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Volkach
Brennpunkt Altmain: Gaudi und Naturschutz kollidieren
Der Altmain fließt an drei Naturschutzgebieten vorbei. Auf dem Wasser und am Ufer tummeln sich Erholungssuchende. Da ist Ärger vorprogrammiert. Die Interessenlage ist verzwickt.
Der Blick auf die Badebucht in Nordheim, in unmittelbarer Nähe der Fähre, zeigt, wie beliebt der Altmain als Naherholungsgebiet ist. Doch wo sich Ausflügler und Wasserratten tummeln, kommt es immer wieder zu Problemen mit Anwohnern und zu Verstößen gegen Naturschutzvorgaben.
Foto: Silvia Gralla | Der Blick auf die Badebucht in Nordheim, in unmittelbarer Nähe der Fähre, zeigt, wie beliebt der Altmain als Naherholungsgebiet ist.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:10 Uhr

Naherholungsgebiet und Naturschutzgebiet – am Altmain zwischen Volkach und Sommerach zeigt sich gerade, dass beides nicht unbedingt zusammenpasst. Auf der einen Seiten bevölkern bei Sommerwetter vor allem an Wochenenden Ausflügler in Scharen den für die Berufsschifffahrt gesperrten Fluss und dessen Uferbereich. Auf der anderen Seite brüten und leben gerade dort streng geschützte, teils sehr seltene Tier- und Pflanzenarten. Der Konflikt scheint vorprogrammiert und Anwohner beklagen Auswüchse, wie in Astheim, wo Anwohner gegen Blechlawinen und wildes Parken demonstrieren.

Doch auch sonst mehren sich Stimmen, die auf eine Eindämmung der Besucherzahlen am Altmain und eine bessere Kontrolle geltender Naturschutzvorschriften pochen. So wiederholt die seit Juni 2019 aktive Interessengemeinschaft (IG) Altmain, der LAMA Landschaftsschutz Mainschleife, der Bund Naturschutz in Volkach, die Volkacher Grünen und der Verein Erhalt der Nordheimer Au angehören, in einer Pressemitteilung zwei Kernforderungen, die sie vergangenen November während eines Runden Tisches, an dem Bürgermeister der Mainschleife, Floßbetreiber und Fährleute teilnahmen, vorgebracht hatte: eine festgelegte Höchstzahl von gewerblich vermieteten Kanus auf dem Altmain sowie mit Gebühren belegte Parkplätze entlang den Zugangsstellen zum Gewässer.

Das größte Mäander-Gebiet in Bayern

Andrea Rauch, Fraktionssprecherin der Grünen im Volkacher Stadtrat, stellt klar, dass sich die IG Altmain nicht an den Demos in Astheim beteiligt. Sie wünscht sich, dass der Stadtrat eine interne Gruppe gründet, die klärt, wie die Stadt Volkach zu der Problematik rund um den Altmain steht – und wo sie etwas verbessern möchte. "Die Stadt könnte mehr machen als Parkplätze für Ausflügler ausweisen", meint sie und nennt ein Beispiel: Druck ausüben auf das Landratsamt Kitzingen, um mit Landschaftswächtern und Rangern Naturschutzgesetze besser durchzusetzen und Verstöße zu ahnden. Schließlich handle es sich beim Altmain nicht nur um ein Freizeitidyll, sondern um das größte Mäander-Gebiet Bayerns.

Der Altmain liegt innerhalb des Landschaftsschutzgebiets Volkacher Mainschleife und in Teilen in drei Naturschutzgebieten (NSG) – zwischen Astheim und Escherndorf im NSG "Alter Main bei Volkach", zwischen Köhler und Sommerach in den NSG "Mainaue zwischen Köhler" sowie "Rechtes Mainufer bei Sommerach" –, berichtet auf Nachfrage die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt. Dieser obliegt die Kontrolle der dort geltenden Vorgaben. In Teilbereichen fällt dies jedoch auch in die Zuständigkeit der Polizei in Kitzingen und der Wasserschutzpolizei in Würzburg.

