Es ist gerade drei Monate her, als das Ahrtal in Rheinland-Pfalz nach starken Regenfällen eine verheerende Flutkatastrophe erlebte. Die Wassermassen ließen ein Feld der Verwüstung zurück. Unzählige Häuser, Straßen und Brücken trugen schwere Schäden davon. 134 Menschen kamen nach neuesten Erkenntnissen um. "Da sieht's auch heute teilweise noch aus wie im Krieg", sagt Klaus Strätz. Der 49-Jährige ist Geschäftsführer der Firma EnWaT in Stettfeld (Lkr. Haßberge) und hat einen Teil dazu beigetragen, dass zumindest in einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler wieder ein Stück Normalität einkehrt: Er hat zusammen mit seinem Team eine Anlage gebaut, die für frisches Trinkwasser sorgt.
Seit 1. Oktober liefert die in zwei See-Containern verbaute Technik Wasser für etwa 40 000 Einwohner der Stadt. Die saßen zwar zuletzt nicht völlig auf dem Trockenen. Doch das Wasser, das aus dem Wasserhahn kam, war gechlort und nur abgekocht trinkbar, wie Strätz erklärt. Die mobile Trinkwasseraufbereitungsanlage, die EnWaT in Rekordzeit konstruiert und in Rheinland-Pfalz installiert hat, übernimmt die Aufgabe eines städtischen Wasserhauses, das bei der Flut schwer beschädigt worden war. Die darin befindliche Technik sei aktuell unbrauchbar. Ob das Gebäude mitsamt der darin verbauten Anlage überhaupt noch einmal den Betrieb wird aufnehmen können, steht derzeit noch in den Sternen, hat Strätz erfahren.
Die beiden Container, die die Firma EnWaT in das Katastrophengebiet geliefert hat, sind freilich nicht die ersten ihrer Art, die die Experten aus Stettfeld gebaut haben. Eine ähnliche Anlage steht derzeit beispielsweise an einer Talsperre im Harz und ersetzt dort bis auf weiteres ein altes, sanierungsbedürftiges Wasserhaus. Eine andere, die derzeit am Firmensitz in Stettfeld auf ihren nächsten Einsatz wartet, lief bis vor kurzem in England. Die Container selbst kauft das Unternehmen für seine Zwecke als Gebrauchtware. Es handelt sich dabei um handelsübliche, zwölf Meter lange, isolierte Standard-Seecontainer, die EnWaT je nach Einsatzart mit den nötigen Filtern, Wasserbehältern, Rohrleitungen und Technik bestückt.
Die Anlage im Ahrtal läuft wie ein Uhrwerk
"Wenn eine Kommune eine solche Trinkwasseranlage neu bauen will, dann muss man mit einem Dreivierteljahr Planung und einem weiteren Jahr Bauzeit kalkulieren", sagt Strätz. Er und sein Team haben im Fall Ahrweiler von der Auftragserteilung über die Planung, die Konstruktion und den Transport bis zum Anschluss an das bestehende Wassernetz in Bad Neuenahr-Ahrweiler gerade einmal vier Wochen benötigt. "Seitdem läuft die Anlage wie ein Uhrwerk", sagt Strätz mit einer gehörigen Portion Stolz auf seine 25 Mitarbeiter und ihr Werk.
Die Wartung funktioniert von Stettfeld aus
Dass die Filterung tatsächlich einwandfrei und mindestens genauso gut wie in einem modernen Wasserhaus funktioniert, kann der gelernte Elektro-Ingenieur jederzeit per Computer oder Smartphone überwachen. Denn die Anlage, die die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler von EnWaT gemietet hat, ist komplett vernetzt und fernsteuerbar. Strätz und sein Team können 90 Prozent aller möglichen Störungen per Computer von Stettfeld aus beheben. Das spart der Firma viel Zeit und somit auch Geld. Ursprünglich war geplant, die beiden Container sechs bis neun Monate in Rheinland-Pfalz zu betreiben. Weil aber die Zukunft des ramponierten Wasserhauses vor Ort noch völlig ungewiss ist, geht Strätz derzeit eher von 18 Monaten aus.
Das sei allerdings kein Problem für die robuste Technik, die völlig ohne Chemie auskommt. Das Rohwasser im Ahrtal bestehe aus sogenanntem Uferfiltrat, wie Strätz erklärt. Das bedeutet, das Wasser, das die Filteranlage aufbereitet, ist eine Mixtur aus Grund- und Flusswasser. Dieser Umstand bringt im Vergleich zu reinem Grundwasser schon eine deutlich höhere Verunreinigung des wertvollen Gutes mit sich. Herzstück der Wasseraufbereitungsanlage von EnWaT ist ein Ultrafilter. Alles, was größer ist als 20 Nanometer, oder umgerechnet 0,00002 Millimeter, bleibt in dieser Konstruktion hängen. Selbst für Viren und Bakterien gibt es da kein Durchkommen, versichert Strätz, von gröberen Verunreinigungen ganz zu schweigen. Zusätzlich durchläuft das Wasser in den beiden Containern noch Aktivkohle- und UV-Filter, ehe es als Trinkwasser ins Leitungsnetz gelangt.
Anlagen wie die nach Bad Neuenahr-Ahrweiler gelieferte repräsentieren den aktuellen Stand der Technik, sagt Strätz. Aber wohin führt die Zukunft? Drei Probleme sieht der findige Ingenieur in den nächsten Jahrzehnten auf Deutschland zukommen: Nitratbelastung, resistente Keime und Wasserknappheit. Sowohl für Nitrat als auch Keime gibt es schon heute funktionierende Filtertechniken. Ob die angewendet werden, sei alleine eine Frage der finanziellen Möglichkeiten.
Mit neuen Ideen gegen die Wasserknappheit
Das dritte Problem ist die Wasserknappheit, von der schon heute bestimmte Bereiche der Bundesrepublik betroffen sind. Auch in Unterfranken schwinden aufgrund des Klimawandels die Wasser-Ressourcen. Zumindest ein Teil der Lösung könnte laut Strätz die Aufbereitung von Abwasser werden. "Das ist die Zukunft", sagt der Experte. Die Technik, um aus dem Wasser, das heutzutage von Kläranlagen in die Flüsse ausgeleitet wird, einwandfreies Trinkwasser zu machen, die gibt es schon. "Warum sollte man das Abwasser in die Natur kippen, wenn man es aufbereiten kann?", fragt Strätz. Während in Deutschland ein solches Konzept noch Zukunftsmusik ist, sind andere Länder schon deutlich weiter. Singapur beispielsweise gilt als Vorreiter beim Wasser-Recycling. Aber langfristig wird das auch in anderen Teilen der Welt und auch in Deutschland Thema werden, ist sich Strätz sicher. Mit seiner Firma EnWaT will der 49-Jährige auch hier Vorreiter werden.