Es schlug Wellen, das Interview von Peter Kornell (FWG) nach seinem Abschied aus dem Volkacher Stadtrat. Der Altbürgermeister hatte nach seinem selbstgewählten Ausscheiden aus dem Amt noch drei Jahre als Stadtratsmitglied weitergemacht. Und dabei offensichtlich einige Punkte erlebt und beobachtet, die ihm missfielen. So kritisierte er in dem Gespräch unter anderem, dass die Arbeit des Stadtrats intransparenter geworden und der öffentliche Teil nun teilweise substanzlos sei.
Wer allerdings erwartet hatte, dass der Volkacher Stadtrat diese Kritik auch im öffentlichen Teil seiner Sitzung diskutiert, wurde enttäuscht. Bürgermeister Heiko Bäuerlein sah dafür – auch aus Sicht der Verwaltung – keine Notwendigkeit. Auf Nachfrage erklärt er, dass Peter Kornell sich viele Jahre für die Stadt tatkräftig eingesetzt habe und er habe "Verständnis, dass ihm sein Abschied einfach sehr, sehr schwerfällt".
Bäuerlein: "Das Protokoll hat sogar an Substanz gewonnen"
Zur konkreten Kritik schreibt Bäuerlein, dass der öffentliche Teil natürlich nicht „substanzlos“ geworden sei. "Wir stellen die Tagesordnungspunkte öffentlich ein, diskutieren und stimmen ab." Das Protokoll habe sogar an Substanz gewonnen: "Seit 2020 stehen die Bekanntgaben aus dem nichtöffentlichen Teil detailliert, nachlesbar im Sitzungsprotokoll." Aufgrund der handelnden Personen und des neuen Gremiums gehe es vielleicht weniger kontrovers zu: "Ich sehe mich als Moderator und möchte nicht Meinungen ,aufdrücken'."
Auf die konkrete Frage dieser Redaktion nach der Häufigkeit von Fraktionssprecher-Sitzungen antwortet Heiko Bäuerlein, dass seit 2020 zehn solcher Treffen stattgefunden hätten. Diese dienten der vertrauensvollen Zusammenarbeit, für die er Informationen an die Fraktionen weitergebe, "die dann natürlich im Stadtrat ihren öffentlichen Niederschlag finden".
Ähnlich klingt das bei Barbara Nikola-Bier (SPD), die die Infos aus diesen Treffen als nützlich empfindet. Auch sie betont: "Entschieden wird dann ausschließlich im Gremium, in öffentlicher Debatte. Hier kann jede Gruppierung ihre Sichtweise darstellen."
Elmar Datzers (Bürgerliste) Antwort auf die Fragen dieser Redaktion fällt deutlich schärfer aus. Ihm stößt schon auf, dass dieses Interview überhaupt veröffentlich wurde und für ihn ist es "Provinzjournalismus, der derartigem Geseire kritiklos eine Plattform bietet". In seinen Augen tritt Kornell "aus dem Abseits heraus seinem Nachfolger in die Kniekehlen". Datzer ist ebenfalls überzeugt: "Nein, die öffentlichen Sitzungen sind nicht substanzlos geworden."
Differenzierter antwortet Andrea Rauch. Die Sprecherin der Grünen hält die Fraktionssprechersitzungen ebenfalls für wichtig, "da wir sehr viele Details und Hintergründe erfragen können, die eine Stadtratssitzung sonst noch mehr in die Länge ziehen würden". Ihrer Meinung nach sollten aber die Sitzungsvorlagen mit entscheidungsrelevanten Informationen vorher öffentlich im Internet stehen. "Die Bürger:innen sehen vor der Sitzung nur den Titel des Tagesordnungspunktes im Internet oder an der Anschlagtafel", kritisiert Rauch. "Hier wünschten wir uns mehr Transparenz."
Anträge der Grünen dazu sei aber abgelehnt worden, was nur bedingt am Bürgermeister liege. "Die Freie-Wähler-Gemeinschaft und die CSU wollen nicht mehr Transparenz nach außen", findet Rauch. In anderen Gemeinden werde das offener gehandhabt. "Das hätte wirklich die von Altbürgermeister Kornell geforderte Transparenz bedeutet, die aber auch er nicht wirklich verbessert hat."
Die Stadtratsfraktionen von CSU und FWG wollten sich zu den Fragen dieser Redaktion nicht äußern.
„Entschieden wird dann ausschließlich im Gremium, in öffentlicher Debatte.“
Wieviel dieser „öffentlichen Debatten“ sind nur noch Scheindebatten, nachdem sie vorher rechtswidrig nichtöffentlich „vorberaten“ wurden?
In wieviel Minuten, von Stunden gar nicht zu reden, wird z. B. die Haushaltssatzung eines zweistelligen Millionenhaushaltes, ein Zahlenwerk von mehreren hundert Seiten, in den Kommunen öffentlich beraten? Werden dabei nicht sämtliche Entscheidungsprozesse der Öffentlichkeit entzogen, ein fertiges Zahlenwerk präsentiert und nur noch scheinberaten, weil das Gesetz zu einer Beratung (in Minuten?) verpflichtet?
Bürgermeister und Gemeinderäte sind an Recht und Gesetz gebunden, sie haben folgendes geschworen: “Ich schwöre den Gesetzen gehorsam zu sein und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen.“ Kommen sie dieser Verpflichtung nach?