
Die Zahl 30 hat für die Königsberger Feuerwehrkommandanten eine besondere Bedeutung: 30 Jahre lang war Karl Brochloß Kommandant, von 1950 bis 1980. Als nach ihm Gerd Kost das Amt übernahm, hatte er auch das Ziel, die 30 voll zu machen, doch nach 17 Jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen aufhören. "Damals hab ich leichtfertig gesagt: Dann mach ich das halt", erzählt Peter Schüler, der 1997 das Amt von Kost übernahm. Sprich: Auch er wollte als Kommandant drei Jahrzehnte lang im Amt bleiben. Und tatsächlich: Vor wenigen Wochen wurde Schüler für weitere sechs Jahre an die Spitze der Königsberger Feuerwehr gewählt. "Wenn ich diese Wahlperiode rum hab, dann sind die 30 voll", sagt der heute 51-Jährige.
Vier Kommandanten aus der gleichen Straße
Kurios ist auch eine Gemeinsamkeit zwischen Peter Schüler, Gerd Kost, Karl Brochloß und dessen Vorgänger Wilhelm Gleichmann: Alle vier Kommandanten, die die Königsberger Feuerwehr seit 1940 hatte, stammten aus der Marienstraße.
Und seit den Neuwahlen Ende Juni gibt es eine weitere Besonderheit bei der Führung der Freiwilligen Feuerwehr Königsberg. Der bisherige Zweite Kommandant Ralf Schlinke hatte sich nach 18 Jahren im Amt nicht mehr zur Wahl gestellt. Die neue "Nummer Zwei" ist der 31-jährige Alexander Schüler. Der Name lässt es bereits vermuten: Die Königsberger Feuerwehr wird jetzt von einem Vater-Sohn-Duo geführt.
Alexander Schüler macht kein Geheimnis aus seinen Ambitionen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. "Mein Vater als Kommandant scheidet ja irgendwann aus. Vielleicht bringt er mir ja noch was bei, das ich auch als Kommandant brauchen kann." Auf die Frage, ob er sich für das Amt als stellvertretender Kommandant und die damit verbundene Verantwortung bereit fühlt, antwortet er: "Ich bin ja schon einige Jahre Gruppenführer." Das bedeute auch, dass er bereits Einsätze geleitet hat, wenn beide Kommandanten nicht da waren. "Die Lehrgänge folgen. Ich fühle mich schon in der Lage, das zu meistern."
Junge Leute wollen Verantwortung übernehmen
Genau dieser Wunsch der jüngeren Generation nach Verantwortung ist der Grund, warum sich der bisherige stellvertretende Kommandant Ralf Schlinke nicht mehr zur Wahl gestellt hat. Lange habe er Jugendarbeit gemacht und die neuen Feuerwehrleute ausgebildet. "Jetzt sind sie in einem Alter, in dem sie Posten übernehmen können und wollen", sagt er. Da sei es nicht seine Art, einen Platz zu blockieren, und die Jungen, die er selbst ausgebildet hat, nicht zum Zug kommen zu lassen, erzählt der 52-Jährige, der als Lagerverantwortlicher bei den Fränkischen Rohrwerken arbeitet.

Sein Nachfolger Alexander Schüler ist gelernter Maurer und arbeitet beim Bauhof. Von 2002 bis 2008 war er Mitglied der Jugendfeuerwehr, seit 2008 ist er in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Sein Vater Peter Schüler ist seit drei Jahren städtischer Wasserwart. Bei der Feuerwehr ist er nicht nur Kommandant, sondern seit April auch Kreisbrandmeister.
Zuständig für 150 Einsatzkräfte
Es gibt einiges an Personal und Ausrüstung, für die das Kommandanten-Duo zuständig ist: 56 aktive Feuerwehrleute und vier Fahrzeuge gibt es in Königsberg, dazu kommen vier Löschgruppen in den Ortsteilen Römershofen, Holzhausen, Junkersdorf und Unfinden, so dass die Königsberger Kommandanten insgesamt für rund 150 Einsatzkräfte zuständig sind.
