Am zweiten Verhandlungstag fiel bereits das Urteil: Das Schöffengericht am Amtsgericht Haßfurt hat den 33-jährigen Angeklagten, der am 10. April 2022 den tödlichen Unfall auf der Mainbrücke bei Horhausen (Lkr. Haßberge) verursacht hat, am Donnerstag wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Freiheitstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren kann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, der Verurteilte muss also in Haft. Aber auch bei einem Strafmaß von zwei Jahren wäre der Angeklagte nicht auf freiem Fuß geblieben, stellte Vorsitzender Richter Christoph Gillot in seiner Urteilsbegründung klar heraus.
Wer zwischen dem Kreisverkehr von Untertheres und der Mainbrücke bei Horhausen sein Auto, das ein "Geschoss" darstelle, im Grenzbereich ausfahre, der verdiene keine Bewährung, sagte Gillot. "Das würde die Allgemeinheit nicht verstehen".
In dem Prozess war klargeworden, dass der Angeklagte am Unfallabend mit seinem schweren SUV mit mindestens 120 Stundenkilometern im Baustellenbereich der Mainbrücke gefahren sein muss. Dort hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 50 gegolten. Es sei sein Ziel gewesen, Maximalgeschwindigkeit auf dem Streckenabschnitt zu erreichen, glaubt das Gericht. Jedoch schaffte der 33-Jährige die S-Kurve von der Behelfsbrücke zurück auf die normale Fahrbahn nicht mehr, geriet in den Gegenverkehr und kollidierte frontal mit dem Kleinwagen einer 55-Jährigen, die noch an der Unfallstelle verstarb.
Gericht: Gefährdungsvorsatz, aber keinen Tötungsvorsatz
Für das Schöffengericht ist es erwiesen, dass der Angeklagte einen Gefährdungsvorsatz hatte. Ihm sei bewusst gewesen, dass er sich und andere mit seiner Fahrweise in Gefahr bringe, habe aber geglaubt, brenzlige Situationen meistern zu können. "Er hat ernsthaft darauf vertraut, dass es schon gut geht", sagte der Vorsitzende Richter. Einen bedingte Tötungsvorsatz unterstellten Gillot und die beiden Laienrichter dem Unfallverursacher aber nicht. Ein entscheidender Unterschied: Andernfalls hätte der Fahrer des Mordes angeklagt werden können, wie die Nebenklägeranwälte gefordert hatten.
Für die Verursachung des tödlichen Unfalls verhängte das Gericht am Donnerstag eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Vergleichsweise gering fiel damit das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ins Gewicht. Zum einen, weil der Angeklagte zunächst offenbar selbst mithelfen wollte, das Unfallopfer zu bergen. Zum anderen, weil auch in der Hauptverhandlung die genauen Gründe und Umstände der Unfallflucht nicht geklärt werden konnten. Im Raum stand die gezielte Vertuschung von Alkoholkonsum ebenso wie eine Verzweiflungshandlung in einer psychischen Ausnahmesituation.
Die Verteidigung hatte um eine Bewährungsstrafe gekämpft
Martin Reitmaier, der Verteidiger des Angeklagten, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er und sein Mandant "um Bewährung kämpfen, um nichts anderes". Der Anwalt ließ noch vor dem Urteil durchblicken, dass er im Falle einer Haftstrafe in Berufung gehen werde.
Staatsanwalt Julian Schmidt hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert. Die beiden Nebenklägervertreter Thomas Gärtner und Alexander Wessel hatten per "Hilfsantrag" auf vier Jahre Freiheitsentzug plädiert. Hilfsantrag deshalb, weil sie auch am Ende der Hauptverhandlung der Meinung waren, das Amtsgericht mit seinem maximalen Strafrahmen von vier Jahren sei die falsche Instanz. Für sie hätte der Fall aufgrund seiner Schwere von Anfang an ans Landgericht Bamberg verwiesen werden müssen.
Berufung oder Revision? Gang in die nächst höhere Instanz ist wahrscheinlich
Weil somit wahrscheinlich ist, dass mindestens eine Partei Rechtsmittel einlegt, gab Richter Gillot den Prozessbeteiligten mit, genau zu überlegen, ob sie in Berufung oder Revision gehen wollen. "Dann geht das Ganze noch einmal von vorne los." Er hatte dabei wohl vor allem im Blick, was für ihn das Hauptmerkmal des Prozesses war: "Das ist Leid, sehr viel Leid." Zu Beginn seiner Urteilsverkündung meinte er damit nicht nur die schwer vom Schicksalsschlag gezeichnete Familie der verstorbenen 55-Jährigen. Sondern auch den Unfallfahrer und seine Angehörigen. Seine Kinder im Grundschulalter waren nach dem Unglück offenbar beschimpft und bedroht worden.
Wie gut aber für den Täter, daß es keine Hölle und keinen Gott gibt.