Landwirt Florian Schuler betreibt am Ortsrand von Gädheim eine Biogasanlage. Hier, im Heizraum der Anlage, stehen drei Blockheizkraftwerke. Die kleinen Kraftwerke sorgen dafür, elektrische Energie und Wärme zu gewinnen. Doch eines von ihnen steht still. Und das seit Februar 2022. Das Landratsamt Haßberge hat die Stilllegung der dritten Anlage angeordnet, berichtet der Landwirt auf Nachfrage der Redaktion. Und das ärgere ihn.
So sehr, dass er Klage eingereicht hat und vor das Verwaltungsgericht in Würzburg gezogen ist. Im Kern ging es bei der Verhandlung, die Mitte März stattgefunden hat, um zwei Fragen: Ob Florian Schuler unter der "BioEnergie Gädheim GbR" sein drittes Blockheizkraftwerk weiter betreiben darf. Und ob der Einbau des stillgelegten Blockheizkraftwerkes überhaupt einer Genehmigung bedarf.
Verwaltungsgericht Würzburg weist die Klagen ab
Die Urteile – sie sind noch nicht rechtskräftig – fielen nicht zu Gunsten des Landwirts aus. Das Gericht hat in beiden Verfahren die Klage abgewiesen. Doch wer verstehen will, warum die Anlage still steht und was Schuler davon hält, der muss von vorne anfangen.
Schuler kommt aus einer Landwirtsfamilie, führt den Biohof am Ortsrand von Gädheim in dritter Generation. Vor Ort vermarktet er Direkterzeugnisse, in einer kleinen Hütte befindet sich zudem eine kleine Milchtankstelle. Seine Familie habe sich neben der Landwirtschaft breiter aufstellen wollen, erklärt der Landwirt im Gespräch mit der Redaktion.
Biogasanlage als zweites Standbein
2009 sei der Gedanke für eine Biogasanlage aufgekommen. Der dreifache Vater hat darin viele Vorteile gesehen. Ob aus Reststoffen, Gülle oder Mist – die Anlage produziert aus nachwachsenden Rohstoffen nicht nur Strom und Wärme, um Haushalte zu versorgen, sondern auch Dünger für seine Felder. Neben der Landwirtschaft sollte die Anlage als zweites Standbein dienen.
Bereits 2011 mehr kW verbaut als ursprünglich genehmigt
Im September 2010 ging die Biogasanlage der Landwirtsfamilie in Betrieb – mit 250 Kilowatt (kW). Im Jahr darauf folgte ein Erweiterungsantrag. Statt mit der genehmigten Leistung von 250 kW ging im Juni 2011 das zweite Blockheizkraftwerk aber mit 380 kW an der Start. "Als wir den Antrag ausgearbeitet hatten, hatte der Hersteller nur das schwächere Modell", erklärt er die Hintergründe zur Differenz.
Als die Genehmigung erteilt wurde, habe sich die Familie für die stärkere Anlage entschieden, die derweil auf den Markt gekommen ist. "Um die Spitzen der Produktion mitzunehmen, um die Anlage nicht unter Vollast zu fahren, und auch, damit wir kein Gas in die Umwelt ablassen müssen, weil wir nur einen kleinen Pufferspeicher haben", begründet der 36-Jährige. Er habe die Behörde darüber informiert, dass die Anlage statt mit den in Summe genehmigten 500 kW mit 630 kW laufe. Und die Behörde habe grünes Licht gegeben, berichtet der Biobauer.
Stillstand nach Brand auf Bauernhof
Er wollte die Anlage noch weiter ausbauen. Doch im Oktober 2011 folgte der Stillstand. Teile des landwirtschaftlichen Anwesens fingen in der Nacht Feuer. "Da haben wir dann jedes Projekt gestoppt", so Schuler. Der Neubau habe zwar mehrere Jahre gedauert, doch die Erweiterung der Biogasanlage sei immer Thema geblieben. Trotz aller Arbeiten nach dem Brand erfolgte der Nahwärmeanschluss: Seit 2012 versorgt die Anlage mehrere Haushalte in Gädheim mit Wärme.
Im selben Jahr sollte die Bauabnahme der Biogasanlage stattfinden. "Dabei wurden geringfügige Mängel festgestellt", gibt der Landwirt zu. Für ihn sei das erstmal nicht weiter schlimm gewesen, denn: "Uns war klar, dass die im Rahmen der weiteren Umplanung behoben werden."
2013 wollte er sich dann zwei weitere Blockheizkraftwerke mit je 250 kW genehmigen lassen. Fortan gingen Anträge zwischen der Behörde und dem Landwirt hin und her. Über Jahre hinweg passte Schuler die Planungen und Anträge für seine Biogasanlage an. Dafür habe er immer wieder aktualisierte Genehmigungen und Gutachten einreichen müssen, schildert er. Im November 2016 kam dann das OK vom Landratsamtsamt für die beiden Blockheizkraftwerke, wie die Behörde auf Nachfrage der Redaktion mitteilt.
