Sintflutartiger Regen, Sturzfluten, verzweifelte Menschen, dazu Videos von Überschwemmungskatastrophen der letzten Zeit: Es ist ein Horrorszenario, das den Feuerwehrleuten aus Volkach und Umgebung vorgespielt wird, ein Szenario, das - wie der Blick ins Ahrtal zeigt - jeden Tag Realität werden kann. Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, haben sich Führungskräfte der Stützpunktwehr und fast aller Ortswehren ein ganzes Wochenende lang dem Kampf gegen die Naturgewalten des Wassers gewidmet. "Feinabstimmung des bereits vorhandenen Fachwissens", so beschreibt es der Pressesprecher der Volkacher Feuerwehr, Moritz Hornung.
"Der Klimawandel erfordert solche Maßnahmen", sagt Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein, der bei verschiedenen Übungseinheiten selbst mit anwesend ist. Und: "Es ist besser und kostengünstiger, Dozenten der Akademie hierherkommen zu lassen, als mehrmals drei bis vier Feuerwehrangehörige nach Hessen zu schicken." Und so gehen nun ein ganzes Wochenende lang erfahrene Wasserbauingenieure der Akademie Hochwasserschutz aus Wiesbaden den heimischen Hilfskräften als Ausbilder zur Hand.
Laut Lehrgangsleitung ist es unterfrankenweit die erste Übung ihrer Art. Der erste Tag ist vollgepackt mit Vorträgen über Klimawandel und Stichworte wie Flächenversiegelung, Flutwellen, Verklausung, (Verstopfung von Brückendurchlässen), Kanalrückstau, Taktik und Technik. Ein großes Thema, das teilweise sehr emotional geführt wird, sind die verschiedenen Hochwasserstrategien für Gebäude. "Nachgeben oder widerstehen?" – das ist hier die Frage.
Die Flut hebt Gebäude bei Hochwasser regelrecht an
Mit eindrucksvollen Bildern zeigt der Lehrgangsleiter, wie Einfamilienhäuser in einem Überschwemmungsgebiet regelrecht "aufgeschwommen" sind. Gebäude, die vorher leergepumpt waren, wurden durch das sie umspülende Wasser angehoben. Die Bodenplatte zerbrach. "Totalschaden!", sagt der Dozent trocken. Ein Gegenmittel wäre das Fluten des Kellers gewesen, um Stabilität zu gewinnen. "Immer nur versuchen, den Keller leerzupumpen, ist nicht jedes Mal die richtige Maßnahme."
Beim Praxistag am Samstag zeigt sich dann: Der Einsatz des traditionellen Sandsacks ist und bleibt die erste Wahl im Kampf gegen die Wassermassen. Dazu trifft man sich im Volkacher Bauhof, um erst einmal Techniken zu üben, wie die Säcke schnell zu füllen sind. Umgedrehte Pylonen, die in den Öffnungen einer Steckleiter stecken, dienen als Füllhilfe. Die vollen Sandsäcke werden dann sofort mittels besonderer Technik auf Paletten gestapelt, gesichert und per Hubwagen in den bereitstehenden Transportlaster verladen. So passen knapp 100 Säcke auf die Palette, die bis zu einer Tonne schwer sein kann. Körperliche Höchstleistung!
An der Volkachbrücke in Obervolkach machen sich die Wehrleute zuerst ein Bild der Lage. "Nicht gut", sagt der Lehrgangsleiter, als er die engen Durchlässe an den Brückenbögen sieht. "Bei Hochwasser weicht das Wasser links und rechts seitlich aus und überschwemmt die Grundstücke." Nächstes Übungsziel ist also die Errichtung eines Notwasserabflusswegs. Und das möglichst rasch, "denn Zeit hat man bei Hochwasserprognosen nie", stellt der Dozent fest.
Maria Barthelme, Feuerwehrfrau aus Gaibach und mit 18 Jahren die jüngste Teilnehmerin, ist voll konzentriert bei der Sache. "Vielleicht wird sie sich als Führungskraft von morgen entwickeln", sagt ihr Kommandant Daniel Schmitt. Quer über die Straße errichten die Feuerwehrler einen Damm aus Sandsäcken. Er hat eine kleine Krümmung, damit das Wasser wieder in den Unterlauf des Baches geleitet wird. Auch die angrenzenden Grundstücke müssen gesichert werden.
Der Kreisbrandrat mahnt Hausbesitzer zum Selbstschutz
Ein Grundstücksbesitzer hat dazu schon Vorsorge getroffen. An seiner Einfahrt befinden sich Eisenträger, in die er Holzelemente als eine Art Schutzmauer einführen kann. Kreisbrandrat Dirk Albrecht lobt den Eigentümer. Er hat eine grundsätzliche Haltung entwickelt: "Man muss auch Eigeninitiative zeigen, wenn man in Gefährdungsgebieten wohnt. Man kann sich nicht immer einfach auf die Feuerwehr verlassen." In relativ kurzer Zeit hat die Feuerwehr die Zielvorgabe geschafft. Jetzt geht es in die "Manöverkritik". Wo fehlt noch was? Wo gilt es nachzubessern? Im Ernstfall müsste man noch, einen Bagger auf die Brücke zu bekommen, der Treibgut aus dem Oberlauf entfernt.
Was nicht fehlen darf, sind die ständigen Sicherheitshinweise des Ausbildungsleiters: In dieser Situation hier sei immer auf die Strömung zu achten. Ist sie zu stark, kann es einen von den Füßen reißen. Auch das Betreten von Kellern ist gefährlich. Hier können sich zum Beispiel giftige Faulgase entwickeln. Das schlimmste Szenario aber ist, wenn im Keller das Wasser steigt und eine nach innen aufgehende Türe zudrückt. "Diesen Wasserdruck können Sie nicht mehr überwinden!"
Neben zwei separat ausgebildeten Fachberatern Hochwasserschutz stehen jetzt, nach Lehrgangsende, weitere in das Thema Hochwasser eingearbeitete Führungskräfte in Volkach und seinen Stadtteilen zur Verfügung. Sie können laut Pressesprecher Moritz bei den Feuerwehren als Multiplikatoren eingesetzt werden. Damit das Wissen ums Wasser auch bis in alle Ritzen sickert.