Gut, dass Chiara auch bei schlechtem Wetter mit ihrem Papa spazieren geht, sonst wäre der 29. Januar womöglich als neuer Hochwasser-Katastrophentag in die Geschichte von Trossenfurt-Tretzendorf eingegangen. Chiara machte Papa Alexander Diem darauf aufmerksam, dass mitten auf dem Weg zwischen der Aurach und den Tretzendorfer Weihern Wasser aus einem Loch nach oben sprudelte. Ein Teil des Weges auf der Dammkrone und der Böschung war schon abgespült – schnelles Eingreifen tat Not.
Schon am Nachmittag hatte Jürgen Schaaf, Pächter der Weiherkette, in Absprache mit der Gemeindeverwaltung das vereinbarte Hochwasser-Management in Gang gesetzt. Wenn eine Hochwasserlage droht, lässt er nämlich zusätzliches Wasser in die Weiher laufen, um die Dörfer unterhalb zu schützen.
Bei den Betroffenen läuteten die Alarmglocken
Er selbst wohnt mitten in Tretzendorf und weiß, was das Wasser bei vielen der Anlieger immer wieder anrichtet. Vor allem bei Karl Eich und seinen Nachbarn läuten alle Alarmglocken bei Starkregen oder Schneeschmelze, denn ihre Häuser stehen im tiefsten Bereich von Trossenfurt und Tretzendorf – zwar ein ganzes Stück weg von der Aurach, aber eben in einer Senke.
In den letzten Januar-Tagen traf beides zusammen. Starker Regen ließ die in Oberaurach knapp 15 Zentimeter dicke Schneedecke schneller schmelzen als die sprichwörtliche Sonne. "Die Familien Eich, Keller und Scholz wurden schon während des Tages im Rathaus vorstellig und haben uns auf die problematische Situation im Bereich ihrer Grundstücke hingewiesen. Jürgen Schaaf ist daraufhin umgehend aktiv geworden und hat den geregelten Zulauf in seine Weiher veranlasst", berichtet Bürgermeister Thomas Sechser.
Löcher in den relativ neuen Dämmen
Dieses Hochwassermanagement und eine leichte Erhöhung der Dämme zwischen den Weihern und zur Aurach sind die Konsequenz aus der letzten kritischen Hochwasserlage an Pfingsten 2013. Diese Maßnahmen greifen, doch inzwischen ist eine weitere Komponente dazu gekommen: schätzungsweise 15 Biber, die ihre Bauten nicht nur im freien Talgrund zwischen Unterschleichach und Tretzendorf, sondern auch im Ortsbereich von Tretzendorf und Trossenfurt bauen und damit Rückstaus verursachen – und die Löcher in die Dämme graben.
Eine solche Grabung war es auch, die beinahe zum Abschwemmen des Dammes zwischen der Aurach und dem großen Dorfweiher geführt hätte. Helfer in der Not war Daniel Markert, Betreiber einer Erdbaufirma in Tretzendorf, der schnell mit schwerem Gerät Spundwände auf beiden Seiten des Dammes einbrachte und diese wieder verfüllte. Ein ungeregelter Zufluss in den Weiher hätte mit großer Wahrscheinlichkeit im Laufe der Nacht zu einer Schlamm-Welle durch den Ort geführt.
Um die Situation zu analysieren und über Konsequenzen zu sprechen, traf sich nun eine Woche später - am vergangenen Samstag - Bürgermeister Thomas Sechser mit Teichpächter Jürgen Schaaf, dem Bamberger Stadtförster Johannes Hölzel (die Weiherkette ist Eigentum der Bürgerspitalstiftung Bamberg) und den Tretzendorfer Gemeinderatsmitgliedern Daniel Markert und Alexander Diem, die beide ins aktuelle Geschehen am 29. Januar schon eingebunden waren.
