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Altenstein
Rettung vor dem Mähtod: So läuft die Rehkitzrettung im Haßbergkreis ab
Jens Höhn und sein Team retten Rehkitze vor dem Mähtod. Dafür stehen sie mitten in der Nacht auf – doch die Arbeit zahlt sich immer wieder aus. Wie die Rettung abläuft.
Dieses Kitz holten Kristin Schleyer und Eva Vorndran am 22.05.23 aus einer Wiese.
Foto: Jens Höhn | Dieses Kitz holten Kristin Schleyer und Eva Vorndran am 22.05.23 aus einer Wiese.
Helmut Will
 |  aktualisiert: 02.06.2023 02:31 Uhr

Es ist ein Montagmorgen, früh um halb vier. Jens Höhn aus Ermershausen trifft sich an diesem Morgen mit seinem Rehkitzretter-Team in Altenstein. Es ist noch lau zu dieser frühen Stunde: gute Voraussetzungen für Höhn uns sein Team, nach jungen Rehkitzen zu suchen. Sie wollen die Tiere vor dem Mähtod retten.

Mit im Gepäck dabei ist eine Drohne, ausgerüstet mit einer Wärmebildkamera. Mithilfe moderner Technik sucht das Retterteam an diesem Morgen nach jungen Rehkitzen, die sich zum Schutz vor Fressfeinden tief im Wiesengras verbergen.

Sind Rehkitze auf den Wiesen?

Jens Höhn, Eike Döllner, Johannes Schobig aus Ermershausen, Dominik Zirkel aus Unteressfeld(Lkr. Rhön-Grabfeld), Eva Vorndran aus Junkersdorf und Kristin Schleyer aus Maroldsweisach begrüßen sich an diesem Morgen am Treffpunkt in Altenstein. Auch der ortsansässige Landwirt Sebastian Denninger ist dabei. Seine Wiesen sollen an diesem Tag nach Rehkitzen abgesucht werden.

Jens Höhn und Landwirt Sebastian Denninger (von rechts) planen den Ablauf des Einsatzes.
Foto: Helmut Will | Jens Höhn und Landwirt Sebastian Denninger (von rechts) planen den Ablauf des Einsatzes.

Sebastian Denninger und Jens Höhn legen auf der Motorhaube eines Autos Pläne aus und legen gemeinsam die Reihenfolge der Wiesen fest, die sie absuchen wollen. Dann geht es los zum ersten Einsatz - auf der "Ebene", eine Wiese nördlich von Altenstein. Die Retter platzieren Drohne und technisches Equipment und bauen ein Stativ auf. Daran sind die Bildschirme für Wärmebildkamera und einem GPS gesteuerten Flurplan befestigt. 

Die Suche funktioniert in den Morgenstunden am besten

Auf diesem zeigt der Landwirt Sebastian Denninger dem Drohnenpiloten Jens Höhn sein Wiesengrundstück. Schon schwirrt die Drohne ab in den Nachthimmel. Das Helferteam steht direkt bereit: Sobald die Wärmebildkamera ein Rehkitz entdeckt, laufen sie in dessen Richtung.

Am besten funktioniert so eine Drohnensuche am frühen Morgen, wenn der Boden noch nicht von der Sonne aufgeheizt ist, erklärt der 38-jährige Höhn. Das habe mit der Funktionsweise der Wärmebildkamera zu tun – und der Anzeige von Wärmequellen. "Da kann man Kitze leichter orten", so der Drohnenpilot. Auf dem Bildschirm sind nun zwei kleine Punkte zu erkennen, die sich schnell bewegen. Die Retter vermuten, dass es sich dabei um Katzen handelt, die wegrennen – und nicht um Rehkitze. 

Arbeit im Auftrag der Tierschutzinitiative Haßberge

Weiter geht es deshalb nun zu einem Wiesengrundstück nahe Hafenpreppach. Höhn erläutert, dass er im Auftrag der Tierschutzinitiative Hassberge vor der Heumahd nach Rehkitzen sucht. Die Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Jagdpächtern und der Naturschutzbehörde laufe gut. Die Landwirte melden sich, wenn sie ihre Wiesen mähen wollen. In der Nacht vor der Mahd werden diese dann abgesucht.

