Wichtige Einrichtung der Infrastruktur oder umweltschädliches Hobby für Reiche, das die Bürger nervt und sie viel Geld kostet? Der Haßfurter Flugplatz polarisiert. Mehr als einmal war der Kreistag Haßberge Austragungsort für aufeinanderprallende Grundsatzanschauungen. Der Austritt der Stadt Schweinfurt zum Jahresende aus der Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt GmbH und die damit verbundene Frage, wer nun die ausfallenden Beiträge der Schweinfurter übernimmt, um den Flugplatz in der Luft zu halten, lässt aktuell die Diskussion wieder aufflammen. Verbunden mit den Problemen der Klimaerwärmung, verursacht durch einen seit Jahrzenten überhöhten Austoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre, stellt sich da die Frage nach einer Zukunft des Flugplatzes. Eine Frage, die auch in der Haßberge-SPD diskutiert wird. Für die Vorstandschaft des Kreisverbands führt auch aus Gründen des Klimaschutzes an einem Ausstieg des Landkreises aus der Gesellschaft, die den Flugplatz betreibt, kein Weg vorbei, teilt der Kreisverband der Partei in einer Stellungnahme mit.
Ein nicht notwendiges Zuschussgeschäft
„Jeder Kreisrat muss wissen, dass er bei einem Ja zum Flugplatz den Bürgern in den Geldbeutel langt", zitiert die SPD in der Mitteilung das damalige SPD-Urgestein Emil Däschner aus dem Jahr 2007 zu seinem Lieblingsthema. Eine solche Infrastruktureinrichtung sei ein nicht notwendiges Zuschussgeschäft, das man sich sparen sollte, habe er damals in einem Interview gesagt. Däschner ist längst gestorben, die Diskussion um den Verkehrslandeplatz in Haßfurt lebe aber immer noch, heißt es weiter in der Verlautbarung. In den vergangenen Wochen und Monaten mehr denn je. Der Grund dafür seien coronabedingte Einnahmeausfälle durch fehlende Starts und Landungen, aber noch mehr der angekündigte Ausstieg der Stadt Schweinfurt aus dem Gesellschaftervertrag.
Dabei hätte doch gerade die Schweinfurter Großindustrie den Flugplatz bejaht und den Ausbau zum Instrumentenflug veranlasst. Und jetzt würden die Stadt und ihre Industriebetriebe einfach aus dem Infrastrukturprojekt aussteigen und von anderen Flugplätzen zu Geschäftsflügen starten, so de Vorwurf in dem SPD-Schreiben. "Ist der Platz in Haßfurt dann überhaupt noch für die Region notwendig? Die Frage muss erlaubt sein“, wird der stellvertretende Kreisvorsitzende zitiert. Mittelfristig führt für Paul Hümmer und seine Mitstreiter in der Kreisvorstandschaft der SPD an einem Ausstieg des Landkreises aus der Gesellschaft, die den Verkehrslandeplatz betreibt, kein Weg vorbei.
Eine Art "Flugplatz light"
„In Anbetracht der Klimakatastrophe und der damit einhergehenden Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Inlandsflügen ist eine Fortführung des Verkehrsflugplatzes Haßfurt höchst fragwürdig“, zitiert die Verlautbarung Johanna Bamberg-Reinwand. „Keine andere Art der Fortbewegung verbrennt so viel Energie wie das Fliegen“, das alleine sei schon ein wichtiger Grund, der für ein Aus spreche. Vorstellbar wäre für die Haßberge-SPD allenfalls eine Zwischenlösung, eine Art Flugplatz light. Der Kreistag sollte eine schnelle Herabstufung des Flugplatzes vom Verkehrslandeplatz zum Sonderlandeplatz beantragen, empfiehlt Jürgen Hennemann. Vor allem so lange der Freistaat nicht bereit sei, die Kosten für die Flugsicherung zu übernehmen, wie er es beispielsweise beim Hofer Flugplatz tut.
