
Die Bilder, die am Sonntag im Fernsehen zu sehen waren, sind nichts für schwache Nerven. Ein verdreckter Kellerraum, der Boden voll mit Hundekot und -urin. Bei der Vorstellung, dass ein Tier monate- oder sogar jahrelang in diesem Raum eingesperrt leben musste, kann es einem den Magen umdrehen.
"Wie viele Monate oder Jahre er da gelebt hat, können wir nicht sagen. Ich kann nur sagen: Uns Menschen sind die Tränen in die Augen geschossen, wegen dem Ammoniakgeruch", berichtet Britta Merkel, Leiterin des Tierheims Haßberge, in der RTL-Sendung "Die Unvermittelbaren" von dem Tag, als Hund Siggi aus dieser Lage befreit wurde. Selbst sie habe in all den Jahren etwas in der Form noch nicht gesehen.
Vom Tierheim bis ins neue Zuhause – wenn die Vermittlung klappt
Siggis tragische Geschichte ist Teil der letzten regulären Folge der Doku-Serie. Darin werden die Schicksale von Hunden aus verschiedenen Tierheimen in ganz Deutschland gezeigt. Zu sehen ist in der Sendung, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Tierheimen zusammen mit einem Team aus professionellen Hundetrainerinnen und -trainern die Tiere, die als schwere Fälle gelten, auf eine Vermittlung vorbereiten. Die Sendung begleitet die Tiere über mehrere Monate, und zeigt auch, wie sie schließlich in einem neuen Zuhause ankommen – zumindest in den Fällen, in denen eine Vermittlung funktioniert.
Mit dabei sind alle möglichen Arten von "unvermittelbaren" Hunden, von verhaltensauffälligen Tieren bis hin zu Tieren, die aufgrund ihrer Gesundheitsprobleme kein neues Zuhause finden. Durch die Sendung führt Promi-Hundetrainer Martin Rütter, der die einzelnen Fälle kommentiert und Hintergründe dazu erklärt – sowohl zum Verhalten der Tiere als auch zum richtigen Umgang mit ihnen.
Zweimal Happy End mit glücklicher Vermittlung – aber nicht für Siggi
In der zweiten Staffel der Serie, die in den letzten Wochen auf RTL zu sehen war, waren über die fünf Folgen verteilt insgesamt drei Hunde aus dem Tierheim für den Landkreis Haßberge in Zell dabei. Zwei dieser Geschichten hatten ein Happy End und die Hunde fanden ein neues Zuhause, in dem sie liebevoll aufgenommen wurden. In der fünften und letzten Folge dagegen kam Siggi an die Reihe, der wohl den Rest seines Lebens im Tierheim verbringen muss.

Als im Dezember zum letzten Mal ein Filmteam im Tierheim Haßberge drehte, war auch diese Redaktion mit einem Reporter und einer Fotografin dabei. "Wir wollen in der Sendung ja eigentlich zeigen, dass man viele Hunde eben doch noch vermitteln kann", hatte Regisseur und Autor Joachim Vollenschier damals im Gespräch mit dem Main-Post-Redakteur gesagt. "Aber hier haben wir einen Fall, an dem man erzählen kann, dass man auch an seine Grenzen kommen kann."
Kein Verbrecher, sondern ein Opfer
Das macht auch die Erzählerstimme in der Sendung von Anfang an klar: "Manchmal erinnern Tierheime an Hochsicherheitstrakte im Gefängnis. Und manchmal kommt sich Tierheimleiterin Britta dort vor wie eine Schließerin. Zum Beispiel wenn Siggi – man könnte sagen – Freigang bekommt." Währenddessen ist zu sehen, wie Britta Merkel Tore aufschließt, um das aggressive Tier von seinem Zimmer in den Auslauf im Freien zu lassen – und die Tür sofort hinter ihm wieder absperrt. "Aber obwohl er Angst und Schrecken verbreiten kann: Siggi ist kein Schwerverbrecher. Siggi ist ein Opfer", sagt der Erzähler weiter.