Gerade die Stadt Königsberg stellt die Feuerwehr vor große Herausforderungen: In der denkmalgeschützten Altstadt mit ihren vielen Fachwerkhäusern könnte ein Feuer besonders großen Schaden anrichten, während die engen Straßen die Anfahrt erschweren. "Die Autos wachsen, die Straßen wachsen nicht mit", sagt Peter Schüler. Und auch die Parksituation sei nicht immer ideal. "Glücklicherweise sind wir mit Bränden in der Altstadt in den letzten Jahrzehnten verschont geblieben", berichtet er. "Der letzte große dürfte Anfang der 1990er-Jahre gewesen sein."
Doch die Königsberger Feuerwehr nimmt es durchaus ernst, sich auf das Szenario eines Brandes in der Altstadt vorzubereiten. So gebe es regelmäßig Übungen in der Altstadt, ebenso wie Ausbildungsfahrten, bei denen die Feuerwehrleute die Anfahrt durch die engen Straßen trainieren können.
In Zeiten des Klimawandels nehmen die Sturmschäden zu
Im Schnitt habe die Freiwillige Feuerwehr Königsberger 40 bis 50 Einsätze im Jahr, sagt Peter Schüler. Auch wenn der Name "Feuerwehr" etwas anderes vermuten lässt: Nur bei rund 30 Prozent der Einsätze handelt es sich tatsächlich um Brandeinsätze, in den übrigen 70 Prozent geht es um "technische Hilfeleistung", beispielsweise nach Verkehrsunfällen oder bei Sturmschäden.
Gerade was Sturmschäden betrifft, spricht Peter Schüler auch über seine Beobachtung, dass diese während seiner Zeit bei der Feuerwehr deutlich zugenommen hätten. Dass er und seine Kameraden ausrücken mussten, um Keller auszupumpen oder umgestürzte Bäume von der Straße zu räumen, sei noch vor einigen Jahrzehnten wesentlich seltener gewesen als heute. Der Feuerwehrkommandant sieht darin ein deutliches Zeichen für den Klimawandel, weshalb sich die Feuerwehr nun auch verstärkt auf solche Ereignisse vorbereiten müsse.
Die erste Alarmierung auf die andere Mainseite
Einen besonders schweren Sturm, an den sich Peter und Alexander Schüler erinnern, gab es im Sommer 2012. Damals wurden mehrere Bäume herausgerissen und auch am Königsberger Rathausdach gab es große Schäden. Beim jüngsten Starkregen am vergangenen Wochenende sei Königsberg dagegen im Vergleich zu vielen anderen Kommunen im Landkreis Haßberge "relativ glimpflich davongekommen". Erwischt habe es nur den Ortsteil Altershausen, wo die Feuerwehr rund 300 Sandsäcke verbaute, um Haus- und Hofeinfahrten sowie die Hackschnitzelanlage zu schützen.

Peter Schüler, Alexander Schüler und Ralf Schlinke haben einiges zu erzählen von besonderen Einsätzen, die sie erlebt haben. Alexander Schüler nennt einen Scheunenbrand im Jahr 2009 als eines der prägendsten Erlebnisse seiner Feuerwehr-Zeit; für den damals 19-Jährigen war es einer seiner ersten großen Einsätze. Als interessante Erfahrung beschreiben Peter und Alexander Schüler den Einsatz beim Großbrand bei der Recyclingfirma Koppitz in Knetzgau im Jahr 2019. "Wir sind zum ersten mal auf die andere Mainseite alarmiert worden", sagt Peter Schüler. "Bei uns war immer der Main die Grenze."
Manche Einsätze gehen an die Substanz
Ralf Schlinke nennt als eine der größten Herausforderungen seiner Feuerwehr-Zeit einen Unfall bei Bischofsheim, bei dem ein Hubschrauber landen musste. Für ihn als Feuerwehr-Einsatzleiter bedeutete das die schwierige Aufgabe, den Landeplatz für den Hubschrauber zu sichern.
Peter Schüler berichtet, er habe auch einige Großtierrettungen sehr interessant gefunden. Schmunzeln muss er, als er von der Rettung eines Ponys berichtet, das in einen Swimmingpool gefallen war. Letztlich retteten die Einsatzkräfte das Tier, indem sie ihm einen Feuerwehrschlauch um den Bauch banden und es daran aus dem Wasser hoben. Doch nicht jeder Einsatz ist in so positiver Erinnerung geblieben: "Das schlimmste sind Verkehrsunfälle mit Toten", sagt Peter Schüler. "Die gehen an die Nerven, an die Psyche, an die Substanz."