Es sollte eine 530 kW-Anlage werden
Bis Schuler dann dazu kam, im Heizraum der Biogasanlage etwas zu ändern, sei nochmal Zeit ins Land gegangen, berichtet er. Was sich änderte, war in der Zwischenzeit auch seine Meinung: Statt den beiden 250 kW-Anlagen wollte er nun ein 530 kW-Blockheizkraftwerk einbauen. "Zwei Säu stinken mehr wie eine", so sein Gedanke.
Florian Schuler wirkt wie der Typ Mensch, der Tatsachen schafft. Einer, der macht, anstatt zu warten. Im Februar 2021 ging deshalb die neue Anlage in Betrieb. Wie bereits zuvor sei er davon ausgegangen, dass die Behörde rückwirkend wieder Einverständnis geben würde, erklärt er. Er lag falsch.
Auch wer Gutes im Sinn hat, der muss sich an die Spielregeln halten. Dafür braucht es eine Instanz, die die rechtlichen Rahmenbedingungen überprüft. Statt grünem Licht erhielt Schuler ein Jahr später Besuch von der Behörde. Und die erwirkte die Teilstilllegung der neuen Anlage. Dass der Biobauer ein leistungsstärkeres Blockheizkraftwerk eingebaut hatte, sei der Behörde nicht bekannt gewesen, heißt es aus dem Landratsamt. Bis ein Messbericht vorgelegt worden sei, der Angaben zur Anlage enthielt.
Landratsamt handelt "nach aktuell gültiger Rechtslage"
"Da keine entsprechende Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb dieses speziellen Anlagentyps vorlag, wurde das Aggregat nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens stillgelegt", teilt Monika Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes, mit. Das Handeln der Behörde basiere auf der aktuell gültigen Rechtslage, konkret auf einer Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG).
Im Januar 2021 habe die Bioenergie Gädheim Gbr laut Landratsamt zwar eine Änderungsgenehmigung für den Einbau von drei zusätzlichen Blockheizkraftwerken beantragt. Die Anlagen seien unvollständig und der Antrag deshalb nicht prüffähig gewesen. Schuler hält dagegen: Hier habe die Behörde weder nachgefordert, noch habe er einen Baubescheid oder Ablehnungsbescheid bekommen.
Trotz mehrfacher Erinnerung seien bislang keine weiteren Unterlagen eingegangen, heißt es von Seiten der Behörde. "Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass der Änderungsantrag vonseiten des Landratsamtes nicht abgelehnt wurde. Es wurden lediglich Nachforderungen gestellt, da die Antragsunterlagen nicht vollständig waren."
Wenn Schuler über die Kommunikation mit dem Landratsamt spricht, erwähnt er Änderungsanträge und -anzeigen, wechselnde Sachbearbeiter, teure Gutachten und viele Mails, die ihm in den Posteingang flatterten. "Das wird mir jetzt zum Verhängnis", berichtet er. Er sei einer, der lieber sein Telefon in die Hand nimmt, um Dinge zu klären, erklärt er. So auch in diesem Fall. Zwar habe er auf Mails geantwortet – allerdings telefonisch.
"Wie viel tatsächlich telefonisch geklärt wurde und ob hier eine Regelmäßigkeit vorlag, kann nicht nachvollzogen werden", entgegnet die Behörde. Der ehemals zuständige Sachbearbeiter arbeite nicht mehr am Landratsamt. Damit eine lückenlose und unmissverständliche Aktenführung gewährleistet werden kann, empfehle die Behörde stets die schriftliche Kommunikation. "Jedenfalls hat der Betreiber auf mehrmalige Erinnerungen per E-Mail nicht reagiert", bekräftigt die Behörde.
Im März 2022 reichte Schuler Klage ein. "Wir waren immer Vorreiter", sagt der Landwirt im Gespräch mit der Redaktion. "Jetzt werden wir ausgebremst, werden mit Behördenwahn zurückgehalten." Gerade im Hinblick auf die Energiewende. Das sieht das Landratsamt anders.
"Der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien ist auch im Sinne des Landratsamtes Haßberge", teilt Göhr mit. Dennoch müsse die Behörde bei der Genehmigung solcher Anlagen die gesetzlichen Bestimmungen wahren. "Letztlich muss festgestellt werden, dass (auch) der Betreiber die Energiewende selbst gebremst hat, indem er keine vollständigen Unterlagen eingereicht hat."
Florian Schuler wolle das schriftliche Urteil abwarten
Wie es weitergehen soll, mit dem dritten Blockheizkraftwerk in seiner Biogasanlage, wisse der Landwirt noch nicht. Das könne er erst nach dem schriftlichen Urteil abschätzen, sagt Schuler. Dieses liegt seit Donnerstagsabend vor.
Erstens: Der Redakteur ist eine Redakteurin.
Zweitens: Wir sind der Meinung, dass unsere Autorin hier etwas weiter ausholen musste, um die Sachverhalte verständlich zu machen. Nur so kann sich die Leserschaft ein eigenes Bild machen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Martin Sage