Die Nutzung des Gewässers könne das Landratsamt als Vertreter des Freistaats Bayern nur sehr eingeschränkt regeln, da der Altmain als Bundeswasserstraße gilt, erklärt Naturschutzfachkraft Felix Pfeifer. Örtlich zuständig für den Altmain ist das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Schweinfurt.

Der Zugang zur Natur ist gesetzlich geregelt

Dort sieht man im "Freizeitverkehr" auf dem Altmain, also den Menschen, die dort auf Schlauchbooten, Kanus und Luftmatratzen fahren, kein Problem. Diese berührten das WSA nur in kleinem Umfang, etwa bei der Anmeldung an der Schleuse Astheim, dem Zugang zum Altmain. Johannes Lohnstein vom WSA verweist zudem darauf, dass das Bayerische Naturschutzgesetz jedermann das Recht gibt, die freie Natur unentgeltlich zu betreten – hierzu zählt auch der Altmain. "Von da her lässt sich 'jedermann' nicht ohne Weiteres vom Betreten des Atmains abhalten", stellt er fest.

An der Schleuse bei Astheim gelangen Freizeitsportler mit ihren Kanus vom Main in den Altmain.
Foto: Silvia Gralla | An der Schleuse bei Astheim gelangen Freizeitsportler mit ihren Kanus vom Main in den Altmain.

Darauf, dass das Baden im Main und das Befahren mit nicht motorisierten Booten keiner Zulassung bedarf und verfassungsrechtlich geschützt ist, hat bereits vergangenes Jahr die Regierung von Unterfranken in einer Antwort an die IG Altmain hingewiesen. Allerdings könne das Landratsamt diesen sogenannten Gemeingebrauch aus bestimmten Gründen einschränken oder gar verbieten, beispielsweise wenn sonst Gefahren drohten oder andere Interessen zu sehr beeinträchtigt würden.

Die Zahl der gemeldeten Verstöße ist sehr übersichtlich

Trotz alle Rechte, die das Genießen der Natur erlauben, bleibt natürlich für jedermann die Pflicht, Gesetze zu achten, die etwa für Naturschutzgebiete gelten. Doch um hier präventiv tätig zu werden, fehlt der Naturschutzbehörde im Landratsamt mit drei hauptamtlichen Kräften und drei Naturschutzwächtern, davon eine für den nordwestlichen Landkreis, das notwendige Personal. Die Behörde ahndet jedoch Verstöße, die ihr gemeldet werden. Das waren in den beiden vergangenen Jahren laut Pfeifer ganze zwei Fälle: beides unerlaubtes Zelten im Naturschutzgebiet.

Die Behörde bestätigt – wie auch Anwohner und Naturschützer – eine seit Jahren wachsende Zahl von Ausflüglern und Touristen am Altmain. Doch problematisch ist aus Sicht von Pfeifer vordringlich nicht die Zahl der Erholungssuchenden, die an offiziellen Ein- und Ausstiegsstellen das Gewässer betreten und sich im Freiwasser aufhalten. Hauptproblem aus Sicht des Naturschutzes seien diejenigen, die sich, etwa als Stand-Up-Paddler, durch Ufergehölz und Schilf schlagen und glauben, an ungestörter Stelle "jeden Zentimeter erkunden zu müssen", so Pfeifer. So würden diejenigen, die die einzigartige Natur an der Mainschleife zur Erholung aufsuchen, diese auf Dauer selbst zerstören.

Waterwalker-Geschäftsführer: Erholungssuchende nicht aussperren

Ambitionierte Naturnutzer wüssten sich zu benehmen und sind für Markus Schönfelder nicht das Problem am Altmain. Das sieht er in denjenigen auf dem Wasser, die billige Gaudi suchten. Der Geschäftsführer der Waterwalker GmbH, die an der Volkacher Mainlände Kanus verleiht, plädiert deshalb dafür, den Altmain nicht "in ein Terrarium zu setzen" und Erholungssuchende auszusperren. Geltende Regeln müssten aber deutlich gemacht werden. Dies handhaben seine Mitarbeiter so bei der halbstündigen Unterweisung der Kunden, bevor diese aufs Wasser dürfen.