Während ein Verkehrsflugplatz einer Betriebspflicht unterliegt, die vorschreibt, dass die Einrichtung zu öffentlichen Zeiten für an- und abfliegende Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt zur Verfügung stehen muss -„Das bedeutet einen erhöhten finanziellen und auch Personalaufwand“, so Jürgen Hennemann - würden Sonderlandeplätze dagegen dieser Betriebspflicht nicht unterliegen. Sie hätten nur eine beschränkte Genehmigung, beispielsweise für Leichtflugzeuge. Zudem dürften sie grundsätzlich nur vom Betreiber sowie auf Anfrage von Dritten genutzt werden und hätten keine vorgeschriebenen Öffnungszeiten. Eine Variante, die wohl deutlich günstiger als die bisher praktizierte wäre, so das Fazit der Sozialdemokraten. „Neben den Einsparungen von Haushaltsgeldern des Landkreises wäre die Vermeidung des Fluglärms im Maintal ein weiterer positiver Effekt“, sagt Paul Hümmer.
Die eingesparten Haushaltsmittel könnten in den Ausbau und die Umgestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs fließen. Gemeinsam mit der Kreistagsfraktion möchte der Kreisverband Initiativen für neue Mobilitätskonzepte wie Rufbusse oder ein Anruf-Linientaxi einbringen.
Bei den Grünen rennt Paul Hümmer mit seinen Überlegungen offene Türen ein. Harald Kuhn könnte sich ein Leben ohne Haßfurter Flugplatz durchaus vorstellen, hält ihn nicht für unbedingt notwendig. "Umwelttechnisch macht der Flugplatz keinen Sinn", so der Fraktionssprecher im Gespräch mit dieser Redaktion. Ihm ist auch noch keine sinnvolle Begründung für diese Einrichtung begegnet. Die oft zitierten Organtransporte würden mit dem Jet über Nürnberg abgewickelt. "Es ist nicht so, dass wir jetzt den Abbau des Haßfurter Flugplatzes als oberstes politisches Ziel verfolgen", so Kuhn. Und mit einem Schmunzeln fährt er fort: "Wenn an dieser Stelle eine große Solaranlage stehen würde, hätten die Bürger mehr davon als von einem Flugplatz."
Auch das Krankenhaus ist für den Grünen-Sprecher kein Argument. Es sei doch viel zu umständlich, einen Notfall erst vom Krankenhaus zum Hubschrauber-Landeplatz am Flugplatz zu transportieren und umgekehrt. Da könne man gleich nach Schweinfurt fliegen, dort ist der Hubschrauber-Landeplatz direkt am Krankenhaus. Außerdem kostet für ihn diese Einrichtung einfach zu viel Geld, von der Lärmbelästigung für zahlreiche Bürger durch die Fliegerei ganz zu schweigen.
CSU steht hinter dem Flugplatz
Ganz anders sieht es Steffen Vogel. Der Sprecher der CSU-Fraktion im Kreistag steht hinter dem Flugplatz in Haßfurt, wie er im Gespräch mit der Redaktion erläutert. Natürlich seien die Kreisräte enttäuscht, dass die Stadt Schweinfurt aus der GmbH ausgestiegen ist und damit die Trägerschaft nur noch bei der Stadt Haßfurt und dem Landkreis verbleiben wird. Dies sei deshalb ärgerlich, so Vogel, weil die Investitionen in den Luftraum F vor einigen Jahren auf Druck der Stadt Schweinfurt getätigt worden seien, um SKF die Flüge mit größeren Maschinen nach Göteborg zu ermöglichen. Nunmehr fliege SKF nicht mehr von Haßfurt aus und die Stadt ziehe sich auch aus der Verantwortung zurück.
