Ein sehr seltenes Bild bot sich neugierigen Zuschauern am Ufer des Mains bei Grafenrheinfeld: Einsatzkräfte von THW, Feuerwehr, BRK, Wasserwacht, DLRG und Bundeswehr übten, quasi Schulter an Schulter, an einer exponierten Stelle den Kampf gegen Hochwasserfluten. Und zwar die sogenannte "Deichverteidigung". Sie alle sind Führungskräfte in ihrer Einheit und kommen aus allen Teilen Unterfrankens.
Schlimme Hochwasserereignisse in Mainfranken, aber auch an Oder, Elbe und Rhein sowie Ahr und Erft haben gezeigt, dass es wichtig ist, die Verantwortlichen des Katastrophenschutzes besser und umfassender auszubilden und den gemeinsamen Einsatz zu üben. Dabei soll schon während einer Schulung das Miteinander der verschiedenen Organisationen und Verantwortlichen optimiert werden.
Lehrgang der Akademie Hochwasserschutz war schnell ausgebucht
Deshalb hat die Akademie Hochwasserschutz aus Wiesbaden zusammen mit Partnern wie Wasserbauingenieuren und Meteorologen eine spezielle Ausbildung entwickelt, die alle Aspekte des Hochwassergeschehens umfasst. Auf Vermittlung der Volkacher Feuerwehr trafen sich für drei Tage Leitungskräfte aller Hilfsorganisationen aus dem gesamten unterfränkischen und angrenzenden Raum – limitiert auf 45 Personen. Darunter auch Verantwortliche aus Verwaltungsbereichen.
Wie der Pressesprecher der Volkacher Feuerwehr, Moritz Hornung, sagt, war der Lehrgang sehr schnell ausgebucht. Die Akademie habe bereits letztes Jahr die Führungskräfte der elf Feuerwehren der Stadt Volkach trainiert. Ein Lehrgang, der speziell auf die Bedürfnisse der Mainschleife zugeschnitten war.
Das jetzt dreitägige Seminar, das deutschlandweit so nur von der Akademie Hochwasserschutz angeboten wird, befasst sich mit der Deichverteidigung und weiteren globalen Themen bei Hochwassereinsätzen. Und zwar unter dem direkten Zusammenschluss aller Hilfsorganisationen.
Begonnen hatte der Lehrgang am Mittwoch. Mit einer umfangreichen theoretischen Einweisung. Am Nachmittag dann im Volkacher Bauhof der erste Einsatz: Sandsackfüllen. Über 1000 Stück, jeder zehn bis zwölf Kilo schwer. Anschließend das Verladen auf Paletten.
Übung in Grafenrheinfeld: Ein Deichbruch steht bevor
Für Lehrgangsleiter Michael Kühn der erste wichtige Aspekt: Ganz egal, welcher Organisation die Teilnehmer angehören. Ob Land- oder Wasserrettung: Hier sind alle gleich. Und so arbeiten sie auch nebeneinander. Am nächsten Tag geht's nach Grafenrheinfeld. Übungslage: Der dortige Deich droht zu "überströmen". Ein Deichbruch steht bevor.
Zwei Gruppen werden gebildet. Eine nimmt sich einem Leck an. Ein Schlauch sprüht dort Wasser aus. Mit einem sogenannten Ringdamm, bestehend aus Sandsäcken, wird mit dem Abdichten begonnen. Die zweite Gruppe beginnt mit der Deichverteidigung. Die Deichkrone soll erhöht werden. Ebenfalls mit Sandsäcken. Eine durch die verschiedenen Farben der Einsatzbekleidung bunte Menschenkette bringt die Sandsäcke nach oben.
Was die Sache noch schwieriger macht, ist der Dauerregen. Dazu müssen in den Damm Sandsäcke gelegt werden, die als Steighilfen dienen. Die Grenzen der Belastbarkeit sind schnell erreicht.
Eric Williams, Bundeswehroffizier beim Bezirksverbindungskommando und gleichzeitig Fachberater Katastrophenschutz bezeichnete den Lehrgang als "hochinteressant und lehrreich" und ist überzeugt: "Hochwasserschutz wird immer wichtiger, da die Klimaveränderung ihren Tribut fordert."
Ähnlich äußert sich Florian List, Kreisbrandrat des Landkreises Main-Spessart. Was ihm besonders gefiel, war das Gemischte, also das enge und direkte Zusammenarbeiten von Helfern aller Fachrichtungen. Sein Fazit: "Das persönliche Kennenlernen ist ein ganz besonderer Faktor."