Für das Freizeitvergnügen entlang des Altmains gelten Regeln. Viele halten sich daran, einige nicht.
Foto: Silvia Gralla | Für das Freizeitvergnügen entlang des Altmains gelten Regeln. Viele halten sich daran, einige nicht.

Als typische Verstöße, die die Polizei am Altmain beschäftigen, nennt Markus Hack, der Kitzinger Polizeichef, Delikte gegen das Naturschutzrecht, beispielsweise das Befahren von Naturschutzgebieten, oder gegen Betriebsanlagenverordnungen, etwa wenn sich Angler im Bereich einer Schleuse aufhalten. Hinzu kommen Verstöße gegen das Tempolimit auf dem Wasser oder gegen das Wasserski-Verbot. Parkverstöße von Ausflüglern, berichtet Hack, werden der Polizei regelmäßig mitgeteilt und verfolgt, allein in den vergangenen Wochen waren es – inklusive des Bereichs der Badeseen – Verstöße im "nicht ganz niedrigen dreistelligen Bereich".

 
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Der Brennpunkt Altmain hat m. E. neben Heimurlaub infolge Corona zwei weitere Gründe: MANGEL an Badeseen in der trocken-heißen Region WÜ-KT und Phantasielosigkeit & HERDENTRIEB der Tagesausflügler. Deshalb hier ein paar Ausweichtipps:
    1. SWer Baggersee (bekannt & groß: Beachcafe, Bootsverleih, 1 km Badestrand, Palmen; vielbesucht)
    2. Naturbadesee Grafenrheinfeld
    3. Inoffzieller FKK-See Grafenrheinfeld (bekannt durch mehrere Tagblatt-Artikel)
    4. Badesee Bergrheinfeld (am südl. Ortsrand von Grafenrheinfeld)
    5. Sennfelder See (größter Natur-Thermalsee Deutschlands)
    6. Schonunger Bucht (zahlreiche Mainbuchten)
    Vielleicht tragen diese Tipps (alle entlang der südl. SWer Stadtgrenze) etwas gegen die abschreckenden Zustände bei.
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  • bundmufr@web.de
    Wo bitte soll in Grafenrheinfeld ein See sein an dem FKK erlaubt ist oder legal praktiziert wird? Der einzige See an dem das mal war wurde vor ein paar Jahren unter fadenscheinigen Gründen mit einem Badeverbort belegt.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    @macpepp: bitte lesen vor schreiben: " Inoffzieller FKK-See". Die " fadenscheinigen Gründe" sind vermutlich eine Provinzposse (siehe Tagblatt-Artikel). Ein Insider erzählte mir, dass um 2000 der Angelverein Grafenrheinfeld Fische in den See einsetzte, nur um die Badenden zu vertreiben. Die Fische seien alle eingegangen, weil der See mit dem Namen "Badsee"(!) zu warm sei.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Löschung auf eigenen Wunsch.
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  • bundmufr@web.de
    Löschung auf eigenen Wunsch.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Löschung auf eigenen Wunsch.
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  • chrihand
    Es ist immer wieder erstaunlich, was in Deutschland alles nicht geht.
    Mein Vater kannte Deutschland als das Land, in dem Problemstellung gelöst werden.
    Glücklicherweise muss er das heutige Deutschland nicht mehr erleben, in dem keiner zuständig sein mag und wo man Gründe sucht, statt Probleme zu lösen.
    Auch hier wäre die Lösung so einfach....
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  • fuchsastefan@web.de
    Jetzt sehen wir dieses Jahr mal, wie sich unsere "Volksgenossen' sonst im Ausland aufführen.
    Toll!
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  • Alfisti
    Hervorragend bemerkt!!!
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  • fury@uschi-leo.de
    Corona-Zeiten und ein geschlossenes Volkacher Freibad! Kein Wunder, wenn aktuell die Situation etwas angespannt ist. Man sollte von allen Seiten etwas Rücksicht walten lassen und sich z.B. auf die Wiedereröffnung des Volkacher Freibades konzentrieren, dann ist allen geholfen. Ich persönlich bin mit dem Main groß geworden und liebe den Main auch als Badegewässer. Deshalb hoffe ich nur, dass die aktuelle Situation mit Vernunft und ohne Beschränkungen gemeistert wird.
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