bereiche standen in spannungsvoller Wechselwirkung. Verschiedene Gehölze, Farne und Blumen machten Spaziergänge zum Naturerlebnis und Augenschmaus zu jeder Jahreszeit.
Aus städtischem Eichenholz erwuchs der Aussichtspavillon
Von der Höhe aus konnte man über die Stadt bis weit in den Steigerwald schauen. Es gab einen Aussichtspavillon aus Eichenholz, der bereits 1887 geplant und mit dem Holz aus den städtischen Waldungen etwa zehn Jahre später gebaut wurde. Das interessanteste und attraktivste Stimmungselement dieser Anlagen war wohl der kleine Teich, eingefasst mit Farnen und anderen Pflanzen, in der Mitte eine Wasserfontäne. Parkbänke luden zum Verweilen ein. Bis in die 1940er-Jahre war der Park ein Highlight in Kitzingen.
In der Nachkriegszeit wurden die Anlagen als Erholungsort genutzt, doch seine Einrichtungen verfielen langsam. Der Park wirkte zunehmend ungepflegter, das Unterholz wucherte die freien Flächen zu, trockene Äste fielen von den Bäumen und gefährdeten die Spaziergänger. Der Verschönerungsverein war bis in die späten 1970er-Jahre aktiv und unternahm immer wieder Anstrengungen zum Erhalt der Anlage.
Inzwischen ist alles zugewachsen, Efeu hat den Boden und fast den ganzen Baumbestand überwuchert, die Struktur des Parks ist kaum noch zu erkennen. Man spricht heute nur vom "Wäldchen" oberhalb des Bahnhofs. Ein großer Verlust für die Stadt. Die jüngeren Kitzinger wissen nichts oder kaum etwas von der Schönheit der ehemaligen Anlagen und den älteren ist nur die Erinnerung daran geblieben.
Eine Kitzingerin erinnert sich: "Es gab keine schnurgeraden Wege, sondern geschickt platzierte Bepflanzung mit Schneisen, Flächen mit Veilchen, Schlüsselblumen und weiteren Frühblühern, gepflegte Wege und duftende Sträucher, je nach Jahreszeit. Die Vögel versammelten sich am Wasser. Der Springbrunnen diente als Vogeltränke. Der Ort hatte eine wunderbare Atmosphäre. Sehr viele Alte und Junge besuchten diese Anlage."
Der Verein war ein Querschnitt der Stadtbevölkerung
Betrachtet man die Geschichte der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung Kitzingens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so stellt man fest, dass diese vom starken gesellschaftlichen Engagement ihrer Bürger getragen wurde, die sich für das Wohl der Stadt verantwortlich fühlten. So bestand der Verschönerungsverein, der in seinen Statuten (1879) die "Herstellung von Anlagen und Spaziergängen mit Ruheplätzen, Pflanzungen von Bäumen und Ziergesträuchen" forderte, im Jahr 1895 aus etwa 300 Mitgliedern. Sie kamen aus der gesamten Stadtbevölkerung, Mitglieder des Magistrats eingeschlossen; und wer wohlhabend war, Rang und Namen hatte, gab für die Realisation gemeinsamer Ideen große Geldsummen.
Davon wurden Grundstücke gekauft, Bäume gepflanzt, Alleen angelegt, Denkmäler finanziert und der Allgemeinheit überlassen. Dahinter stand eine starke Identifikation mit der Stadt und der Sinnhaftigkeit solchen Tuns. Davon sind wir heute weit entfernt. Wer erklärt sich verantwortlich für eine bürgergerechte Gestaltung unseres städtischen Umfelds, wer für eine ökologische und ästhetische Umgebung? Wer bewahrt Vergangenes, was geschieht mit dem Gesamtkomplex der Oberen Anlagen? Und welche Bedeutung haben sie für das Klima in einer der heißesten Städte Deutschlands?
Harald Knobling ist seit 2013 Stadtheimatpfleger in Kitzingen und sieht seine Aufgabe vor allem darin, Traditionen hochzuhalten und zu bewahren. Der promovierte Kunsthistoriker, geboren 1952 in Bad Königshofen, berät Stadt und Denkmalschutz beim Umbau und der Sanierung historischer Bauten. Knobling unterrichtete rund 35 Jahre als Kunstlehrer am Armin-Knab-Gymnasium und ging 2018 in Ruhestand.
Man ist unfähig Landschaftsgärten anzulegen, mit Blickachsen und Ineinnanderfließen von Planung & Natur. Stattdesse nur Sterilität & Exkremente aus dem PC, sowohl bei Außenanlagen wie Gebäuden, weil heutige Architekten nicht mehr freihand entwerfen können! Unsere Stadt & unser Land sollen hässlich werden. Die Kälte heutiger Menschen spiegelt sich in ihren Planungen.
Für alles, was in diesem wunderbaren Artikel beschrieben wird, hat man heute weder Verständnis noch Zugang: deshalb kann man nur einen Ausflug nach Thüringen empfehlen. In Meiningen z. B. blieben all diese Strukturen infolge einer völlig anderen baulichen Entwicklung, als im Westen, erhalten: mit Englischen Garten, Werra-Stegen und eingebundenem Wanderwegenetz in die Umgebung.
Die ZUkunft Kitzingen könnte in einer Rückbesinnung liegen.
Im Rahmen einer 2. Gartenschau das gesamte Areal zu einem Traumort Kitzingens machen.
Bevor geplante Wohnblöcke jede Chance auf eine Zukunftsplanung zunichte machen.
Man kann nie mehr zurück, wenn gebaut ist (siehe das volksbank Gebäude am Würzburger Marktplatz!). Noch sind alle Chancen da..... noch.....