zurück
Westheim
"Parteizugehörigkeit ist total wurscht": Warum in Westheim CSU und Grüne an einem Strang ziehen
Nina Köberich und Barbara Ullrich haben gemeinsam das Kriegerdenkmal hergerichtet. Wieso im Ehrenamt möglich ist, was in der Landespolitik ausgeschlossen wird.
Die beiden Gemeinderätinnen Nina Köberich (Grüne, links) und Barbara Ullrich (CSU) haben gemeinsam die Neubepflanzung des Kriegerdenkmals in ihrem Heimatort Westheim initiiert.
Foto: Michael Endres | Die beiden Gemeinderätinnen Nina Köberich (Grüne, links) und Barbara Ullrich (CSU) haben gemeinsam die Neubepflanzung des Kriegerdenkmals in ihrem Heimatort Westheim initiiert.
Michael Endres
 |  aktualisiert: 15.07.2024 11:21 Uhr

Was auf Landesebene inzwischen unmöglich erscheint, ist im Knetzgauer Ortsteil Westheim Tagesgeschäft: überparteiliche Zusammenarbeit zwischen Schwarz und Grün. Wie das aussehen kann, haben erst kürzlich Nina Köberich (Grünen) und Barbara Ullrich (CSU) gezeigt. Die beiden Gemeinderätinnen aus Westheim haben mithilfe von Bürgerinnen und Bürgern das Umfeld des Kriegerdenkmals in der Eschenauer Straße erneuert und dabei nicht nur geplant, sondern auch selbst angepackt.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Seit 2020 sitzen Köberich (39 Jahre) und Ullrich (43 Jahre) im Gemeinderat von Knetzgau. Beide stammen aus Westheim und kennen sich schon lange, duzen sich, haben sogar gemeinsam ministriert, wie sie erzählen. In ihrem Heimatort gebe es aber ein paar Ecken, die seit Jahren keine Beachtung gefunden hätten, erzählt Ullrich.

Dazu zählte auch das Kriegerdenkmal. "Es war kein schöner Anblick", sagt Köberich. Die 39-Jährige berichtet, dass sie von Bürgerinnen und Bürger darauf angesprochen worden sei. In den letzten Jahren hätten Trockenheit und Schädlingsbefall dem Umfeld des Kriegerdenkmals stark zugesetzt, wie Köberich bereits vorab in einer Pressemitteilung beschreibt.

Rechtzeitig hergerichtet zum Volkstrauertag

Rechtzeitig zum Volkstrauertag am 19. November ist das Umfeld nun hergerichtet. Beiden Gemeinderätinnen war wichtig, dass das Kriegerdenkmal an diesem Tag ein ordentliches Bild abgibt. Um dorthin zu kommen, hatte Köberich gemeinsam mit einem Gärtner aus der Region die Planung für die Staudenbepflanzung, die mit längeren Trockenheitsphasen zurechtkomme, übernommen. Eine spezielle Mulchschicht sorge dafür, dass die Verdunstung bei größerer Hitze verringert werde und gleichzeitig Starkregen besser im Boden versickern könne. Das ganze Jahr über solle etwas blühen, so das Ziel.

Der Bauhof bereitete daraufhin das Beet und die Steinumrandung für die neue Bepflanzung vor, Nina Köberich und Barbara Ullrich bepflanzten. Unterstützung kommt auch aus der Bevölkerung. Anwohner Hannes Zaske wird sich laut Köberich mit seiner Familie um die Pflege und das Gießen kümmern. Weitere Bürgerinnen und Bürger hätten ebenfalls ihre Hilfe bei der Pflege der Bepflanzung zugesichert.

Nina Köberich: "Die Parteizugehörigkeit ist total wurscht"

"Die Parteizugehörigkeit ist total wurscht", sagt Köberich über die kommunale Zusammenarbeit unter ihren Ratskolleginnen und -kollegen. "Wir ziehen im Gemeinderat ganz oft an einem Strang", sagt auch Kollegin Ullrich. Bei Anliegen der Bürgerinnen und Bürger würden sich die Gemeinderätinnen und -räte ohnehin untereinander austauschen. Die vier Westheimer Mitglieder des Knetzgauer Gemeinderats hätten für den Austausch eine WhatsApp-Gruppe.

