In allen Lebensbereichen spielen Computer eine immer größere Rolle. Auch viele Berufsausbildungen oder Studiengänge wären heute ohne eine Art "digitale Grundbildung" nicht mehr denkbar. Um Schülerinnen und Schüler auf ein Leben in dieser Welt vorzubereiten, müssen auch Schulen mit der Zeit gehen.
Doch bei der Frage, wie dieser Digital-Unterricht aussehen könnte, stecken Schulen und Bildungspolitik noch in einer Experimentierphase. Ein Pilotprojekt dazu lief im Schuljahr 2021/22 an der Grundschule Theres – wissenschaftlich begleitet von einem Team der Uni Würzburg. Nun, da sich das Schuljahr dem Ende zuneigt, hat die Schule am Standort Dampfach erste Ergebnisse vorgestellt.
Eingeladen waren unter anderem Landrat Wilhelm Schneider sowie die Bürgermeister der Schulstandorte, ebenso wie Vertreterinnen und Vertreter von anderen Schulen und des Schulamtes. Vor allem aber richtete sich die Veranstaltung an die Eltern der Schulkinder.
Dabei ging es nicht nur darum, lange Vorträge darüber zu hören, wie die Schule den Umgang mit modernen Medien im Unterricht vermittelt. Die Eltern hatten auch die Gelegenheit, die Computerprogramme, mit denen ihr Nachwuchs im Unterricht arbeitet, einmal selbst auszuprobieren. Angeleitet wurden sie dabei nicht etwa von den Lehrern, sondern von den Schülerinnen und Schülern.
Leihgeräte, die die Schülerinnen und Schüler mit nachhause nehmen dürfen
Doch was ist die Besonderheit an dem Pilotprojekt? Neu ist, dass die Kinder der 3. Klasse im vergangenen Schuljahr "eins zu eins" mit Computern arbeiten konnten. Das bedeutet: Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Schule nur einen Computerraum hatte, den die Klassen im Wechsel für einzelne Stunden nutzen konnten und dann wieder verlassen mussten. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die Schule Geräte besaß, die dann für einzelne Unterrichtseinheiten ausgeteilt und dann wieder eingesammelt wurden. Vielmehr bekamen in den betreffenden Klassen der Grundschule Theres alle Kinder iPads als Leihgeräte.
So konnten die Schülerinnen und Schüler die Geräte in der Schule nutzen und mit den gleichen Geräten auch am Nachmittag digitale Hausaufgaben machen. Die Idee, dass Schüler eigene beziehungsweise dauerhaft geliehene Tablets für die Nutzung in der Schule haben, ist zwar nicht ganz neu, wird bisher aber nur an weiterführenden Schulen, also ab der 5. Klasse, praktiziert.
"Die beiden Klassenlehrerinnen Frau Eisermann und Frau Pfeuffer wagten zusammen mit ihren Schülern buchstäblich den Sprung ins kalte Wasser", sagte Rektorin Ulrike Binder-Vondran bei der Veranstaltung. Doch das Wagnis hat sich ihrer Ansicht nach gelohnt: "Chapeau! Ich ziehe meinen Hut vor allen Akteuren", lautete das Fazit der Schulleiterin.
Die Kommunalpolitiker haben die Zeichen der Zeit erkannt
Das schloss auch die Träger der Kosten mit ein: "Der Bund und das Land stellten Geldmittel zur Digitalisierung der Schulen zur Verfügung. Nicht alle Kosten waren aber dadurch gedeckt." Den Rest habe der Sachaufwandsträger stemmen müssen. "Auch die konkrete Planung, Beschaffung und Umsetzung überließ man in Berlin und München den Sachaufwandsträgern und den Schulen vor Ort."
Daher könne sich die Schule Theres glücklich schätzen, dass die Bürgermeister und Gemeinderäte aller drei Schulstandorte "schon vor sieben Jahren die Zeichen der Zeit erkannten" hätten. Viel Lob gab es auch für den Lehrer Tobias Lamm, der als Systembetreuer der Schule mit dem Projekt alle Hände voll zu tun gehabt habe.
Die Lehrerinnen Bettina Pfeuffer und Uta Eisermann berichteten von ihren Erfahrungen im Unterricht mit den Geräten, von anfänglichen Sorgen und von Dingen, die es zu vermeiden galt. So sollten die Kinder die iPads "als Werkzeug und nicht als Spielzeug verstehen". Das sei allerdings auch gelungen und die Geräte seien ein "selbstverständliches und geeignetes Unterrichtsmittel" geworden.
Die Hauptakteure des Abends waren die Kinder
Larissa Ade und Dr. Katharina Kindermann vom Lehrstuhl für Grundschulpädagogik der Uni Würzburg sprachen über die Ergebnisse einer Befragung der Kinder, die sie durchgeführt hatten. Auch diese kam zu weitgehend positiven Ergebnissen. Demnach scheint der Weg in eine "Kultur der Digitalität" zu funktionieren. Negative Effekte wie die Ablenkung durch das Gerät würden sich mit der Zeit verringern.
Die Hauptakteure des Abends waren dann aber die Kinder, in den verschiedenen Klassenräumen vorführten, was sich mit den Tablets so alles machen lässt und wie dies im Unterricht eingesetzt wird. So ließen sie ihre Eltern und die Eltern ihrer Klassenkameradinnen und -kameraden beispielsweise in Quiz-Spielen gegeneinander antreten, zeigten ihnen, wie sich mit den Geräten Stop-Motion-Filme erstellen lassen oder wie im Rahmen des Unterrichts nach Bildern in Internetdatenbanken gesucht werden kann.
Dabei zeigte sich auch: Es geht hier nicht mehr um Digitale Bildung als eigenes, abgegrenztes Fach, das eine Sonderstellung im Stundenplan einnimmt. Vielmehr gibt es in den verschiedensten Schulfächern Möglichkeiten, die iPads einzusetzen und Aufgaben mit ihnen zu lösen. Die Kinder lernen also von Anfang an, wie es auch später im Leben läuft: Der Computer ist ein Hilfsmittel, das immer wieder in den unterschiedlichsten Lebensbereichen zum Einsatz kommen kann.
Lehrkräfte und Schulkinder brauchen auch ihre "Zeit zum Abschalten"
Durch die Möglichkeit, die Geräte miteinander zu vernetzen, können Schülerinnen und Schüler auch digitale Hausaufgaben machen und gleich von ihren Klassenlehrerinnen eine Rückmeldung erhalten. Aber besteht da nicht auch die Gefahr, dass aufgrund der ständigen Erreichbarkeit füreinander weder Kinder noch Lehrkräfte mental richtig im Feierabend ankommen?
"Das ist ein Stück weit Selbstdisziplin, die wir uns noch erarbeiten müssen", meint Lehrerin Bettina Pfeuffer. Es habe durchaus Vorteile, "näher dran" zu sein an den Schülerinnen und Schülern. Man müsse aber auch darauf achten, "Zeit zum Abschalten" zu bekommen.
Für Schulleiterin Binder-Vondran ist nun vor allem die Frage, wie es im kommenden Schuljahr weitergehen soll. So wäre es aus ihrer Sicht schade, "die neu erworbenen Kompetenzen nicht weiterzunutzen und zu vertiefen". Allerdings sei ein weiteres Jahr mit ausschließlich kostenlosen Leihgeräten aufgrund steigender Schülerzahlen nicht mehr durchführbar. Eine mögliche Lösung könnte in der Anschaffung privater – möglicherweise auch gebrauchter – Geräte durch die Familien der Schulkinder sein.