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Schweinshaupten
TV-Serie "Um Himmels Willen": So würde es einem Polizisten in den Haßbergen ergehen
In einer neuen Folge der ARD-Serie fällt der Name "Schweinshaupten". Völlig unerwartet. Wie es dazu kam und was ein echter Polizist aus Schweinshaupten darüber denkt.
Diese Szene aus der TV-Serie "Um Himmels Willen" mit Fritz Wepper (links) und Lars Weström erregte vor ein paar Wochen in Schweinshaupten Aufsehen.
Foto: Bernd Neubauer/DasErste/ndF | Diese Szene aus der TV-Serie "Um Himmels Willen" mit Fritz Wepper (links) und Lars Weström erregte vor ein paar Wochen in Schweinshaupten Aufsehen.
Markus Erhard
Markus Erhard
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:41 Uhr

Die Neuigkeit verbreitete sich in dem kleinen Örtchen vor wenigen Wochen wie ein Lauffeuer: Schweinshaupten im Fernsehen! Es geht um eine Szene aus der ARD-Vorabendserie "Um Himmels Willen". Fritz Wepper in seiner Rolle als Bürgermeister Wolfgang Wöllner droht dem Polizisten Anton Meier, gespielt von Lars Weström, in der Folge "Späte Wahrheit" der aktuellen Staffel mit Versetzung in die Provinz, falls dieser nicht einem Fall von angeblichem Rufmord nachgeht. "Entweder Sie regeln das, oder Sie regeln in Zukunft den Verkehr in Schweinshaupten", sagt der Bürgermeister und legt nach: "Und ich meine nicht Oberschweinshaupten!"

In den sozialen Medien schickten die Schweinshauptener Fotos und Videos der Szene in den Folgetagen munter hin und her. Die Begeisterung im Dorf war groß. Und eine Verwechslung ausgeschlossen. "Denn Schweinshaupten gibt es auf der Welt nur einmal!" Das sagt Bernd Thein. Der 60-Jährige ist ein waschechter "Schweistner", ist in dem 200-Seelen-Dorf aufgewachsen, hat hier geheiratet, ein Haus gebaut und mit seiner Frau drei Kinder großgezogen. Bis April dieses Jahres war er selbst Polizist. 35 Jahre lang tat er seinen Dienst bei der Polizeiinspektion Haßfurt. Am nördlichsten Zipfel des Einzugsbereichs der Haßfurter Dienststelle liegt Schweinshaupten in der Gemeinde Bundorf. Wer also könnte sich professioneller zu der Szene äußern als Bernd Thein?

Bernd Thein ist pensionierter Polizeihauptkommissar aus Schweinshaupten. Die Erwähnung seines Heimatortes in der TV-Serie "Um Himmels Willen" hat seinen kriminalistischen Spürsinn geweckt.
Foto: Markus Erhard | Bernd Thein ist pensionierter Polizeihauptkommissar aus Schweinshaupten. Die Erwähnung seines Heimatortes in der TV-Serie "Um Himmels Willen" hat seinen kriminalistischen Spürsinn geweckt.

"Ich war baff! Dass Schweinshaupten in der Serie genannt wurde, das war der Hammer - im positiven Sinn", sagt der pensionierte Polizeihauptkommissar im Gespräch mit dieser Redaktion. Fritz Wepper, der jahrelang selbst in der Rolle des Kriminalpolizisten Harry Klein an der Seite des großen Horst Tappert alias Stephan Derrick Verbrecher jagte, versucht nun, als Bürgermeister einer Kleinstadt einen Polizisten zu beeinflussen. Für Thein ist das eine tolle Geschichte und eine schöne Werbung für den Ort. Familienmitglieder und Freunde aus allen Teilen Deutschlands haben ihn in den vergangenen Wochen darauf angesprochen.

Wie realistisch ist die Szene?

Wenngleich die Szene seiner Meinung nach auch ein Stück weit absurd anmutet - oder zumindest nicht besonders nahe an der Realität. Zum einen ist Polizist Anton Meier laut der Rangabzeichen auf seinen Schultern ein Polizeihauptmeister und somit kein einfacher Wachtmeister, obwohl er in der Serie immer als solcher bezeichnet wird. Zum anderen hält es Thein für völlig ausgeschlossen, dass ein Bürgermeister einem Polizisten heutzutage mit einer Versetzung drohen könnte. Denn seit 1975 gibt es keine Gemeindepolizei mehr in Bayern. Ein Bürgermeister hat seitdem keinerlei Weisungsrecht gegenüber einem Polizisten, könnte ihm also weder einen Auftrag erteilen, noch seine Versetzung veranlassen. Und gibt es ein Oberschweinshaupten? "In Schweinshaupten gibt es ein Ober- und ein Unterdorf, aber ein Oberschweinshaupten gibt es nirgendwo", sagt Thein - da haben die TV-Leute ihrer Fantasie offensichtlich freien Lauf gelassen.

Was hätte in Polizist in Schweinshaupten zu tun?

Aber wie wäre das, ein Leben als Verkehrspolizist in Schweinshaupten? "Ein Traumjob", findet Thein. "Wir haben hier nur eine Kreuzung und das ist kein Unfallschwerpunkt", sagt der 60-Jährige. Hier braucht es keinen Verkehrspolizisten. Thein weiß, wovon er spricht, hat er doch in jungen Jahren selbst in Nürnberg Dienst als ganz in Weiß gekleideter Schutzmann auf einer großen Kreuzung leisten müssen. Ein echter Knochenjob sei das. "Nach einer Stunde bist du da fix und fertig." In Schweinshaupten aber, wo alle paar Minuten mal ein einzelnes Auto durchrollt, hat nicht einmal ein Zebrastreifen eine Daseinsberechtigung, geschweige denn ein Verkehrspolizist.

