Auf dem Satellitenbild in Google Maps ist das Grundstück mit der Flurnummer 689/2 im äußersten Westen Iphofens von Sträuchern und Büschen umsäumt. Während in der Umgebung überall Häuser emporgewachsen sind, sprießt auf der Parzelle Schlesienstraße 46 nichts als Grün. Das Areal ist unbebaut, schon seit Jahrzehnten. Doch das soll sich in nächster Zeit ändern; es gibt Ideen für das Grundstück. Von der „ältesten Baulücke der Stadt Iphofen“ spricht die Verwaltung. Fragt man im Rathaus nach, was genau darunter zu verstehen ist, zuckt man mit den Schultern. Offenbar ist auch nach längerer Recherche des Bauamts nicht herauszukriegen, seit wann das Areal verwaist ist, noch nicht einmal seit welchem Jahrzehnt.
Ein Anruf beim ehemaligen Bürgermeister Josef Mend. Als Ur-Iphöfer kennt er die Geschichte(n) der Stadt und der Baugebiete. Zu jedem einzelnen Anwesen hat er sogar noch die Namen der Bewohnerinnen und Bewohner parat. Die ersten Häuser in der dortigen Gegend wurden kurz nach Kriegsende errichtet, um 1949. Die Schlesienstraße kam Mitte der Fünfzigerjahre dazu. Aus dieser Zeit stammt auch die Baulücke. Früher, so erinnert sich Mend, habe dort ein Weinberg gestanden. Die Grundstücke wurden nach und erschlossen und bebaut, nur das Areal mit der Nummer 46 nicht – bis jetzt.
Ein großes Bauwerk auf eher kleinem Grundstück
Dem Bauausschuss lag in seiner jüngsten Sitzung eine Voranfrage vor mit dem Ziel, dort ein Vier-Parteien-Wohnhaus zu errichten. Als Bauherrin wird die Röder Feuerwerk GmbH in Schlüsselfeld genannt, das Grundstück erwarb sie, wie man hört, im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Ende 2020 geriet das Unternehmen selbst in die Schlagzeilen. Nachdem der Staat wegen der Pandemie den Verkauf und das Abbrennen von Böllern verboten hatte, sah sich der Feuerwerkshändler in seiner Existenz bedroht. „Die Lage ist explosiv“, schrieb das Portal Nordbayern.de im Dezember 2020.
Jetzt will das Unternehmen an der Stelle, an der die Sudetenstraße in die Schlesienstraße mündet, ein Wohnhaus errichten. Von einem „kleinen Schlösschen“ war im Bauausschuss die Rede, was vermutlich an den Dimensionen des Projekts liegt. Ein 25 auf 14 Meter großes Gebäude mit Erdgeschoss und ausgebautem Dachgeschoss auf einem 1200 Quadratmeter kleinen Grundstück. Passt das? Stadtrat Andreas Müller sprach von einem „sehr präsenten Bauwerk“. Um die Proportionen zumindest etwas zu entkräften, soll auf ein zu prominentes Dach verzichtet werden.
Der Bauausschuss rät zum Satteldach – aus guten Gründen
Da das Vorhaben in einem Gebiet ohne Bebauungsplan liegt, wären sowohl Sattel- als auch Mansard- oder Walmdach für das Objekt zulässig. Müller regte ein Satteldach an, weil auch die Gebäude im Umfeld Satteldächer trügen, wie auf dem Satellitenbild zu sehen ist. Das Gelände dort ragt zwei Meter über die Straßenoberkante; deshalb, so Müller, solle man besser „keine Versuche machen“. Der Bauausschuss schloss sich dieser Sicht einstimmig an.
Warum nach Jahrzehnten des Stillstands an dieser Stelle jetzt Dynamik in die Sache kommt, auch dazu gab es in der Sitzung eine Antwort: „Die eingereichte Planung resultiert aus unserem Anhörungsschreiben zum Baugebot“, hieß es im Sachvortrag der Verwaltung. Offenbar hat das Rathaus sanften Druck auf den Grundstückseigentümer gemacht, das Gelände zu bebauen. Die Schlesienstraße ist eine Reminiszenz darauf, dass sich Heimatvertriebene und Flüchtlinge in Folge des Zweiten Weltkriegs auch auf den Weg nach Iphofen machten, wie man gerade in einer Ausstellung des Bezirks zu dem Thema sehen kann. Noch heute zeugen die Straßennamen von damaligen Schicksalen.