Ein Mittwoch, Mitte September, morgens um 5 Uhr. Für Peter Appel aus dem Gädheimer Ortsteil Ottendorf geht an diesem Tag sein großer Traum in Erfüllung. Und das auch noch ganz schön spektakulär. Der 43-Jährige bekommt an diesem Morgen sein Tiny House geliefert. Und zwar mit einem Schwertransport.
Damit an diesem Tag alles klappt, waren im Vorfeld überaus genaue Berechnungen nötig. Denn schon die enge Einfahrt über die ehemalige B 26 zur Kreisstraße nach Ottendorf hoch stellte für die großen Fahrzeuge eine Herausforderung dar. Doch die wird an diesem Tag in aller Ruhe gemeistert – so still, dass die Anwohnerinnen und Anwohner der Straße die Anlieferung des Tiny Houses kaum hören.
Für Peter Appel ist ein Tiny House das Nonplusultra
Von außen lässt sich Appel an diesem Morgen kaum etwas anmerken. Aber im Inneren mache sich die Anspannung breit, verrät er. Der 43-Jährige ist heimatverbunden. Für ihn sei schon immer klar gewesen, dass sein Eigenheim später mal in Ottendorf stehen soll. Freilich habe er sich Gedanken gemacht. Ein großes Haus? Das brauche er nicht, berichtet der Ottendorfer, der in Bad Brückenau bei einer Firma für Gas-Wasser-Installation arbeitet und häufig auf Montage unterwegs ist. Zudem sei er ledig.
Aktuell miete er eine Wohnung in Münnerstadt, ist er in Ottendorf, dann komme er bei den Eltern unter. Da Appel durch seine Arbeit auch im Fertighausbau tätig ist, sei ihm das System Tiny House bereits bekannt gewesen. Es erschien ihm wie das Nonplusultra, so der Ottendorfer.
Der Lastkraftwagen, auf dessen großer Aufliegefläche das kleine Gebäude steht, parkt nun auf einem Acker, weit oberhalb des Bauplatzes. Um kurz nach 7 Uhr rollt der nächste Schwertransporter durchs Dorf. Am Acker angekommen, setzt er das Tiny House per Kran auf den Tieflader. Hier ist Maßarbeit nötig – jetzt kommt es auf jeden Millimeter an. In Zeitlupe rollt der Schwertransporter rückwärts durch die geschotterte Straße am Sportplatz, bis er den Standort zum Umsetzen erreicht.
Appels Tiny House wurde in Polen gebaut
Von den üblichen Vorurteilen – wenig Platz, keine ausreichende Dämmung – hält Peter Appel nichts. Mehrere Häuser habe er sich auf Messen und bei Herstellern angeschaut. Und immer wieder nachfragt, ob sie ihm ein Zuhause, mit allem, was für ihn nötig ist, bauen könnten. Letztendlich ist Appel beim Tiny House einer Firma aus Münster gelandet. Sie lässt ihre Häuser in Polen zusammenbauen.
Die Technik sowie die Bauweise hätten ihn restlos überzeugt: 14 Meter lang ist sein Häuschen und vier Meter breit, was eine Aufbaufläche von 56 – und eine Wohnfläche von 49 – Quadratmetern ergibt. Es verfügt über eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und auch ein Fremdenzimmer. Außerdem sind Nischen als Abstellmöglichkeit unter dem Dach vorhanden.
Praktisch: Das Tiny House ist schon fertig eingerichtet
Im Inneren befinden sich, bereits komplett fertig eingebaut, eine Infrarot- und Fußbodenheizung und eine Klimaanlage mit Wärme- und Kältefunktion. Im Bad steht bei der Anlieferung schon die Waschmaschine und auch das Bett ist bereits mit Bettwäsche überzogen. Errichtet worden ist das Tiny House in Holzständerbauweise, mit Wärme- und Kältedämmung. Und innen sind die Wände mit Rigips verkleidet. Kostenpunkt mit Lieferung: 117.000 Euro, wie Appel verrät. Dazu kämen überschaubare Kosten für den Kran.
Nach kurzer, aber reiflicher Überlegung fuhr er im Dezember 2023 nach Münster zur Vertragsunterzeichnung. Zusammen mit einem Architekten arbeitete er den Bauantrag aus. Ende Februar ging dieser an die Behörden. Bürgermeister und Gemeinderäte gaben ihr OK – für das erste Tiny House in der Kommune. Somit ging der Plan über, an die nächst höheren Instanzen. Im August 2024 erhielt Appel dann grünes Licht.
Dann musste es schnell gehen, denn schon einen Monat später sollte das Tiny House ankommen. In Eigenregie führte Appel die Erdarbeiten mit einem Bagger aus. Er zog Gräben für den Anschluss zur Wasser- und Stromversorgung und planierte letztendlich die Erdoberfläche. Eine Bodenplatte benötigt das Tiny House nicht, sondern eine Rahmenkonstruktion an acht Punktfundamenten.
Um 9.30 Uhr schwebt das Tiny House
Vom rund 4500 Quadratmeter großen Bauplatz hat Appel 1500 Quadratmeter für sein Haus eingeplant. Ist das nicht etwas viel Platz für so ein Tiny House? Vielleicht bislang noch, doch in absehbarer Zeit wolle er noch eine Terrasse anlegen, erklärt er. Auch eine Grünanlage soll folgen, die das Grundstück dann verschönern soll. Doch das ist Zukunftsmusik.
Zurück ins Jetzt. Um halb zehn ist es dann so weit: Das Tiny House schwebt durch die Luft. Wer das Spektakel an diesem Morgen beobachtet, der hält nun automatisch die Luft an. Die Spannung steigt. Denn das 17 Tonnen schwere Gebäude muss millimetergenau auf die acht Punktfundamente aufgesetzt werden. Appel ist Optimist und fest davon überzeugt, dass mit dem Tiny House alles klappt. Und er soll recht behalten.
Zum Glück ist es windstill – ein Lüftchen hätte die Arbeiten gestört. Langsam aber sicher richten die Arbeiter das Tiny House aus und setzen es auf. Danach lösen sie das Stahlseil des Krans. Nun steht es da, sein neues Eigenheim.
Und Peter Appel betritt zum ersten Mal das kleine Haus. Fast ist er sprachlos. Mehr als "es ist mein Haus", bringt Appel nicht heraus. Das muss er erstmal auf sich wirken lassen: Endlich hat er sein eigenes kleines Zuhause. Daheim in Ottendorf.