Der Bauhof hat alles versucht
Der Bürgermeister informierte die Runde, dass der gemeindliche Bauhof schon acht Mal – immer nach vorheriger Genehmigung durch das Landratsamt - Biberbauten entfernte, doch die erhoffte Vergrämung des Bibers gelang nicht. Um Schäden von den Kläranlagen in Unterschleichach und Kirchaich abzuwenden, habe man nun die Ausnahmegenehmigung, die Biber dort zu entnehmen. Die Beantragung von Ausnahmegenehmigungen sei jedesmal sehr zeitaufwendig, kurzfristige Reaktionen seien unmöglich, so Thomas Sechser.
Dass die Vergrämungsversuche nicht fruchteten, überrascht Förster Hölzel nicht. "Wohin auch vergrämen – die Population ist schlichtweg zu groß", das kann er aus eigenen Beobachtungen belegen. Normalerweise entfernt sich der Biber nämlich kaum zehn Meter weit weg vom Fließgewässer. Um Baumaterial zu finden, ziehen sie aber inzwischen auch in den benachbarten Wald. Jürgen Schaaf hat sogar schon ein Tier beobachtet, wie es einen jenseits der Staatsstraße abgenagten großen Ast durch einen der Amphibientunnel in den Aurachgrund gezogen hat. Auch die Tatsache, dass die Biber nicht mehr bevorzugt Weide oder Apfelbaum benagen, sondern auch die ungeliebte Erle oder "in der Not auch mal eine große Fichte", so Hölzel, zeige den Druck auf der Population.
"Das Bibermanagement der Naturschutzbehörde ist nach wie vor auf die Ansiedlung des Bibers ausgelegt. Das war wichtig und richtig, weil der Biber vom Aussterben bedroht war. Aber jetzt ist er angekommen, die Lebensräume sind belegt und das Bibermanagement hat keine Antwort darauf. Hier muss es dringend eine Weiterentwicklung geben", erklären Hölzel und auch Bürgermeister Thomas Sechser übereinstimmend. Es müsse einen Weg geben, wie Biber und Mensch schadlos nebeneinander leben können. "So wie es jetzt ist, kommt es immer wieder zu krassen Kollisionen", sagt Thomas Sechser. "Und der Ärger wird bei uns im Rathaus abgeladen."
Forderung: Das Bibermanagement muss reagieren
Johannes Hölzel beobachtet auch gerne die possierlichen Tiere, aber "man muss ermitteln, wie viele Tiere dieser Lebensraum aushält und dann auch im Bibermanagement entsprechend reagieren". Seine Mitarbeiter seien ebenso wie der gemeindliche Bauhof laufend damit beschäftigt, umsturzgefährdete Bäume am Erlebnispfad Tretzendorfer Weiher, am dazugehörigen Wanderparkplatz oder im Ortsbereich rechtzeitig zu entfernen.
Jürgen Schaaf ist ebenfalls ständig auf Beobachtungsposten, ob die Dämme seiner Weiher Eingriffe zeigen. "In einigen Teilbereichen durften wir die Dämme besteinen, so dass der Biber nicht mehr gräbt, und bekamen dafür auch einen hohen Zuschuss, aber das war ein Kampf um jeden Meter", erklärt Förster Hölzel.
Die Akzeptanz der Bevölkerung schwindet
Das Problem sei grundsätzlich im Landratsamt angekommen, so Bürgermeister Thomas Sechser, deshalb lief die Erlaubnis zum Schutz der beiden Kläranlagen auch sehr unkompliziert. Die Problematik innerorts sei allerdings nach wie vor ungelöst "und das sorgt natürlich dafür, dass die Akzeptanz der Bevölkerung leidet", merkt der Bürgermeister an den Beschwerden im Rathaus. Da auch viele andere Gemeinden ähnliche Probleme haben, hofft er endlich auf eine grundsätzliche Reaktion der Naturschutzbehörde, indem das Bibermanagement weiterentwickelt wird.