
Brände löschen, Menschen bergen oder Katzen von Dächern holen: Christian Aschermann, bis vor kurzem noch Kreisbrandmeister des Landkreises Kitzingen, hat in seinen 32 Jahren bei der Feuerwehr viel erlebt. "Die positiven und negativen Seiten des Lebens", wie er sagt. Da er mit seiner Familie umzieht, gab er Mitte Oktober sein Amt als Kreisbrandmeister ab. Seine Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehr Wiesentheid müssen sich dennoch nicht von ihm verabschieden: Er rückt tagsüber weiterhin mit ihnen aus, da er weiter in Wiesentheid arbeitet.
"Als Kreisbrandmeister musste ich das Kommando übernehmen, wenn ich gemerkt habe, dass es bei Einsätzen nicht so läuft, wie es laufen sollte", erklärt der 48-Jährige seine Verantwortung. Die meisten Einsätze funktionieren, wie man sie zuhauf eingeübt hat. "Übergeht der Kommandant aber wichtige Schritte während des Einsatzes, greife ich ein", erklärt Aschermann. Bei 100 bis 120 Einsätzen im Jahr sei das aber selten vorgekommen.

Routine und ein kühler Kopf sind für Christian Aschermann als Kreisbrandmeister notwendig
"Nach einiger Zeit weiß man, wie man bestimmte Situation angehen muss", sagt der Feuerwehrmann. Doch er erinnert sich auch noch an seine Zeit bei der Jugendfeuerwehr: "Man wartet auf den Piepser, der zum Einsatz ruft. Dann ist man direkt auf 180", erzählt er. Viele Qualifikationen – wie die zum Atemschutzträger oder dem Verbandsführer – und Einsätze später, sagt er, gewöhne man sich an den Dienst. Routine sei notwendig für seine – nun ehemalige – Position: "Als Kreisbrandmeister ist es wichtig, eine gewisse Ruhe mit zum Einsatz zu bringen, um in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren."
Was ihn antreibt sei "die Hilfe zum Nächsten". Er erzählt: "Ein Lkw-Fahrer, den wir nach einem Unfall eingekeilt aus seinem Lkw gerettet haben, hat sich bei uns mit Brotzeit und Getränken bedankt." Zu merken, dass er jemandem geholfen hat und es dieser Person gut ginge, gäbe ihm ein gutes Gefühl. Solche Erfahrungen würden auch bei der Verarbeitung des Erlebten helfen.

Über Einsätze zu reden, macht die Verarbeitung leichter
"Einige Bilder bekommt man auch nach 30 Jahren nicht aus dem Kopf", erzählt Aschermann und meint damit nicht nur schlimme Bilder. Eine schöne Erfahrung sei es gewesen, als er mit seinen Kameraden einen dreijährigen Jungen im Hochsommer aus einem verriegelten Auto gerettet hat. Es war beruhigend und bestärkend zu sehen, "wie sich der Junge und die Eltern in die Arme gefallen sind", erzählt der 48-Jährige lächelnd.
Andere Vorfälle waren so belastend, dass ihm "die Bilder abends im Bett noch durch den Kopf geisterten", sagt er. Seinen ersten Einsatz hatte er als 16-Jähriger. "Ein junger Mann ist von der Fahrbahn abgekommen und wurde meterweit aus dem Auto geschleudert", erzählt der Feuerwehrmann. "Die Bilder des Unfalls habe ich heute noch im Kopf und die Gerüche in der Nase." Wenn die Erinnerungen ihn nicht loslassen, helfe der Austausch mit den Kameradinnen und Kameraden. "Man bekommt das Gefühl, dass man nicht alleine dasteht."
Unterstützung bekommt die Feuerwehr bei Bedarf auch durch die Notfallseelsorge. "Mit 18 Jahren wollte man noch den starken Mann mimen. Heute spricht man über seine Gedanken und verarbeitet Erlebtes gemeinsam. Und das ist richtig so", sagt Aschermann.

Was Aschermann besonders schätzt, sei die Kameradschaft, auch über die Grenzen seiner eigenen Wehr hinaus. Aufgrund seines Berufs als Montageleiter ist er regelmäßig deutschlandweit unterwegs. Sieht er ein brennendes Licht in einem Feuerwehrhaus, nutze er gerne die Gelegenheit, dort zu klopfen. "So habe ich auch schon mit Feuerwehrleuten in Hannover einen geselligen Abend verbracht. Man wird überall herzlich empfangen", erzählt er.
Der typische Feuerwehrler ist "offen und zugänglich". Außerdem gäbe es keine Einzelkämpfer. "Wenn ich bei einer anderen Feuerwehr bin, merke ich immer, dass man sich umeinander kümmert", erzählt Aschermann. Das sei auch wichtig. Man müsse flexibel sein, da man häufig im Einsatz mit anderen zusammenarbeiten müsse, um jemandem zu helfen, der in Not geraten ist.
Wie geht Christian Aschermanns Familie mit seinem Ehrenamt um? Seine Frau habe Verständnis und unterstütze ihn, auch wenn er zeitweise drei Einsätze am Tag hat, wie er erzählt. Nicht nur einmal musste er den Nachmittagskaffee mit seiner Frau unterbrechen, weil er zum Einsatz gerufen wurde. Doch was für andere möglicherweise zur Belastungsprobe werden könnte, ist für seine Familie eine Ehre: "Ich bin froh, dass mein Dienst von meiner Familie wertgeschätzt wird." Sein siebenjähriger Sohn ist Mitglied bei der Kinderfeuerwehr. Seine beiden Töchter können es kaum erwarten, dort einzusteigen und ihrem Vater nachzueifern.