In einem Punkt sind sich alle Seiten einig: Das Maintal braucht ein neues Hallenbad. Doch gut zweieinhalb Jahr nach der endgültigen Schließung des Zeiler Bades sieht es noch immer nicht danach aus, als werde es in absehbarer Zeit einen Ersatz geben. Denn den Kommunen fehlt es an Geld und der Landkreis darf aus kommunalrechtlichen Gründen nicht so viel zuschießen, wie nötig wäre - so argumentieren zumindest die Bürgermeister und das Landratsamt. Nun meldet sich der Schwimmclub Haßberge zu Wort. Dessen Vorsitzender Julian Müller wird in einer Pressemitteilung des Vereins zitiert: "Ich appelliere dringend an die Bürgermeister und den Landrat, zügig zu einer Lösung zu kommen." Schatzmeisterin Andrea Zehnder führt aus, was nötig wäre: "Ein 25-Meter Becken mit fünf Bahnen und Hubboden ist für unsere Region völlig ausreichend."
Die Kommunen können nicht mehr zahlen, das Landratsamt darf nicht
Schon seit klar war, dass sich die Stadt Zeil den weiteren Betrieb ihres Hallenbades nicht mehr würde leisten können, steht ein Allianzbad als Lösung im Raum. Denn keine der Städte und Gemeinden im Maintal kann sich alleine ein Schwimmbad leisten, doch Bürgerinnen und Bürger profitieren auch davon, wenn der Nachbarort ein Bad hat. So könnten also mehrere Kommunen zusammenarbeiten, um gemeinsam ein Hallenbad zu finanzieren. Ein Gutachten aus dem Herbst 2019 ergab, dass Eltmann dafür der geeignetste Standort sei.
Doch bei einem Pressegespräch vor gut einem Monat kamen der Rauhenebracher Bürgermeister Matthias Bäuerlein und seine Amtskollegen aus Knetzgau, Zeil und Eltmann zu einem ernüchternden Ergebnis. Bäuerlein ist Sprecher der ILE Lebensregion plus, zu der Rauhenebrach, Oberaurach, Knetzgau, Sand, Eltmann, Zeil, Ebelsbach, Stettfeld, Breitbrunn und Kirchlauter gehören. Diese Kommunen wären es, die sich an einem gemeinsamen Bad beteiligen könnten, auch der Schwimmclub hat angekündigt, einen Teil der Kosten zu tragen. Doch selbst wenn sie alle einen Beitrag leisten, wären die Kosten zu hoch, die Fördermöglichkeiten zu gering.
Dabei seien das Hauptproblem nicht die Baukosten, sondern das Geld, das der laufende Betrieb und die Instandhaltung auffressen. Davon kann Stefan Paulus ein Lied singen, denn als Bürgermeister von Knetzgau ist er der einzige Rathauschef in der Lebensregion plus, der aktuell noch ein Hallenbad in seiner Kommune hat.
In Knetzgau müssen die Hausmeister improvisieren
"Wir kriegen keine Ersatzteile mehr", sagt er im Gespräch mit der Redaktion, denn das Bad ist mittlerweile 50 Jahre alt. Dass es noch nicht schließen musst, sei den "findigen Hausmeistern" zu verdanken, die dann doch immer eine Lösung finden. Doch sollte einmal ein größeres Teil kaputt gehen, dass sie mit ihrer Kreativität nicht repariert bekommen, droht dem Bad das aus - oder eine teure Sanierung, die sich die Gemeinde nicht alleine leisten könnte. Paulus spricht von Kosten von vier Millionen Euro. "Das ist nicht aus der Portokasse zu finanzieren."
Bisher stemmt Knetzgau den Unterhalt des Hallenbades von 60.000 bis 70.000 Euro im Jahr weitgehend alleine, von anderen Kommunen und Vereinen gibt es nur Nutzungsentgelte. Paulus findet das grundsätzlich nicht schlimm, denn dafür profitiere Knetzgau an anderer Stelle. Doch wenn seine und andere Gemeinden gemeinsam das neue Allianzbad finanzieren, würde er sich wünschen, dass auch das Knetzgauer Bad mit unter dieses Dach gestellt wird.