"Ich war halt auf der CSU-Liste", sagt Barbara Ullrich. Was die CSU im Großen und Ganzen wolle, sei in der Kommune unbedeutend, erklärt sie. Grünen-Gemeinderätin Köberich verweist darauf, dass personenbezogen gewählt werde. Ullrich hält das auch für "total wichtig". Die Parteizugehörigkeit spiele da für die Bevölkerung eher weniger eine Rolle. Regelmäßig höre Köberich dabei den Satz, "Nina, du bist doch im Gemeinderat" und nicht "Nina, du bist doch bei den Grünen", verdeutlicht dies die 39-Jährige an einem Beispiel aus dem Alltag. Was die beiden vereint: Sie wollen etwas in ihrem Heimatort bewegen, mitgestalten.

Das Kriegerdenkmal liegt an der Eschenauer Straße in Westheim.
Foto: Michael Endres | Das Kriegerdenkmal liegt an der Eschenauer Straße in Westheim.

Die beiden Politikerinnen erklären, dass es zwar Fraktionssitzungen gebe, da würden aber die Gemeinderatssitzungen vorbesprochen, was auch nötig sei. Bei Westheim-Themen korrespondieren die beiden zudem mit den weiteren zwei Mitgliedern aus ihrem Heimatort, Peter Werner (Grüne) und Martina Döllner (FDP).

So unbürokratisch wie aktuell die Bepflanzung des Kriegerdenkmals, für das die Pflanzen ungefähr 350 Euro gekostet hätten, ist es aber nicht immer. Grundsätzlich müssen Projekte, die eine gewisse Summe überschreiten, im Gemeinderat beschlossen werden, erklären Ullrich und Köberich. Das betreffe beispielsweise Anliegen wie den Friedhofsweg oder den Hochwasserschutz, den beide auf der Agenda haben.

Barbara Ullrich: "Das sind Sachen, die gehen nicht zu zweit"

"Das sind Sachen, die gehen nicht zu zweit", sagt Ullrich. Sie fügt an: "Wenn es gehen würde, würden wir es schon machen." Kleinere Anschaffungen, wie die Pflanzen, könnten hingegen auch ohne Ratsbeschluss über die Verwaltung oder – wie in diesem Fall geschehen – über den Bauhof getätigt werden, erklärt Köberich.

Rechtzeitig zum Volkstrauertag wurde das Projekt fertig.
Foto: Michael Endres | Rechtzeitig zum Volkstrauertag wurde das Projekt fertig.

Neben der überparteilichen Zusammenarbeit nennt Nina Köberich eine weitere Stärke des ehrenamtlichen Gremiums Gemeinderat: Jeder oder jede bringt Experten- oder Expertinnenwissen mit. Sie und Barbara Ullrich sind beispielsweise beide Lehrerinnen. Ein Thema, das sie auf dem Schirm haben, sind neue Tafelsysteme für Schulen. Andere Ratsmitglieder bringen ebenfalls ihr Wissen in ihren Fachgebieten mit ein, beispielsweise beim Thema Hochwasserschutz, der in Westheim die Menschen bewegt.

Während die Zusammenarbeit zwischen CSU und Grünen dort auf kommunalpolitischer Ebene Alltag ist, kündigt in Hessen auf Landesebene Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) seine Koalition mit den Grünen auf und will nun mit der SPD zusammen regieren. In Bayern hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits vor der Wahl ein Bündnis mit den Grünen kategorisch ausgeschlossen.

Die überparteiliche Zusammenarbeit funktioniert dann besonders gut, wenn es um Sachpolitik gehe, erklärt Nina Köberich. In der großen Politik geht es oft um mehr als das, um Koalitionen, Ideologisches und Befindlichkeiten. Auf dem Dorf steht hingegen das direkte Zusammenleben im Vordergrund.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Westheim
Michael Endres
Boris Rhein
Bürger
CDU
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Ehrenamtliches Engagement
FDP
Kriegsdenkmale
Markus Söder
SPD
Stadträte und Gemeinderäte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top