Jens Höhn beobachtet, welche Bilder ihm seine Wärmebild-Drohne liefert.
Foto: Helmut Will | Jens Höhn beobachtet, welche Bilder ihm seine Wärmebild-Drohne liefert.

Ähnlich wie auf der Wiese bei Altenstein heißt es an diesem Morgen auch bei Hafenpreppach: Fehlanzeige. Das Team zieht weiter in Richtung Saarhof und anschließend zu weiteren Wiesengrundstücken des Landwirts.

Der Drohnenpilot hat schon einige Jahre Erfahrung. "2016 habe ich angefangen Drohne zu fliegen, um für befreundete Landwirte Wiesen abzufliegen, damit bei der Wiesenmahd keine Rehkitze durch das Mähwerk getötet werden", sagt Höhn. Um die Drohne fliegen zu dürfen, erlangte er bereits 2016 einen Kenntnisnachweis und einen EU-Drohnenführerschein. Seit dem Jahr 2020 ist er als Drohnenpilot für die Tierschutzinitiative Haßberge tätig und kümmert sich um die Suche und Rettung im nördlichen Haßbergkreis.

Der Start der Drohne wird von Jens Höhn (vorne) vorbereitet. Das Helfer-Team schaut ihm dabei über die Schulter
Foto: Helmut Will | Der Start der Drohne wird von Jens Höhn (vorne) vorbereitet. Das Helfer-Team schaut ihm dabei über die Schulter

Das erste Kitz taucht auf

Es dauert nur wenige Minuten, bis der Grund mit der Drohne komplett abgesucht ist. Dann: die Anspannung steigt. Plötzlich ist es so weit. Das erste Kitz taucht auf dem Bildschirm der Wärmebildkamera auf. Die Helfer, die Jens Höhn scherzhaft als "Erdferkel" bezeichnet, machen sich auf den Weg zum Tier.

Behutsam, mit Einmalhandschuhen und frischen Gras umfasst, holt Kristin Schleyer das Rehkitz aus der Wiese.
Foto: Jens Höhn | Behutsam, mit Einmalhandschuhen und frischen Gras umfasst, holt Kristin Schleyer das Rehkitz aus der Wiese.

Johannes Schobig lotst die Retter per Funk zum Kitz. Kristin Schleyer und Eva Vorndran erreichen das aufgespürte Tier. Sie haben einen Plastikkorb dabei, der mit frischem Gras ausgelegt ist. Die beiden Frauen tragen außerdem Einmalhandschuhe, in denen sie ebenfalls frisches Gras halten. Ganz behutsam fassen sie das Kitz damit an, holen es aus seinem Versteck und legen es in den Korb. Das kleine Tier wird nun umgesetzt. Es wird an einer Stelle außerhalb des Gefahrenbereichs – der Wiese, die gemäht werden soll –  an einen sicheren Platz gebracht, der vor der Sonne geschützt ist.

Das Team legt einen Wäschekorb über das junge Reh und befestigen diesen. So soll verhindert werden, dass es eventuell wieder zurück auf die Wiese läuft, bevor diese vom Landwirt gemäht wird. Nach der Mahd lässt es der Landwirt, der nun weiß, wo sich das Kitz befindet, wieder frei. Es dauert nicht lange, bis es wieder mit seiner Mutter vereint ist, die sich stets in der Nähe aufhält.

So werden gerettet Kitze transportiert.
Foto: Jens Höhn | So werden gerettet Kitze transportiert.

Insgesamt finden Höhn und sein Team an diesem Montagmorgen fünf Rehkitze. Vier werden umgesetzt, eines bleibt an Ort und Stelle, weil es sich außerhalb eines Mähbereiches befindet. Das Schönste sei es, ein kleines Reh in Händen zu halten und beim Umsetzen das schlagende Herz des Tieres zu spüren, die schnuppernde Nase zu sehen und in die rehbraunen Augen der Tiere zu blicken, findet der 38-Jährige.