Ein weiteres Problem: Selbst wenn eine Lösung für die Finanzierung eines neuen Hallenbades gefunden würde: Mit der gesamten Planungs- und Bauzeit würde es lange dauern, bis der Neubau tatsächlich genutzt werden kann. "Selbst wenn morgen der Entschluss stünde, ein neues Bad zu bauen, dauert es noch mindestens drei bis vier Jahre, bis das Bad eröffnet werden könnte", meint Schwimmclub-Vorsitzender Julian Müller. ILE-Sprecher Bäuerlein ging im Pressegespräch vor einem Monat sogar von mindestens fünf Jahren aus. So lange werde das Knetzgauer Bad aber nicht mehr ohne Sanierung durchhalten, ist Stefan Paulus überzeugt.
So hatte auch Matthias Bäuerlein bei dem gemeinsamen Termin Ende Februar gesagt: "Eigentlich müssten wir erstmal die Sanierung von Knetzgau angehen, um wenigstens eine Grundversorgung mit Schwimmunterricht zu gewährleisten."
Schwimmclub fürchtet eine Generation von Nichtschwimmern
"Wir laufen sehenden Auges in eine Generation von Nichtschwimmern hinein", wird Teresa Rottmann, stellvertretende Vorsitzende des Schwimmclubs, in der Pressemitteilung des Vereins zitiert. Dabei sei Schwimmen der einzige Sport, bei dem es tödlich sein könne, ihn nicht zu beherrschen. Denn dann könne selbst ein Gartenteich zur Todesfalle werden. Und Bürgermeister Paulus merkt an, dass durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine die Zahl an Kindern, die Schwimmunterricht benötigen, noch steigen würde.
Und wie sieht es bei Schwimmbadbau mit einer finanziellen Unterstützung durch das Landratsamt aus? Schlecht, denn das Kommunalrecht legt fest, wofür ein Landkreis Geld ausgeben darf und wofür nicht. Im Fall der Schwimmbäder bedeutet das konkret: Der Landkreis darf sich nur bei Schulschwimmbädern einbringen. Doch in den ILE-Gemeinden wäre ein Bad nötig, das eben nicht nur für den Schulsport genutzt wird. Vhs-Kurse, Training der Wasserwacht, Wassergymnastik, Wettkampftraining oder auch einfach Zeiten, in denen alle Bürgerinnen und Bürger schwimmen gehen können - all das wollen die Gemeinden ermöglichen.
Würde ein Zweckverband die Probleme lösen?
Für das Landratsamt bedeutet das, dass es sich nur beim Anteil der Schulnutzung einbringen kann - zu wenig, um den Bau und die Instandhaltung bezahlen zu können. So hatten die ILE-Bürgermeister eine weitere Idee ins Spiel gebracht: Könnte der Landkreis für die einzelnen Bäder mehr Geld ausgeben, wenn er "alle Bäder im Kreis unter einem Dach versammeln würde, etwa in einem Zweckverband wie beim Tierheim"? Auch Julian Müller vom Schwimmclub spricht von einer "Lösung, die ich mir vorstellen kann", zumal eine engere Zusammenarbeit der Schwimmbäder auch andere Vorteile bringe, beispielsweise bei der Materialbeschaffung oder dem Dienst der Bademeister.
Doch Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes, erklärt, warum ein Zweckverband aus Sicht der Behörde nichts am Grundproblem ändern würde: Alles, was über den Schulsport hinausgeht, zähle als freiwillige Leistungen, und die seien bei Landkreisen grundsätzlich gedeckelt. Bei Empfängern von Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen würden diese nochmals kritischer betrachtet. "Das bedeutet, dass der Rechtsrahmen, in den man das ganze gießt, nichts am Umfang des finanziellen Engagements ändert, der durch die Gesetze dem Landkreis eben nun einmal vorgegeben ist", schreibt Göhr.
Es kommt auf staatliche Zuschüsse an
Stefan Paulus sieht nun vor allem den Bund und den Freistaat in der Verantwortung. Immerhin hätten die Kommunen einen staatlichen Auftrag, Bäder zur Verfügung zu stellen. So gelte sowohl für den Erhalt des Knetzgauer Hallenbades als auch für einen Neubau in Eltmann: "Es steht und fällt mit den staatlichen Zuschüssen."
Außerdem nutzt der Schwimmclub Haßberge "Die Welle" bereits ausgiebigst. Der Schwimmclub mit seinen nur 300 Mitgliedern (davon bestimmt weniger als 50 % aktive) hat also überhaupt keinen Grund, nach einem teuren zusätzlichen Hallenbad zu schreien.