Landkreise haben keine nennenswerten eigenen Steuereinnahmen. Also holen sie sich zur Finanzierung ihrer Aufgaben Geld von den Kommunen. Das nennt sich Kreisumlage. Der gerade vom Kreistag Haßberge beschlossene Haushalt hat ein Volumen von 90 Millionen Euro. Er ist in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen; genau genommen sieht er ein Plus von 900 Euro vor. Ein Riesenbatzen, mehr als die Hälfte der Einnahmen, knapp 46 Millionen Euro, kommt über die Kreisumlage herein.
Die Kommunen haben kein Mitspracherecht bei der Kreisumlage. Doch ihr "Hebesatz" wird vom Kreistag beschlossen, dem in den Haßbergen wie anderswo viele Bürgermeister und Gemeinderäte angehören, die ein Interesse daran haben müssen, die Belastungen für ihre Gemeinden möglichst niedrig zu halten.
Die von Landrat Wilhelm Schneider in der Haushaltssitzung des Kreistags am Montag vorgeschlagene Erhöhung des Hebesatzes um einen Prozentpunkt auf 45,5 erregte allerdings keinen Widerstand, nicht einmal Diskussion. Die kreiseigenen Kommunen haben zuletzt überdurchschnittlich stark von Schlüsselzuweisungen - dem kommunalen Finanzausgleich durch den Freistaat - und Ausgleichszahlungen für den pandemiebedingten Ausfall der Gewerbesteuer profitiert. Also waren sich die Kreisrätinnen und Kreisräte darin einig, dem Landkreis ein größeres Stück ihres Kuchens abtreten zu können: Die Kreisumlage 2022 liegt um rund 5,7 Millionen Euro höher als in den drei Vorjahren.
Umgerechnet zahlt jeder Bürger 545 Euro ans Landratsamt
Rechnet man die Kreisumlage pro Kopf um, so muss jeder Kreisbürger (Einwohnerzahl zirka 84 400) rund 545 Euro ans Landratsamt abtreten. Von den 71 bayerischen Landkreisen lagen die Haßberge bezüglich der Höhe dieses Pro-Kopf-Beitrags im Vorjahr auf Rang 70, sind aber nun auf Position 64 vorgerückt: Eine positive Entwicklung, bedeutet dies doch, dass die Kommunen nun finanziell besser dastehen.
Nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Landkreise können in den Genuss von Schlüsselzuweisungen kommen, die sich im Freistaat im laufenden Jahr insgesamt auf vier Milliarden Euro belaufen. Von den Mitteln, die Unterschiede in der Steuerkraft abmildern und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen stärken sollen, entfallen in 2022 auf die Haßberge ziemlich genau 16 Millionen Euro.
Der Bezirk will auch mehr Geld haben
Das sind gut 700 000 Euro weniger als im Vorjahr. Macht nichts, könnte man meinen, dafür sprudelt ja die Kreisumlage umso reichlicher. Wenn da nur die Bezirksumlage nicht wäre. So wie die Landkreise ihren kreisangehörigen Kommunen in den Geldbeutel greifen, tun dies die Bezirke bei ihren Landkreisen. Und bei den Haßbergen tut dies der Bezirk Unterfranken diesmal um gut 2 Millionen Euro tiefer. 20,2 Millionen Euro muss der Landkreis heuer nach Würzburg überweisen, zuletzt waren es 16,1 Millionen (2019), 17,9 (2020) und 18,3 im vergangenen Jahr. Es sind laut Landrat Schneider vor allem die Sozialleistungen, die den Finanzbedarf des Bezirks immer weiter nach oben schrauben.
Aktuell die niedrigste Verschuldung seit 20 Jahren
Mit der Bezirksumlage übrigens könnte der Landkreis Haßberge seine gegenwärtige Verschuldung gleich doppelt zurückzahlen. Sie liegt, rechnet man die "durchgereichten Kredite" an die Haßberg-Kliniken nicht mit ein, bei 9,7 Millionen Euro - "der niedrigste Wert seit 20 Jahren", wie Landrat Schneider verkündete.
Doch die rosige Entwicklung kehrt sich wieder um: In 2022 wird sich der Landkreis um 6 Millionen Euro neu verschulden, was, laufende Tilgungen herausgerechnet, einer Nettokreditaufnahme von gut 4 Millionen Euro entspricht. Und der Kreis muss sich noch mehr Geld leihen - laut Finanzplanung stehen die Haßberge dann Ende 2025 mit rund 22,3 Millionen Euro in der Kreide. "Angesichts der für Investitionen aufzubringenden Eigenmittel von 2022 bis 2025 in Höhe von 28,9 Millionen Euro ein kaum vermeidbarer, aber doch überschaubarer Wert", findet der Landrat.
Investitionsbedarf von 70 Millionen Euro in den nächsten Jahren
Denn allein für 2022 sind Investitionen in Höhe von 18,9 Millionen Euro eingeplant für die Generalsanierung der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt, den Neubau des Eberner Gymnasiums oder den Brandschutz im Landratsamtsdienstgebäude am Herrenhof. Schneider sprach von einem Investitionsbedarf in den kommenden Jahren von rund 70 Millionen Euro - allesamt für Maßnahmen, die unbedingt erforderlich seien.
Nicht umsonst habe der Landkreis aufgrund seiner mäßigen Finanzkraft und der Belastungen durch die Haßberg-Kliniken Sonderzahlungen erhalten, zuletzt in 2021 in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro: Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen vom Land, in deren Genuss Kreise, Städte und Gemeinden in besonderen Notlagen erhalten, wenn sie unverschuldet hineingeraten sind.
Eine Zeit der Konsolidierung ist in Sicht
Schon in diesem Jahr wird die Pro-Kopf-Verschuldung der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Haßberge von 115 auf 163 Euro steigen. Aber Landrat Wilhelm Schneider deutete auch auf einen Silberstreif am Horizont hin für die Bevölkerung und die Kommunen: 2024 dürften die großen Investitionsmaßnahmen weitgehend abgeschlossen sein, "sodass danach wieder Zeit für eine Konsolidierung ist", blickte der Landrat im Kreistag nach vorne.