Vogel unterstreicht auch die Bedeutung des Flugplatzes als wichtige Infrastruktureinrichtung für die Stadt und für den gesamten Landkreis sowie als Landeplatz für Rettungshubschrauber für das Krankenhaus. Auch bei Organentnahmen würden diese von Haßfurt aus geflogen. Vogel mahnte an, dass der Landkreis sich nicht aus der Trägerschaft zurückziehen könne, weil sonst die gesamte Trägerschaft bei der Stadt Haßfurt liege und diese den Platz nicht alleine zu stemmen vermöge.
Flugplatz als Ausflugsziel
Der CSU-Fraktionsvorsitzende fordert die Kreisräte auf, den Flugplatz nicht in Frage zu stellen, sondern stattdessen den Flugplatz und das gesamte Gelände massiv aufzuwerten und zu einem zentralen Ausflugsziel im Landkreis weiterzuentwickeln. So sei es notwendig, wieder eine Gastronomie vor Ort anzubieten. Früher sei der Flugplatz ein beliebtes Ausflugsziel gewesen. Oft seien Familien mit ihren Kindern zum Platz gegangen, um die Starts und Landungen oder die Fallschirmspringer zu beobachten.
Laut Vogel müsse es gelingen, das Flugplatzgelände attraktiv für eine breite Öffentlichkeit zu machen, weil damit auch eine gesteigerte Akzeptanz durch die Bevölkerung einhergehe und damit bei der Bezuschussung nicht immer nur von der Unterstützung eines teuren Hobbys für einige wenige gesprochen werden kann, sondern von einer Infrastruktureinrichtung für die gesamte Bevölkerung.
Insgesamt wünschten sich die CSU-Kreisräte eine Aufwertung, so Vogel. Dies könnte zum Beispiel mit der Einrichtung eines attraktiven Kinderspielplatzes und anderer Freizeit- und Sporteinrichtungen geschehen.
Ähnlich sieht es Birgit Bayer von der Wählergemeinschaft. "Die Wählergemeinschaft Haßberge steht hinter dem Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt, auch nach dem Ausstieg der Stadt Schweinfurt aus der Betreibergesellschaft. Der Verkehrslandeplatz ist und bleibt eine wichtige Infrastruktureinrichtung unseres Landkreises", so die Fraktionsvorsitzende. Natürlich müssten die Kosten im Blick behalten werden. "Aber unser Ziel muss es sein", so Bayer, die Verkehrslandeplatz GmbH wieder auf „breitere Füße zu stellen", das heißt um neue Beteiligte zu werben.
"Seit September 2013 ist der Instrumentenflugbetrieb installiert, seit Februar 2017 ist der Verkehrslandeplatz außerdem Flugsicherungsdienstanbieter." Das seien Alleinstellungsmerkmale, die nicht leichtfertig aufgegeben werden sollten. "Eine Rückstufung zum Sonderverkehrslandeplatz", so Bayer, "würde nur relativ geringe Einsparungen bringen, wobei allen Beteiligten klar sein sollte, dass dann die Qualifizierung für den Instrumentenflug unwiederbringlich verloren wäre." Birgit Bayer sieht den Flugplatz ebenfalls als Hubschrauberlandeplatz für die Haßberg-Kliniken, die auch Organtransporte darüber abwickelten.
Paul Hümmer als "Einzelkämpfer"
Haßfurts Bürgermeister Günther Werner sieht "diesen Vorstoß" nicht als von der SPD kommend, "sondern von einer einzigen Person, die auch schon in den vergangenen Jahren sich immer wieder gegen den Flugplatz ausgesprochen hat, ohne sich um dessen Wertigkeit kundig zu machen. Paul Hümmer hat sich den Flugplatz als Feind auserkoren und kann es einfach nicht lassen, immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten dagegen loszuziehen." Außerdem, so Werner, "sind wir aus meiner Sicht sehr nahe daran, dass wir einen weiteren Geldgeber gewinnen können und den Landkreis und die Stadt dadurch nicht finanziell weiter belasten".