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Kreis Haßberge
Seit Schuljahresbeginn mehr Meldungen im Jugendamt Haßberge
Das Coronavirus hat die Arbeit dies Jugendamtes in den vergangenen Monaten verändert. Warum es Amtsleiter Christoph Schramm wichtig ist, dass Schulen und KiTas geöffnet bleiben.
Die Hinweise auf Kindeswohlgefährdung (Symbolfoto) haben im Landkreis Haßberge mit dem Ende der Sommerferien stark zugenommen, berichtete Christoph Schramm, Leiter des Jugendamtes am Landratsamt Haßberge dem Jugendhilfeausschuss. 
Foto: Nicolas Armer | Die Hinweise auf Kindeswohlgefährdung (Symbolfoto) haben im Landkreis Haßberge mit dem Ende der Sommerferien stark zugenommen, berichtete Christoph Schramm, Leiter des Jugendamtes am Landratsamt Haßberge dem ...
Jochen Reitwiesner
Jochen Reitwiesner
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:05 Uhr

"Geschäftsbericht für das Kreisjugendamt Haßberge 2019" hört sich recht trocken an. Hinter den vielen Zahlen, Daten und Fakten, die Amtsleiter Christoph Schramm in diesem Werk zusammengefasst hat und dem Jugendhilfeausschuss vorlegte, stecken aber unzählige persönliche Schicksale. In dem 174 Seiten starken Geheft sind erfreuliche Komponenten wie die vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeit oder die gute Abdeckung an Kinderbetreuungsplätzen zu finden, aber eben auch Dinge wie Jugendstraftaten oder Kindeswohlgefährdung. 

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spielen im jüngsten Geschäftsbericht noch keine Rolle, da das Virus die Welt erst seit Anfang des laufenden Jahres  fest im Griff hat. Die Auswirkungen der neuartigen Lungenkrankheit mit den einher gehenden Folgen beschäftigen die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses aber erheblich. Daher nahm Christoph Schramm ausführlich Stellung zu den Veränderungen, die sich durch den Ausbruch der Pandemie in den vergangenen Monaten ergeben haben. 

Herausragende Arbeit in den Kindertagesstätten

Der Lockdown und dessen Folgen bedeuteten, so Schramm, einen enormen Mehraufwand für seine Behörde. Extrem stark gefragt sei die KiTa-Fachaufsicht gewesen, da hier ständig tief greifende Veränderungen umgesetzt werden mussten. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den KiTas haben Herausragendes geleistet", lobte Schramm. Ihnen sei viel abverlangt worden, aber sie hätten sich immer wieder hervorragend auf die neuen Vorschriften und Gegebenheiten eingestellt, um die Betreuung der 3500 Kinder in Haßgau, Maintal und Steigerwald sicherzustellen. 

Problemfamilien ohne Struktur

Einen Wunsch an die Politik hatte er: "KiTas und Schulen sollten offen bleiben." Aus dem einfachen Grund, dass der gewohnte Tagesablauf erhalten bleibt. Dies sei nämlich in den Zeiten des Lockdowns im Frühjahr das große Problem gewesen. Vor allem, wenn die Heranwachsenden "in Problemfamilien mit wenig Struktur" leben.

Das habe sich auch in den Fallzahlen der möglichen Kindeswohlgefährdungen niedergeschlagen. Von März bis Mitte September, also in Zeiten des Lockdowns und unregelmäßiger Präsenz in Schulen und KiTas, seien die Meldungen massiv zurückgegangen - und nach den Sommerferien exorbitant angestiegen. Schramm berichtete, dass allein bis Ende Oktober 89 Kindeswohlgefährdungen mit 134 betroffenen Buben und Mädchen angezeigt worden seien. 28 Kinder habe das Jugendamt in Obhut nehmen müssen. Er rechnet also mit einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (2019 waren es 103 Meldungen mit 153 Kindern).  

"Geöffnete Schulen und KiTas sind die beste Gesamtprophylaxe für die Gesellschaft"
Christoph Schramm, Leiter des Jugendamtes

In vielen Fällen haben "die Unterstützungssysteme für die gefährdeten Kinder" gefehlt, sagte Schramm. Geöffnete Schulen und KiTas gehören für ihn an vorderster Front dazu. Sie so lange wie möglich offen zu halten, sei "die beste Gesamtprophylaxe für die Gesellschaft".  

Wie lassen sich Jugendliche davon abhalten, die klassischen Einstiegsdrogen Cannabis und Legal Highs (synthetische Substanzen) auszuprobieren?  Das gemeinsame Projekt "Flashback" von Polizei, den Ämtern für Schule, Gesundheit und Jugend sowie den Beratungsstellen und der Jugendsozialarbeit will zumindest Aufklärungsarbeit leisten, um die Heranwachsenden von der vielleicht in den Köpfen herumschwirrenden Idee abzuhalten, das "einfach mal auszuprobieren". Theresa Fleischmann vom Kreisjugendamt machte vor den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Denn in den vergangenen zehn Jahren habe sich die Anzahl der Rauschgiftdelikte in Unterfranken gerade bei den 14- bis 17-Jährigen mehr als verdreifacht. 

