Es regnet leicht. Dünner Nebel trübt die Sicht zusätzlich. Es ist früher Abend und bereits stockdunkel an diesem feuchtkalten Januartag. Die Lichter von Haßfurt im Hintergrund sind vom Flugplatz aus nur leicht verschwommen zu sehen. Flugleiter Joachim Kost beobachtet vom Tower aus die Startvorbereitungen einer zweimotorigen Turboprop-Maschine auf dem Vorfeld. Ein paar Klicks am Computerbildschirm und er lässt die bunten Lampen der Flugfeldbefeuerung aufflammen. Die Motoren des Flugzeugs starten. Die Maschine rollt zur Bahn, nimmt Anlauf und hebt ab. Der verregnete Nachthimmel verschluckt sie sofort.
Noch vor einem halben Jahr wäre ein solcher Start vom Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt nicht möglich gewesen. Nicht unter diesen Wetterbedingungen, sagt Kost. Dass der Flieger mit den Geschäftsleuten an Bord dennoch abheben durfte, trotz eingeschränkter Sicht, hat einen Grund: Seit 19. September 2013 ist der Haßfurter Flugplatz seit für den Instrumentenflugbetrieb (Luftraum F) zugelassen. Seitdem dürfen dort, vereinfacht gesagt, Flugzeuge auch dann noch starten und landen, wenn ein reiner Sichtflug nicht mehr möglich ist.
Der Instrumentenflug ist jedoch an bestimmte Wetterbedingungen gekoppelt, sagt Flugleiter Kost, der als einer von sechs Flugleitern am Verkehrslandeplatz den Flugverkehr überwacht: Die Wolkenuntergrenze muss beispielsweise bei mindestens 420 Fuß liegen. Das sind etwa 140 Meter – nicht viel, wenn landende Flugzeuge mit 200 Sachen ankommen. Die Mindestsichtweite: 1500 Meter. An diesem Abend liegt sie bei 2300. Der Flugleiter im Tower kann dies am Bildschirm ablesen. Die am Flugfeld ermittelten Wetterdaten erscheinen dort. Auch eine Neuerung im Zuge des Ausbaus des Flugplatzes zum Luftraum F. Nach den ersten vier Monaten Instrumentenflugbetrieb ist Günter Mendel „positiv überrascht“ von den bisherigen Erfahrungen. Bis zum 11. Dezember 2013 verzeichnete der Geschäftsführer des Verkehrslandeplatzes Haßfurt-Schweinfurt 111 Flugbewegungen unter Instrumentenflugbedingungen – zusätzlich zu den Starts und Landungen, die nichts mit dem Luftraum F zu tun haben.
Geschäftsflüge
Es sind überwiegend Geschäftsflüge. Bekanntlich pendeln Mitarbeiter von SKF viermal wöchentlich zwischen dem Konzernsitz in Göteborg (Schweden) und Haßfurt; von dort aus fahren sie per Taxi zum Firmenstandort in Schweinfurt. Das Schweinfurter Unternehmen Kroschke nutzt den Landeplatz Haßfurt etwa zweimal im Monat, berichtet Mendel.
Er ist davon überzeugt, dass dank des Luftraums F gerade die Zahl der Geschäftsflüge ab/nach Haßfurt noch zunimmt. „Das haben uns die Piloten schon immer gesagt: Wenn ein Flugplatz erst mal als Instrumentenflugplatz zugelassen ist, dann landen dort automatisch mehr Flieger“, sagt der Geschäftsführer. Das liegt vor allem daran, dass Geschäftsflüge automatisch nach Flugplan durchgeführt werden. Und eine Voraussetzung dafür ist der Instrumentenflug. Flugplätze ohne entsprechende Einrichtungen werden für Geschäftsflüge meist gar nicht erst berücksichtigt. Für manche Geschäftsflieger aus dem Nordbayerischen dürfte der Haßfurter Flugplatz damit erst im September 2013 auf dem Radar aufgetaucht sein.
„Wir spielen jetzt sozusagen in der zweiten Liga“, sagt Mendel. Die erste Liga, das sind die großen Airports, darunter die drei bayerischen: München, Nürnberg und Memmingen. Die zweite Liga sind die weiteren Luftraum-F-Landeplätze. In Unterfranken ist dies neben Haßfurt nur noch Giebelstadt bei Würzburg. In Oberfranken zählen Bayreuth, Hof und (eingeschränkt) Coburg dazu. In Mittelfranken gibt es neben dem Flughafen Nürnberg keinen zweiten Flugplatz, der die Voraussetzungen zum Instrumentenflug erfüllt. Für Rest-Bayern sind Eggenfelden, Oberpfaffenhofen und Straubing zu nennen. Alles in allem sind es rund 60 Flugplätze in Deutschland mit Freigabe zum Luftraum F, so Mendel.