Daraufhin ist zu hören, wie Britta Merkel Siggis Vorgeschichte erzählt. Und die hat es in sich. Siggi ist ein Holländischer Schäferhund. "Der Züchter hat ausschließlich für die Polizei gezüchtet, das heißt, da ist schon ein gewisser Saft dahinter", beschreibt Merkel den Charakter des Hundes. "Und der Hund – so muss man sagen – ist zu einem Blödmann verkauft worden."
Elektroschockhalsbänder: Verboten, aber frei verkäuflich
Dieser Vorbesitzer habe dann versucht, den Hund mit einem Elektroschockhalsband zu "erziehen". Das Band müsse auch sehr stark eingestellt gewesen sein, berichtet die Tierheimleiterin, denn der Vorbesitzer habe ganz stolz berichtet, der Hund sei "einen halben Meter in die Luft gegangen". Martin Rütter erklärt daraufhin, dass genau das ein großes Problem sei: "Eigentlich ist der Einsatz eines Stromreizgerätes tierschutzrechtlich verboten. Diese Geräte sind aber frei verkäuflich." Und würden dann eben auch eingesetzt.
Das Ergebnis sei dann oft "ein total verstörter Hund oder eben ein Hund, der gelernt hat: Ich muss noch vehementer beißen", erklärt Rütter und ist der Überzeugung: "So eine Nummer müsste man strafrechtlich verfolgen." Britta Merkel findet dann auch deutliche Worte für das, was aus dem Hund geworden ist: "Siggi findet Menschen einfach nur noch zum Kotzen. Und da hat er Recht."

Der Schäferhund wurde dann im Zwinger gehalten, verärgerte aber die Nachbarn durch sein ständiges Kläffen. Daraufhin wurde er in den bereits beschriebenen verdreckten Kellerraum verbannt, bis das Veterinäramt ihn beschlagnahmte. "Es ist wirklich Wahnsinn, was Menschen mit Hunden veranstalten", kommentiert Hundeexperte Rütter. "Und immer wieder fragst du dich: Warum hat das jetzt keine ernstzunehmenden juristischen Konsequenzen?"
Britta Merkel sagt, sie und ihr Team hofften nun, dass sie Siggi zumindest so weit bekommen, dass die Tierheimmitarbeiterinnen und -mitarbeiter gut mit ihm umgehen können. "Denn vermittelbar wird dieser Hund definitiv nie werden." Sie bezeichnet den Hund auch als "tickende Zeitbombe", da niemand mehr weiß, in welchen Situationen der Elektroschocker zum Einsatz kam. "Es kann aus irgendeiner Situation heraus passieren, dass er knallt, weil er's einfach damit verbindet."
Einschläferung als Erlösung? Britta Merkel ist bei Siggi weit davon entfernt
Und so kommt schließlich auch ein trauriges Thema zur Sprache: Euthanasie. Hat Siggi noch etwas von seinem Leben? Oder wäre der Tod eine Erlösung für ihn? "Ich mache jetzt Tierschutz seit 31 Jahren. Hauptsächlich Hund, auch solche Hunde, und habe jetzt zwei Stück in 31 Jahren wirklich einschläfern lassen müssen", sagt Britta Merkel. "Wobei ich bei Siggi wirklich sagen muss: Da bin ich weit weg." Und sie betont: Eine Einstellung nach dem Motto "Was ist wenn? Dann wird er weggemacht!" habe nichts mit Tierschutz zu tun.
Zeitweise war der Hund schon so weit, dass Merkel sogar mit ihm in den Auslauf kommen konnte. Doch dann attackierte er die Tierheimleiterin, seitdem legt auch sie Wert darauf, dass ein Zaun zwischen ihr und dem Vierbeiner ist. Dennoch: Als ein besonders modernes Tierheim bietet die Einrichtung in Zell große, gemütliche Zimmer für den Hund, sowie einen Auslauf, in dem Siggi herumtoben kann.
Ein warmer, sauberer Raum und ein voller Magen
Und immerhin hat er zumindest zu Merkel eine positive Beziehung aufgebaut, was deutlich wird, wenn sie sich durch den Zaun mit ihm beschäftigt. "Stand der Dinge ist, dass wir immer Fortschritte machen, um dann wieder einen Rückschlag zu haben", sagt die Tierheimleiterin in die Kamera.

Immerhin: Im Tierheim scheint es dem Hund gut zu gehen, man sieht auch, dass er Spaß am Spielen mit Spielzeugen hat, dass es ihm gefällt, wenn Britta Merkel an den Zaun kommt, und dass er auch entspannen kann. "Es ist warm, es ist sauber, der Magen ist voll", beschreibt die Tierheimleiterin sein jetziges Leben im Vergleich zu dem dreckigen Kellerraum. Und so spricht auch Martin Rütter abschließend von "ausreichender Lebensqualität".
Wer die Sendung verpasst hat, kann diese und auch die vorherigen Folgen von "Die Unvermittelbaren" auf RTL+ anschauen. Am Sonntag, 12. Februar, um 16.45 Uhr läuft abschließend "Die Unvermittelbaren - mit Martin Rütter: Das große Wiedersehen".