Testlauf an den Schulen in Haßfurt, Zeil und Ebern  

In vielen Landkreisen des Regierungsbezirks gibt es das Projekt schon, der Landkreis zieht nach und wird "Flashback" laut Theresa Fleischmann zunächst an den drei Mittelschulen Haßfurt, Zeil und Ebern testen. Es ist geplant, dass die Schüler mehrere Station durchlaufen, informiert werden, aber auch sich selbst reflektieren und ihr eigenes Verhalten inklusive ihrer persönlichen Suchtgefahr überprüfen können. Verspricht der Einsatz Erfolg, wird das Projekt auf alle anderen Schulen ausgeweitet. 

Der Jugendhilfeausschuss verabschiedete zudem seinen Teilhaushalt für das kommende Jahr. Kreiskämmerer Marcus Fröhlich stellte das Werk vor und berichtete von sinkenden Aufwendungen und gleichzeitig steigenden Erträgen. In der Summe sank der Ansatz um rund 1,5 Prozent auf knapp zehn Millionen Euro.  Knapp 2,2 Millionen Euro werden eingenommen, der Landkreis Haßberge muss für die Jugendhilfe gut 7,8 Millionen Euro ausgeben. "Wir haben knapp, aber realistisch kalkuliert", fasste Kämmerer Fröhlich den Entwurf zusammen. Bei unvorhergesehenen Ereignissen "können wir ja immer noch nachsteuern".  Dem schlossen sich folglich auch die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses an. 

Gerhard Lutz (links), der Leiter der Erziehungsberatungsstelle der Caritas Haßberge,  absolvierte seine letzte Sitzung im Jugendhilfeausschuss des Landkreises Haßberge, da er Anfang des kommenden Jahres in den Ruhestand geht.  Landrat Wilhelm Schneider verabschiedete den Diplom-Sozialpädagogen mit herzlichen Worten und einem Präsent. 
Foto: Jochen Reitwiesner | Gerhard Lutz (links), der Leiter der Erziehungsberatungsstelle der Caritas Haßberge,  absolvierte seine letzte Sitzung im Jugendhilfeausschuss des Landkreises Haßberge, da er Anfang des kommenden Jahres in den ...

Im Jugendsozialausschuss notiert

An der Grundschule Hofheim gibt es seit Beginn des laufenden Schuljahres Schulsozialarbeit. Die läuft unter der Regie des Freistaats Bayern und soll die soziale Entwicklung der Buben und Mädchen besser fördern. Sie unterscheidet sich inhaltlich kaum von der "Jugendsozialarbeit an Schulen", die andernorts unter der Jugendhilfe des Landkreises firmiert. Da es in Hofheim bislang nichts Vergleichbares gibt, schließt der Freistaat diese Lücke mit einer halben Vollzeit-Stelle. 
Vor sechs Jahren übertrug der Landkreis Haßberge die Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Ausländer an den Verein "Sozialdienst katholischer Frauen" (SkF) in Schweinfurt, da das Landratsamt den massiv gestiegenen Fallzahlen kaum Herr wurde. Der Ansturm hat sich gelegt, für den SkF sei der Arbeitsauftrag nun nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Ab Januar wird sich das Kreisjugendamt selbst um die Mündel kümmern.  
Seit Jahren erhält die Diözese Würzburg vom Landkreis Haßberge eine freiwillige Unterstützung für ihre Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Sie belief sich zuletzt auf jährlich 2500 Euro. Daran wird sich auch im Jahr 2021 nichts ändern. 
Der Caritas-Kreisverband Haßberge ist seit 46 Jahren für die Erziehungsberatung zwischen Haßgau, Maintal und Steigerwald verantwortlich und hat die Kosten dafür zu einem Fünftel selbst getragen. Das sei ihm aus verschiedenen Gründen (gestiegene Fallzahlen, weniger Einnahmen unter anderem durch die Corona-Pandemie) nicht mehr möglich. Der Jugendhilfeausschuss folgte dem Ansinnen und segnete den Wunsch der Caritas ab, künftig nur noch ein Zehntel der gesamten Ausgaben zu schultern. Die restlichen 90 Prozent verbleiben der Behörde am Herrenhof. 
Das Mehrgenerationenhaus des BRK in Haßfurt hat in den vergangenen vier Jahren das Bundesprogramm "Kita-Einstieg - Brücken bauen in frühe Bildung" ausgeführt. Dessen Ziel ist, Familien mit Fluchterfahrung sowie Familien mit besonderen Zugangsschwierigkeiten zum hierzulande allgemeingültigen System der Bildung, Betreuung und Erziehung zu integrieren und zu fördern. Die Regierung in Berlin möchte das Programm zwei weitere Jahre fortführen,  setzt dazu aber die finanzielle Unterstützung des Landkreises voraus. Der soll neben den 150 000 Euro aus der Hauptstadt weitere 60 000 Euro pro Jahr an das BRK überweisen, was er nach einem Beschluss des Jugendhilfeausschusses auch tun wird.
Quelle: Landratsamt/jre
 
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