Die Menschen im Landkreis Haßberge haben sich nach Jahrzehnten "Verkehrslandeplatz Haßfurt" daran gewöhnt, dass es zu allen möglichen Zeiten über ihren Köpfen dröhnt und brummt. In der vergangenen Woche aber war es ein ganz besonderes Flugzeug, das da über den Haßberglerinnen und Haßberglern seine Kreise zog. Am Vormittag des Montags war am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen bei München eine außergewöhnliche Maschine zu einem Spezialauftrag gestartet:
Es ging geradewegs nach Franken, unter anderem in den Landkreis Haßberge. Dort angekommen begann die Maschine zwischen Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) und Rauhenebrach hin und her zu fliegen, immer ein bisschen nach Osten versetzt. So entstand eine Art Suchmuster, das einen Teil des Landkreises von Gädheim bis zur Linie Hofheim-Königsberg-Zeil abdeckte.
Neue Verfahren, um die Umwelt aus der Ferne zu erkunden
Aber handelte es sich wirklich um eine Suche? Falk Dambowsky, Leiter der Pressestelle im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln, stellt klar: Die Maschine, eine Dornier "DO 228-212", "war am Montag unterwegs für Messungen im Bereich Erdbeobachtung mit dem Instrument HySpex. Auf Basis von HySpex-Messungen werden neue Verfahren für die Umweltfernerkundung entwickelt." So würden sich beispielsweise der Gesundheitszustand des Waldes, die Wasserqualität der Binnengewässer oder die Fruchtbarkeit des Ackerlandes aus den Bilddaten ableiten lassen.
Bei der "DO 228-212" handelt es sich um eine zweimotorige Turboprop-Maschine, die von der Einrichtung "Flugexperimente" der DLR in Oberpfaffenhofen nach eigenen Angaben hauptsächlich für Fernerkundungsmissionen mittels optischer oder radargestützter Systeme genutzt wird. Mit ihrer großen rechteckigen Kabine, so die Definition der DLR, und den großen Öffnungen im Kabinenboden eignet die Maschine sich besonders gut zur Installation von speziellen Kamerasystemen – wie Hyperspektralsensoren (HySpex) und 3K-Kamerasystemen.
Die Kombination von HySpex mit einem hochauflösenden Luftbildkamerasystem, so erklärt es das DLR auf seiner Website, erlaube zudem "die Entwicklung innovativer wissenschaftlicher Methoden der Datenfusion für die Erdbeobachtung". Die Luftbilder, so Dambowsky, die mit dem HySpex-System des DLR erzeugt werden, würden in erster Linie "der Vorbereitung und Begleitung der deutschen Satelliten-Mission EnMAP" dienen. Bei EnMAP handelt es sich um den ersten in Deutschland entwickelten und gebauten Hyperspektralsatelliten.
Daten für die Validierung des Satelliteninstrumentes und für die ISS
Zum einen würden mit HySpex vor dem Start des Satelliten Testdaten erzeugt, mit denen verschiedene Algorithmen für die Datenauswertung erprobt werden könnten. "Des Weiteren können HySpex-Daten nach dem Start des Satelliten für die Validierung des Satelliteninstrumentes sowie die amerikanisch-deutsche hyperspektrale Mission DESIS auf der Internationalen Raumstation ISS verwendet werden." Zusätzlich würden HySpex-Daten zur Entwicklung von Algorithmen für die nächste Generation von Erdbeobachtungssatelliten und zur Weiterentwicklung von Methoden zur Kalibrierung optischer Sensoren dienen.
Der Flug der Dornier "DO 228-212" am Montag diente also nicht der Suche nach einem etwa über dem Landkreis Haßberge abgestürzten Himmelskörper oder Ähnlichem, sondern die dabei gewonnenen Daten können durchaus dazu verwendet werden, aktuelle und zukünftige Weltraummissionen dabei zu unterstützen beziehungsweise sie dazu in die Lage zu versetzen, einen weiten Bereich des Ökosystems auf der Landoberfläche der Erde zu untersuchen.
So werden die Daten von EnMAP laut DLR künftig in vielen Forschungsbereichen ihre Anwendung finden, etwa in der Geologie, der Land- und Forstwirtschaft, der Bodenkunde oder auch in der Erforschung der Küstengebiete und Inlandsgewässer.