Sie stellen Wohnungen, bieten extra Deutschkurse an, helfen bei Behördengängen, Anträgen und den alltäglichen Fragen und Problemen: Die Betreiber des Pflegeheimes in Wiesentheid (Lkr. Kitzingen), das Unternehmen Preißner GbR, versucht seit drei Jahren konsequent, den gravierenden Personalmangel in der Pflege durch ausländische Kräfte aufzufangen.
Das Familienunternehmen, das noch weitere Einrichtungen in Kist (Lkr. Würzburg) und Zellingen (Lkr. Main-Spessart) betreibt, hat derzeit 80 Auszubildende, 31 allein in Wiesentheid. Und fast alle von ihnen kommen aus Indien, China, Vietnam oder vereinzelt anderen Ländern. "Es gibt keine Alternative, das ist der einzige Weg, der bleibt", sagt Geschäftsführer Sebastian Preißner. " Hätten wir die ausländischen Kräfte nicht, könnten wir vielleicht 40 Prozent unserer Plätze belegen."
Viel Aufwand für das Pflegeunternehmen - und eine eigene Ausbildungsleiterin
Damit die jungen Menschen nach Deutschland kommen, um hier in der Pflege zu arbeiten, und sich hier eingewöhnen und bleiben, dazu betreibe das Unternehmen einen enormer Aufwand: "Wir haben in jedem Haus einen, der nichts anderes macht, als sich um die Ausbildung zu kümmern", sagt Preißner. Das fange an beim Beantragen der Visa und dem Besorgen von Dokumenten wie Zeugnissen aus den Heimatländern.
Ansprechpartnerin für fast alles ist Janina Klipp-Sebold, die Ausbildungsleiterin. Sie kann sich gut einfühlen in die ausländischen Angestellten, schließlich kam sie selbst als kleines Kind aus Griechenland hierher - und in den Kindergarten, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Jetzt ist sie die "Kümmerin", die auch mal tröstet bei Heimweh oder Liebeskummer. Und in Wiesentheid wohnt sie Tür an Tür mit den Beschäftigten: im Obergeschoss des Seniorenheimes, wo 22 Mitarbeitende ihre Zimmer haben.
Sebastian Preißner kehrte 2018 aus Asien vom BWL-Studium und der Ausbildung zurück in das heimische Unternehmen. Und fragte sich angesichts des personellen Engpasses in der Pflege: "Warum bilden wir nicht aus?" Es folgten Stellenanzeigen, Besuche in Schulen, Vorträge - doch all das habe nicht viel genutzt, sagt der Seniorenheim-Geschäftsführer. Seine Erkenntnis: "Die Nachfrage hier nach diesem Beruf war und ist erschreckend gering."
Also überlegte Preißner in eine andere Richtung: über Büros im Ausland junge Menschen anzuwerben. Über Kontakte einer Pflegeschule im mittelfränkischen Scheinfeld meldeten sich zunächst vor allem junge Menschen aus Vietnam, dann auch verstärkt aus Indien.
Viele der Auszubildenden, die jetzt in Wiesentheid, Kist oder Zellingen tätig sind, kommen aus medizinischen Berufen, sagt Preißner. In ihren Heimatländern seien die Arbeitsbedingungen schlecht, der Verdienst gering. "In Vietnam legen zum Teil Familien ihr Geld zusammen, damit jemand nach Deutschland zum Arbeiten kann."
Grundvoraussetzung: Sprachkurs vor der Ausbildung zur Pflegefachkraft
Grundvoraussetzung für alle ausländischen Kräfte: die Sprache. Die erste Stufe (B1) eines Deutschkurses müssen sie bereits in ihrer Heimat absolvieren, um in Deutschland gleich die Ausbildung zur Pflegefachkraft beginnen zu können. Inzwischen haben die Preißners einen Deutschlehrer eingestellt, der zusätzliche Kurse anbietet.
Die indischen Angestellten, die seit September 2022 hier sind, kommen alle aus dem südindischen Kerala. Manche hätten zuvor auf der arabischen Halbinsel gearbeitet, sagt Preißner. Dort sei jedoch, anders als in Europa, der Nachzug der Familien nicht erlaubt.
Die jungen Inder, die meisten Mitte 20, sprechen alle Englisch, seien katholisch - "und sie gehen Sonntags in Wiesentheid in die Kirche und sind grundsätzlich sehr interessiert an unserer Kultur", sagt Ausbildungleiterin Klipp-Sebold.
Bei der pflegerischen Ausbildung arbeitet die Preißner GbR mit Schulen in Scheinfeld, Würzburg, Schweinfurt und Marktheidenfeld zusammen. Wenn die Azubis für den Unterricht dort sind, Praktika in Krankenhäusern absolvieren oder zu Prüfungen in München sind, kümmert sich der Arbeitgeber um die Unterbringung vor Ort, sagt Preißner. "Wir mussten teilweise Wohnungen anmieten, zum Beispiel in Bad Windsheim."
Was Wohnungen für die Mitarbeitenden betrifft, ist es für die Preißner GbR in Wiesentheid einfacher: Das Unternehmen besitzt hier selbst einige Immobilien, dazu kommen die Zimmer in der eigenen Seniorenresidenz für das Personal.
Demnächst schließen die ersten zwölf ausländischen Pflegekräfte des Wiesentheider Unternehmens ihre mehrjährige Ausbildung ab und sind dann offiziell in Deutschland Fachkräfte.
Bislang gute Rückmeldungen - und offene Fragen: Wie viele bleiben?
Im Modell mit den Auszubildenden aus Asien stecken auch Fragezeichen, das weiß Preißner. "Wir bilden über den Bedarf aus. Von den 80 Schülern benötigen wir etwa ein Drittel, aber wir wissen ja nicht, wie viele bestehen die Prüfung? Wie viele bleiben langfristig hier?" Ob alles funktioniere, werde sich in den kommenden Jahren zeigen. "Bisher bekamen wir viel Lob von den Behörden und Schulen."
Bislang seien auch die Rückmeldungen der Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtungen "im Großen und Ganzen gut", sagt Preißner. Es gebe durchaus auch Probleme, gerade bei der Verständigung. Aber seine Erfahrung ist: "In Asien hat das Alter einen höheren Stellenwert. Der Respekt unserer Asiatinnen und Asiaten vor älteren Menschen ist viel größer."