Unterfranken ist reich an Schlössern, von denen sich einige in Privatbesitz befinden und noch heute von den Nachkommen alter Adelsfamilien bewohnt werden. Sicher werden die Schlossherren von vielen Menschen beneidet, doch der Erhalt solcher Bauwerke ist mit viel Arbeit und auch finanziellem Aufwand verbunden. "Ich besitze zwei Ruinen und ein Schloss und mein Lebensziel ist, dass es nicht drei Ruinen werden", sagt Hermann von Rotenhan gern zu Touristen, die Schloss Eyrichshof, sein Zuhause, bewundern. So beschreibt er es in seinem Buch "Steinernes Erbe", das Anfang Dezember im Allitera Verlag erscheint.
Verantwortung und interessante Begegnungen
Wie der Titel erahnen lässt, spielt das Schloss die "Hauptrolle" in seinem Erstlingswerk. Darin beschreibt von Rotenhan seinen eigenen Werdegang, wie er in dem Schloss im Eberner Stadtteil aufgewachsen ist und später selbst die Verantwortung für das Ensemble übernahm. Außerdem geht es um den Aufwand, der nötig ist, um die Anlage in Stand zu halten, seine Verantwortung für den zum Schloss gehörenden Wald sowie seine Rolle als Veranstalter von Gartenfesten und Open-Air-Konzerten auf dem Gelände – ebenso wie zahlreiche Anekdoten, beispielsweise über sein Zusammentreffen mit Stars der Musikwelt, die bei den Konzerten im Schlosshof auftraten.
Immer wieder spielt auch der "Barthel" eine Rolle – eine hölzerne Figur des heiligen Bartholomäus. Der sitzt weit oben in einem Turmfenster, als würde er alles überblicken, was im Schlosshof vor sich geht. "Eyrichshof ohne Barthel, Barthel ohne Eyrichshof – undenkbar!"
"Es gibt Dinge, die in einem drinstecken und die man ausprobieren möchte", sagt Hermann von Rotenhan im Gespräch mit dieser Redaktion. Der "Drang, auszuprobieren, wie es ist, zu schreiben", habe ihn dazu bewegt, sein Buch zu verfassen. In diesem habe er versucht, "diese Liebe zu meinem Elternhaus aufzuschreiben und für den Leser verständlich zu machen".
Das Schreiben sei dabei kein "geradliniger Weg" gewesen, sondern vielmehr ein "dynamischer kreativer Prozess". So sagt der Autor auch: "Ich wusste am Anfang nicht, wie es am Ende aussehen wird." Insgesamt spricht er davon, dass die Entstehung des Buches ein "spannender Prozess" gewesen sei: "Man schreibt ja nur einmal sein erstes Buch."
Ohne die Corona-Krise hätte es wohl noch etwas länger gedauert bis zum Erscheinen des Buches. Denn unter anderem dadurch, dass sämtliche Veranstaltungen abgesagt werden mussten, die das Jahr über in Eyrichshof hätten stattfinden sollen, fand der Schlossherr mehr Zeit zum Schreiben. Das Thema Corona hat auch dazu geführt, dass Hermann von Rotenhan bis wenige Wochen vor der Veröffentlichung noch Änderungen am Text vornahm. "Meine Lektorin war davon nicht begeistert", erzählt er. "Aber es war mir wichtig, die Sachen mit reinzubringen."
Lieb gewonnene Veranstaltungen mussten ausfallen
So beschreibt er unter anderem, wie es sich anfühlte, lieb gewonnene Veranstaltungen wie das Gartenfest, das Open Air und die Winterzeit absagen zu müssen – und die Leere, die man als Veranstalter dann empfindet, wenn der Termin gekommen ist, zu dem diese eigentlich hätten stattfinden sollen.
Sehr aktuell sind nicht nur von Rotenhans Ausführungen über Corona, sondern auch sein Kapitel über seinen Waldbesitz. Hier beschreibt er die drastischen Auswirkungen des Klimawandels und die trockenen, heißen Sommer der vergangenen Jahre, die für viele seiner Bäume das Ende bedeuteten.
Düstere Aussichten für den Wald
Besonders beklemmend liest sich seine Schilderung einer forstwirtschaftlichen Tagung im Sommer 2019. "An diesem Vormittag wurde mir bewusst, dass es, um es kurz zu machen, zappenduster aussieht für den Wald", fasst er das Ergebnis mehrerer Vorträge über mögliche Klimaszenarien zusammen, nach denen bis 2100 ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um circa fünf Grad zu erwarten ist.
"Ich möchte nicht als Schwarzmaler verstanden werden", sagt er im Gespräch. Er habe darin nur wiedergegeben, was bei der Tagung erzählt wurde. "Natürlich hoffe ich, dass es nicht so eintreten wird. Aber Klimaforscher sagen, dass es relativ wahrscheinlich ist."
Insgesamt liest sich das Buch allerdings alles andere als düster. Wenn Hermann von Rotenhan über die öffentlichen Veranstaltungen auf dem Schlossgelände schreibt, zeigt sich auch die Leidenschaft, mit der er selbst neue Ideen entwickelt, Dinge organisiert und interessante Persönlichkeiten kennen lernt. So schreibt er über Begegnungen mit bekannten Musikern, die beim Open Air im Schlosshof aufgetreten sind. Über die beeindruckende Bühnenpräsenz von Silbermond, die mitreißenden Texte von Konstantin Wecker, aber auch über den Alkoholkonsum mancher Musiker und das schräge Verhalten mancher Fans. Und er erzählt Anekdoten, wie die von einer Mittelalter-Rockband, deren Sänger das Publikum auf "Schloss Ebern" begrüßte, und deren laute Bässe später noch dafür sorgten, dass im Schloss ein hölzernes Wappen vom Deckenbalken fiel.
"Ich wollte die schönen Momente festhalten", sagt der Autor. "Es bringt auch nichts, wenn man nur Namen runterrattert", begründet er, warum nicht jeder einzelne Musiker, der bei ihm aufgetreten ist, ausführlich beschrieben wird. Und er erzählt: "Die meisten Künstler sind ganz normale Menschen, wie jeder von uns."
Auch die ständigen Renovierungen spielen im Buch eine Rolle. So wird dem Leser schnell klar, dass es auf einem derart großen Gelände mit vielen Gebäuden aus verschiedenen Jahrhunderten immer etwas zu tun gibt und dass diese ständigen Arbeiten gewaltig ins Geld gehen können. Das Kapitel über die Renovierungen trägt die Überschrift "Polnisches Experiment" und beschreibt eine Gruppe von polnischen Handwerkern, die von Rotenhan als wahre Meister für Schlossrenovierungen beschreibt.
Klar wird dabei auch, dass ein Leben in einem Schloss eben nicht immer nur einer Märchenwelt gleicht, sondern auch mit einer gewissen Verantwortung verbunden ist. Und dabei gilt eine unumstößliche Regel, die Hermann von Rotenhan in seinem Buch beschreibt: "Absolutes No-Go, geradezu teufelsgleich und unbedingt zu unterlassen: den Familienbesitz oder Teile hiervon zu verkaufen."