Zwischen Feldern, Wäldern und Bergen liegt Schweinshaupten, ein Ort mit nur 200 Einwohnern.
Foto: Markus Erhard | Zwischen Feldern, Wäldern und Bergen liegt Schweinshaupten, ein Ort mit nur 200 Einwohnern.

Auch sonst hätte Wachtmeister Meier in Schweinshaupten ein sehr ruhiges Leben. In den vergangen 40 bis 50 Jahren kann sich Thein an kein Verbrechen in seinem Heimatort erinnern. Es gibt hier keine Bank und keine Tankstelle, die auszurauben sich lohnen würde. Ab und zu gebe es Fälle von häuslicher Gewalt, denen die Polizei nachgehen muss. Vielleicht verteilen die Ordnungshüter auch mal einen Strafzettel - aber weniger fürs Falschparken, sondern eher, wenn der TÜV am Fahrzeug abgelaufen ist oder ein Reifen abgefahren. Im Großen und Ganzen gilt aber für Schweinshaupten: Hier ist die Welt noch in Ordnung. Mehr zu tun haben die Beamten der Polizeiinspektion Haßfurt da schon in den Städten und in den großen Gemeinden im Maintal. Im Norden des Landkreises dagegen ist es für gewöhnlich sehr ruhig, sagt Thein aus Erfahrung.

Warum ausgerechnet Schweinshaupten?

Aber warum nennt der Bürgermeister in der Szene ausgerechnet Schweinshaupten? Warum nicht Gückelhirn? Oder irgendein anderes Örtchen mit einem lautmalerischen Namen? Diese Frage weckte in Bernd Thein den kriminalistischen Spürsinn. Er fragte per E-Mail nach bei der ARD, bekam aber lediglich zur Antwort, dass es in der Serie nur um Unterhaltung gehe, die Nennung also keinen besonderen Grund habe. Damit wollte sich Thein jedoch nicht zufriedengeben. Er persönlich glaubt, die im vergangenen Jahr verstorbene Irm Hermann habe da ihre Finger im Spiel. Die bekannte Schauspielerin besaß nämlich in Schweinshaupten viele Jahre lang ein Ferienhaus. Thein vermutet, dass Hermann einem Regisseur der Serie davon erzählt haben könnte, wie schön und ruhig es in dem 200-Seelen-Dörfchen zugeht, und damit Eindruck hinterlassen habe.

Schweinshaupten ist ein Gemeindeteil von Bundorf. Dass der Ortsname kürzlich in der TV-Serie "Um Himmels Willen" auftauchte, sorgte für Aufregung unter den 200 Einwohnern.
Foto: Markus Erhard | Schweinshaupten ist ein Gemeindeteil von Bundorf. Dass der Ortsname kürzlich in der TV-Serie "Um Himmels Willen" auftauchte, sorgte für Aufregung unter den 200 Einwohnern.

Die Produktionsfirma ndF allerdings hat eine andere und recht simple Erklärung. In einer E-Mail an Bundorfs Bürgermeister Hubert Endres, der ebenfalls auf Spurensuche gegangen war, heißt es, das Produktionsteam habe für diese Szene nach einem witzigen oder ungewöhnlichen Namen einer bayerischen Gemeinde gesucht. Es habe eine längere Liste gegeben und die Wahl sei schließlich auf Schweinshaupten gefallen. Der entsprechende Briefwechsel des Bürgermeisters mit den Fernsehmachern wird in der nächsten Ausgabe des Bundorfer "Gemee Bläddla" zu lesen sein, sagt Endres. Dass Schweinshaupten in der Serie noch einmal zum Thema wird, ist übrigens ausgeschlossen. Die aktuelle Staffel ist gleichzeitig auch die letzte, die Serie wurde abgesetzt. 

Die komplette Folge "Späte Wahrheit" der Serie ist in derMediathek der ARD abrufbar. Die Szene mit Bürgermeister Wöller und Polizist Meier beginnt bei Minute 16.

Die TV-Serie "Um Himmels Willen"

Die Serie: Die Vorabendserie "Um Himmels Willen" spielt in der fiktiven niederbayerischen Stadt Kaltenthal. Im Mittelpunkt stehen die widerspenstige Nonne Hanna Jakobi (Janina Hartwig) und der schlitzohrige Bürgermeister Wolfgang Wöller (Fritz Wepper), die um das Schicksal eines Klosters und der Stadt ringen. In 20 Staffeln produzierte die ndF: neue deutsche Filmgesellschaft mbH im Auftrag der ARD insgesamt 260 Folgen.
Bürgermeister Wolfgang Wöller: Als Bürgermeister Wöller spielt Fritz Wepper in der Serie den Gegenspieler der Klosterschwestern. Er versucht immer wieder, das Kloster gewinnbringend zu verkaufen und scheitert stets am Widerstand der Schwester Hanna.
Polizist Meier: Wachtmeister Anton Meier (Lars Weström) ist ein grundehrlicher Mensch mit dem Herz am rechten Fleck. Er gerät immer wieder zwischen die Fronten von Nonne und Bürgermeister.
Quelle: ARD
 
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