
Die Tierschutzinitiative Haßberge (TI Haßberge) zieht einen Schlussstrich. Der Verein übernimmt künftig nicht mehr die Kastration von herrenlosen Katzen aus dem Landkreis. Es ist eigentlich ein Paradoxon - bekommen die Tierschützer doch gerade die Auswirkungen durch unkastrierte Tiere zu spüren.
"Dieses Jahr ist es eine völlige Katastrophe", sagt Britta Merkel, die erste Vorsitzende der TI Haßberge. Zuletzt mit dem Herbst sei auch ein unerwartet großer Schub an Katzenkindern auf die Welt gekommen. Seit Anfang September bekomme der Verein täglich neue Anfragen, ob sie Katzenwelpen aufnehmen könne, berichtet sie. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Pro Katze bis zu 15 Welpen im Jahr
Die Weibchen werden mittlerweile drei Mal anstatt wie noch vor einigen Jahren zwei Mal im Jahr rollig, erklärt Simone Nowak, Leiterin des Veterinäramts Haßberge. Eine Katze setze so bis zu 15 neue Welpen im Jahr in die Welt, denn im Durchschnitt bekomme sie drei bis fünf Welpen pro Wurf.
Ein weiteres Problem: Laut Nowak kastrieren viele Katzenbesitzer nur ihren Kater, nicht jedoch das weibliche Pendant. Der Grund: Die Kastration von männlichen Katzen sei günstiger als die der weiblichen Tiere. "140 Euro kostet die Kastration bei Weibchen, 100 Euro bei Männchen", informiert Merkel.

"Wir kastrieren seit 13 Jahren Katzen, pro Jahr sind es locker 150 Stück." Über die vergangenen Jahre habe die Tierschutzinitiative deshalb mehrere Tausend Euro dafür ausgegeben. Doch für die TI Haßberge ist es ein Kampf gegen Windmühlen: Oft reiche ein unkastrierter Nachbarskater aus, um die Katzenpopulation wieder in die Höhe zu treiben.
Tiere anfüttern wird zum Problem
Problematisch seien auch Personen, die die herrenlosen Katzen füttern, sie aber nicht besitzen und sich nicht weiter um die Tiere kümmern. "Was man füttert, vermehrt sich", sagt Nowak. Es sei ein Teufelskreis, denn ein Wurf reiche aus – "dann geht's schon wieder rund." Weil Kätzinnen schon ab dem sechsten Lebensmonat rollig werden können, müssen auch sie zeitnah kastriert werden.
Warum also stoppt die TI Haßberge die Kastrationen, obwohl sie so dringend benötigt werden? Der Verein kritisiert die mangelnde Unterstützung der Kommunen. Ihnen gelte aber dennoch kein Vorwurf, wie Merkel versichert. Denn oftmals würden sich die Bürgerinnen und Bürger direkt an die Tierschützer wenden, und nicht zuerst an die jeweilige Gemeinde: "Die Kommunen wissen gar nicht, dass es ein Problem gibt."
Auf Nachfrage dieser Redaktion bei allen Kommunen des Landkreises haben die Gemeinden Rentweinsdorf, Theres, Ebern, Gädheim, Sand am Main, Oberaurach, Zeil und Eltmann geantwortet. Sie bestätigen unisono, dass es in ihren Ortschaften sowohl in der Vergangenheit als auch derzeit kein Problem mit Streunerkatzen gebe. Die Ausnahme: In Oberaurach als auch in Ebern seien in der Vergangenheit Katzen auf Kosten der Gemeinde kastriert worden.
Ganz anders sei die Situation aktuell jedoch in Bundorf: "Wir haben in unserer Gemeinde einiges an Potenzial", sagt Bürgermeister Hubert Endres. Rund 40 Streunerkatzen gebe es im Ort und den Gemeindeteilen, schätzt er. Zwar habe die Gemeinde vor einigen Jahren bereits eine Kastrationsaktion durchgeführt, mittlerweile habe sich die Lage aber wieder zugespitzt.
Wunsch nach besserer Zusammenarbeit
Laut Merkel sei bei dem Thema vor allem die Zuständigkeit ein Problem. So falle diese bei Fundtieren an den Zweckverband Fundtier Haßberge, dem alle 26 Kommunen des Kreises angeschlossen sind. Pro Jahr unterstützt er die Tierschutzinitiative mit einer Beitragspauschale, im vergangenen Jahr belief sich der Betrag, der auf den Einwohnerdaten des Landkreises basiert, auf 84 409 Euro. Dadurch decke das Tierheim einen Teil der laufenden Kosten, die sich auf rund 200 000 Euro jährlich belaufen, erklärt Merkel.
Doch der Zweckverband Fundtier Haßberge kümmert sich, wie der Name schon sagt, ausschließlich um Fundtiere. Für herrenlose Katzen, die von den Bürgerinnen und Bürgern gefüttert und geduldet werden, sei der Verband nicht zuständig, wie der Vorsitzende Dieter Möhring erklärt. Denn eine herrenlose Katze gilt per se nicht als Fundtier.
Zukünftig neues Projekt für Katzenkastration?
Wird also eine solche Katze kastriert, trage die Kosten dafür laut Merkel alleine die TI Haßberge. Finanziert werde die Kastration dann beispielsweise mithilfe von Spenden, die das Tierheim erhält. "Wir wollen uns dennoch nicht vor der Verantwortung drücken, dass wir gemeinsam etwas unternehmen", informiert Möhring. Deshalb plane er, dass im Verband noch in diesem Jahr über eine weitere Unterstützung für das Tierheim in Bezug auf die Katzenkastration gesprochen werde.
Für Merkel sei zukünftig ein Projekt in Zusammenarbeit mit den Kommunen denkbar. Die Vorsitzende hofft, dass die Zuständigen dadurch erkennen, wie ernst die Lage im Landkreis ist. "Wir können das finanziell einfach nicht mehr übernehmen." Deshalb wünsche sie sich, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises wegen Problemen mit herrenlosen Katzen künftig zuerst schriftlich an ihre jeweilige Kommune wenden.