Der Geruch von verkohltem Holz und Stroh liegt einem in der Nase, noch bevor die Autotür geöffnet ist. Fein dringt er durch die Lüftungsschlitze. 30 Stunden nach dem verheerenden Großbrand auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in Gädheim sind am Dienstagmorgen noch immer vereinzelt Rauchfahnen aus dem verkohlten Gerippe der einstigen Ställe. Zehn Feuermänner aus Greßhausen halten seit 6.45 Uhr Brandwache. Immer wieder greifen sie zum Strahlrohr, um Glutnester zu beseitigen. Löschwasserschläuche liegen noch auf dem Gelände. Mit Unterstützung von Helfern des Technischen Hilfswerks (THW) werden indes die Kadaver von fast 400 verendeten Schweinen und sechs Kälbern aus dem Brandschutt geborgen.
Vor gut 50 Jahren war der Bauernhof am Ortsrand Richtung Forst gebaut worden. Nun stehen die Besitzer vor den Ruinen ihres Familienbetriebs. Der Schaden beträgt laut Polizeischätzung weit über eine Million Euro. „Es hat sich angehört wie ein Feuerwerk“, schildert Landwirt Florian Schuler, der Sohn des Hofbesitzers, die Situation als er Montagmorgen kurz vor 4.30 Uhr aufwachte. „Als ich aus dem Fenster sah, war bereits alles feuerrot.“ Das Wohnhaus grenzt direkt an den Stall. Dieser stand bereits in Flammen, als die Familie nach draußen eilte, um die Tiere zu retten. „'Es brennt, es brennt!', habe ich geschrien“, erinnert sich Schuler. Dann sei er in den brennenden Stall gerannt. Mit seinem Vater hat er Kühen losgebunden. Ein Nachbar half noch, die Kälber rauszutreiben. „Hut ab vor so einem Nachbarn“, sagt Schuler dankbar, „so eine Hilfe ist mit Geld nicht zu bezahlen.“
Wie berichtet, kam für viele Tiere dennoch jede Hilfe zu spät. Allein im zweigeschossigen Schweinestall starben 70 Mutterschweine und gut 300 Ferkel. „Nur zehn Prozent der Schweine überlebten“, sagt die Frau des Hofbesitzers. Die Worte, das Geschehene zu beschreiben, fallen ihr am Tag nach dem Unglück schwer. „Wir können nur den Feuerwehrleuten danken, dass sie das Haus geschützt haben, und den Nachbarn, die uns geholfen haben, das Vieh zu retten.“ Ihr Sohn bestätigt: „Der Einsatz der Feuerwehr lief wie am Schnürchen.“ Er ist selbst Aktiver in der Gädheimer Feuerwehr. Etwa 65 Kühe entkamen dank der Helfer den Flammen. Sie sind, wie die überlebenden Schweine, in Ställen hilfsbereiter Landwirten in Junkersdorf und Forst untergekommen.
Angesichts all der Verheerungen erscheint eine Begebenheit, von der die Bäuerin berichtet, fast wie ein kleines Wunder: „Am Montag, gegen 11.30 Uhr, haben wir im Kuhstall noch fünf Kälber gefunden – lebend.“ Es ist ein kleiner Trost, immerhin. Brandversichert war der Hof. Am Dienstagnachmittag kam ein Gutachter der Versicherung. „Wir müssen sehen, wie es weitergeht“, sagt Schuler.
„Mein Sohn kam runtergerannt und hat geschrien: 'Beim Nachbarn brennt's!'“, berichtet Bernhard Kind, wie er von dem Großbrand erfuhr. Er ist selbst Landwirt. Sein Hof liegt zwei Anwesen vom Brandort entfernt. Die Flammen loderten so grell und hell, dass er und sein Sohn zunächst dachten, dass tatsächlich das unmittelbare Nachbargehöft brennt. „Ich habe mich sofort angezogen und habe mitgeholfen, die Kühe, die aus dem brennenden Stall getrieben wurden, hinter die Scheune zu treiben und einzupferchen “, sagt der Nachbar.
Nur 15 Meter vom ausgebrannten Schweinestall und der Maschinenhalle entfernt steht eine Nachbarscheune. Es war reines Glück, dass der Wind in der Brandnacht von Westen her, also weg vom Nachbarn wehte. Bei Ostwind hätten sich die Flammen leicht auf weitere Gebäude ausdehnen können. „Als ich ankam, sah ich nur Flammen“, erklärt Gädheims Feuerwehrkommandant Lothar Ulmann die Lage, die sich den ersten Einsatzkräften bot. „Vollbrand“ heißt dies im Feuerwehrjargon. „Die Flammen schlugen über 15 Meter hoch aus den Ställen und der Halle“, beschreibt Einsatzleiter Ulmann die Feuersbrunst, denen er gegenüberstand. Er ist seit der Alarmierung am Montagmorgen nicht zur Ruhe gekommen. Dienstagvormittag trägt er unter seinem Schutzanzug noch die Schlafanzughose, mit der er am Montagmorgen in den Einsatz geeilt war.
Das örtliche Hydrantennetz lieferte nicht genügend Löschwasser, um ein solches Flammenmeer einzudämmen. Drei je 1000 Meter lange Schlauchleitungen brachten zusätzliches Wasser aus dem Main. Bis die Leitungen aufgebaut waren, mussten die Wasservorräte aus sechs Tanklöschfahrzeugen ausreichen, um wenigstens das Wohnhaus zu retten. Dies ist der Feuerwehr gelungen. Rund 300 Frauen und Männer aus 17 Wehren aus dem Haßbergkreis und dem Landkreis Schweinfurt waren angerückt, mit etwa 30 Fahrzeugen.
Am späten Montagvormittag hat das THW die Bergung der Tierkadaver beendet. Mit zwei Radladern, einer mit einem Baggerarm, waren die Tierkörper geborgen worden. Fachfirmen entsorgen die Reste. „Das THW war mit den Ortsverbänden Haßfurt, Schweinfurt, Gerolzhofen, Bamberg und Coburg auf Anforderung der Gemeinde Gädheim im Einsatz“, erklärt Zugführer Peter Friedrich aus Haßfurt, der den THW-Einsatz leitete. Rund 110 Helfer waren vor Ort. „Die Bergung war sehr schwierig“, meint Friedrich. Nicht nur, weil die Tierkadaver vom Brandschutt bedeckt waren. Teils waren sie aufgequollen und geplatzt. Das lässt auch erfahrene Einsatzkräfte nicht kalt. Da war es gut, dass Notfallseelsorger bereit standen, so Friedrich.
Am Dienstagnachmittag kam zu den Ermittlern der Kripo Schweinfurt ein Beamter des Landeskriminalamts an den Brandort.