Er weiß, dass die Rehkitzrettung ohne Helferinnen und Helfer nicht möglich wäre. "In meinem Pilotenteam stehen mir vierzehn Freunde und Bekannte zur Seite, die in der Nacht mit aufstehen und mich bei der Rettung der Rehkitze unterstützen, damit diese dem grausamen Mähtod entgehen können", so der engagierte Mann.

Das Rehkitz, kurz bevor Kristin Schleyer und Eva Vorndran es zu einer sicheren Stelle gebracht haben.
Foto: Jens Höhn | Das Rehkitz, kurz bevor Kristin Schleyer und Eva Vorndran es zu einer sicheren Stelle gebracht haben.

Neben dem nützlichen Tun schätzt er auch das Naturerlebnis. Mittlerweile habe er etwa 500 Wiesen mit Fläche von 1.566 Hektar zusammen seinem Team abgesucht, schätzt er. Und die Arbeit zahlt sich aus, denn: 320 Rehkitze wurden so vor dem drohenden Mähtod gerettet.

 
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Kommentare
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  • richtig
    Was sind schon die Schmerzen einiger Hundert kitze gegen die von 200.000 überfahren und einer Million überwiegend schlecht von Kugeln getroffenen und von tausenden von Hunden gehetzt? Zählen doch nicht?
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  • dbuettner0815@gmail.com
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  • CC4010deren
    Na dann, Herr/Frau richtig
    Die hier Beschriebenen setzen Zeit und Geld für due Rettung EINES Teils der Tuere ein. Ihnen ist der andere Teil wichtig. Soweit verstanden.
    Aber was setzten Sie ( außer Anklage) selbst ein?
    ... nur so aus Interesse... , grinsen
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  • richtig
    Ich setze mich sehr wohl für den Erhalt von Lebensräumen für tatsächlich bedrohte Arten ein. Rehe, von denen es alleine In D ca. 6 Millionen gibt sind nun mal nicht im Bestand bedroht sondern es gibt heute davon mehr denn jeher. Gefühlsduselei muss nicht sein. Tot durch das kreisselmähwerk erfolgt in sekundenschnelle, ist halt ne Sauerei im Futter. Tod durch ein Geschoss oder die Stoßstange zieht sich später oft über Stunden oder Tage. Wer hat die Verantwortung für das Leid der sogenannten Nutztiere? Oft sind die kitzretter im Gegensatz zu mir dann doch nicht die Veganer.
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  • georg-ries@web.de
    Nutznießer sind vor allem die Landwirte, die vom Gesetz her verpflichtet sind, vermeidbares Tierleid zu verhindern. Deswegen unterstützen die Jäger mit der Drohne, weil sie Partner der Landwirte sind!!
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  • sebastian.weikert
    Bei solchen hohlen Kommentaren fragt man sich nicht mehr weshalb die Artenvielfalt sich so massiv verändert wie in den letzten Dekaden.
    Unabhängig ob geschützt oder nicht, Tierschutz fängt klein an.
    Vielen Dank den engagierten Helfern, tolle Sache!
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  • richtig
    Welch ein Getönse damit sie nicht gleich unters Messer, sondern unter die Räder oder in den Schuss geraden. Rehen ist in nur sehr wenigen Fällen der natürliche Tod beschieden. Dass es so viele gibt ist der fürsorglichen Hege eben für die Hegeschau geschuldet. Nutznießer solcher gutgemeinter Aktionen sind nur die Jagtpächter!
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  • Funkenstern
    Keine Ahnung von Tierschutz aber so nen doofen Kommentar ablassen.
    Die Schmerzen willst du wohl kaum abhaben.
    Der Kommentar ist dumm und niederträchtig.
    Als Mensch glaubst du wohl alles entscheiden zu dürfen.
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  • dbuettner0815@gmail.com
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