Die nächstgelegenen Flugplätze in Oberfranken bereiten dem Geschäftsführer des Haßfurter Platzes keine Sorgen. „Konkurrenz belebt das Geschäft. Je besser ein Flugplatz in die Region eingebunden ist, desto besser nutzt ihn die regionale Wirtschaft.“ Geschäftsleute seien kaum bereit, länger als eine Stunde zu einem Flugplatz zu fahren. Deshalb habe man auch versucht, Brose dazu zu gewinnen, seine Geschäftsflüge von Haßfurt aus abzuwickeln. Doch bekanntlich hat sich der Bamberger Konzern entschlossen, den Flugplatz Bamberg-Breitenau, vor seiner Haustür, auszubauen. Haßfurt nimmt dieser Flugplatz dennoch keine Kunden weg, denn als Sonderlandeplatz steht er in erster Linie Brose-Flügen offen und hat keine festen Öffnungszeiten.
Mit dem Luftraum F haben sich die Gesellschafter des Verkehrslandeplatzes Haßfurt-Schweinfurt seit 1999 beschäftigt, berichtet Mendel. Ende 2008 beschlossen sie grundsätzlich, den Platz für den Instrumentenflug auszubauen. In erster Linie nachträglich verschärfte Sicherheitsbestimmungen durch die Deutsche Flugsicherung und das Verkehrsministerium verzögerten den Abschluss des Ausbaus bis ins zurückliegende Jahr hinein. Am Ende verteuerte sich der Ausbau von geschätzten 750 000 (Stand: 2008) auf 918 000 Euro.
Eine Änderung, die mit dem Luftraum F zusammenhängt, steht noch bevor, kündigt Mendel an: Die Flugplatzgebühren für Geschäftsflieger werden erhöht, „moderat, um etwa zehn Prozent“. Was angesichts der großen Investitionen nicht verwundert. Derzeit zahlen Geschäftsflieger bis zu 92 Euro pro Landung, plus etwaige Entgelte für Befeuerung und Zusatzgebühren für Sonderlandezeiten oder das Abstellen der Flugzeuge. Die Preise laut Entgeltordnung vom Mai 2009 sind gestaffelt: je größer und lauter ein Flugzeug ist, und je mehr Dreck es in die Luft pustet, desto mehr zahlt es für die Landung.
Zahlen und Fakten zum Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt
Gesellschafter des Verkehrslandeplatzes Haßfurt-Schweinfurt sind zu je 30 Prozent die Städte Haßfurt, Schweinfurt und der Landkreis Haßberge sowie zu circa neun Prozent die Verkehrslandeplatz GmbH und zu circa einem Prozent der Motorflugclub Haßfurt. Die drei Hauptgesellschafter bezuschussen den laufenden Betrieb mit je 25 000 Euro pro Jahr. An der Investition von 918 000 Euro für den Ausbau zum Luftraum F (Instrumentenflugbetrieb) beteiligt sich der Freistaat Bayern mit 40 Prozent an den zuwendungsfähigen Kosten, den Rest teilen sich die Gesellschafter.
Im vergangenen Jahr gab es am Flugplatz in Haßfurt rund 15 000 Flugbewegungen (Starts und Landungen), nennt Geschäftsführer Günter Mendel eine vorläufige Zahl; das Hochwasser im Juni und zehntägige Bauarbeiten, die den Flugbetrieb lahmgelegt haben, hätten die Statistik belastet. Im Jahr 2012 waren es 15 264 Flugbewegungen, 2011 waren es 17 766 und 2010 waren es 14 488. In den Jahren 2010 bis 2012 (für 2013 liegen noch keine Zahlen vor) meldete Haßfurt immer die meisten Flugbewegungen im Vergleich zu den nächstgelegenen Flugplätzen in Bayreuth, Coburg, Giebelstadt, Bamberg und Hof-Plauen, wobei in Bayreuth, Giebelstadt und Bamberg bis zu gut die Hälfte der Flugbewegungen auf Segelflugzeuge entfielen, die in Haßfurt kaum ins Gewicht fallen. Text: MIM