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Haßfurt
Ohne sie stünde die Metzgerklasse vor dem Aus: Berufsschule Haßfurt auf Azubis aus dem Ausland angewiesen
Ein Teil der Schülerinnen und Schüler der Haßfurter Berufsschulklasse kommt aus dem Ausland. Warum das so ist und wieso die Schule dringend darauf angewiesen ist.
Die Schülerinnen und Schüler der 'Metzgerklasse' im ersten Lehrjahr an der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt.
Foto: Naomi Petsch | Die Schülerinnen und Schüler der "Metzgerklasse" im ersten Lehrjahr an der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt.
Naomi Petsch
 |  aktualisiert: 19.11.2024 02:42 Uhr

22 Schülerinnen und Schüler sind aktuell im ersten Lehrjahr zum Fleischer und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk an der Heinrich-Thein-Berufsschule Haßfurt. Viele davon haben eine lange Anreise, denn die Wohnorte der Schülerinnen und Schüler verteilen sich über mehrere Landkreise: Bad Kissingen, Schweinfurt, Rhön-Grabfeld und Haßberge. Und bei einigen von ihnen ist die Anreise sogar noch ein deutliches Stück länger: Neun Schülerinnen und Schüler kommen sogar extra aus dem Ausland, um den Beruf zu lernen.

Ohne sie würde die Ausbildung auch in Haßfurt nicht mehr möglich sein. Denn sonst wären es zu wenige Schülerinnen und Schüler und die Berufsschule dürfte den Kurs nicht mehr anbieten. Sie alle vereint eines – die Azubis kommen jeden Donnerstag in die Berufsschule nach Haßfurt, eine der wenigen Schulen in der Region, in der der Beruf noch gelernt werden kann. Metzger und Lebensmittelfachverkäufer haben im ersten Lehrjahr den gleichen Lehrplan. Im zweiten und dritten Lehrjahr haben sie nur manchmal zusammen Unterricht.

Aus dem Irak an die Berufsschule Haßfurt

Jaafar Hashim ist einer der neun Schülerinnen und Schüler, die aus dem Ausland kommen. Denn bis vor vier Monaten lebte er noch im Irak, wo er nach eigenen Angaben seinen Bachelor in Englisch gemacht hat. Dort habe er auch bereits als Metzger gearbeitet, sagt Hashim. Nun wohnt er in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) und ist Azubi bei Edeka. Man habe "eine große Chance" in Deutschland und könne sich schnell weiterentwickeln, befindet der 23-Jährige.

Eineinhalb Jahre habe er im Irak Deutsch gelernt und nun das Niveau B2. Die Sprachniveaus nach dem europäischen Referenzrahmen gehen von A1 bis C2. Dabei steht A1 für Anfänger und C2 für muttersprachliche Kenntnisse. Nach seiner Ausbildung als Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk, kurz Lebensmittelfachverkäufer oder Fleischereifachverkäufer, will Hashim weiter in Münnerstadt arbeiten.

Besonders im Metzgerhandwerk fehlt Nachwuchs

Als "erfreulich" beschreibt Jochen Brüggemann, der Schulleiter, die aktuelle Situation in der Metzgerklasse. "Es ist absolut notwendig, dass Nachwuchs vorhanden ist", fügt er hinzu. Besonders im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung und die fehlenden Arbeitskräfte in den Metzgerbetrieben. Die Herkunft der Azubis spiele dabei keine Rolle.

Auch für die Schule sei Nachwuchs wichtig, denn sonst könne der Standort nicht erhalten bleiben und die Schüler müssten alle in eine größere Stadt wie Würzburg oder Aschaffenburg – hier gibt es ebenfalls eine Metzgerklasse. An welche Schule die Azubis gehen müssen, hängt davon ab, in welchem Landkreis sie leben.

Schüler mit unterschiedlichen Bildungsniveaus

"Ich habe mir schon ein bisschen Sorgen gemacht", gesteht Tobias Knüttel, Klassenlehrer der Metzgerklasse, der Redaktion. Teilweise kämen sehr kurzfristig neue Azubis aus dem Ausland und man wisse vorher oft nicht, was einen erwarte. Denn, wie es in einer Berufsschulklasse üblich ist, so sind auch in dieser Klasse alle Azubis auf einem unterschiedlichen Niveau: Neben 25-jährigen Studenten mit Bachelor-Abschluss sitzen 16-jährige Mittelschüler.

Die Azubis der Berufsschulklasse bereiten beim Besuch der Redaktion gemeinsam Burger-Patties zu.
Foto: Naomi Petsch | Die Azubis der Berufsschulklasse bereiten beim Besuch der Redaktion gemeinsam Burger-Patties zu.

Viele der jungen Erwachsenen schließen bereits im Ausland einen Lehrvertrag mit einem Betrieb in Deutschland ab und dürfen so einreisen. Ihr Schulabschluss werde aber meistens nicht anerkannt, erklärt Knüttel. Die Azubis aus dem Ausland lernen alle den Beruf des Lebensmittelverkäufers. Einige von ihnen sind Muslime und essen kein Schweinefleisch. Im Rahmen ihrer Berufstätigkeit hätten sie aber kein Problem damit, die Ware anzufassen. Der Beruf des Metzgers aber werde meistens eher von Deutschen gewählt, so Knüttel.

"Man darf niemanden in Schubladen stecken oder brandmarken."
Tobias Knüttel, Klassenlehrer

Sprachlich hätten die ausländischen Schülerinnen und Schüler oft noch Schwierigkeiten, die einen mehr, die anderen weniger. Auch für Jaafar Hashim ist der fränkische Dialekt neu, wie er im Gespräch mit der Redaktion berichtet.

"Man darf niemanden in Schubladen stecken oder brandmarken", sagt Knüttel. Unterstützt wird der 37-Jährige von einer Förderschullehrerin aus der Ukraine, die sowohl ausländischen als auch deutschen Azubis bei Schwierigkeiten unter die Arme greift. Da sie selbst aus dem Ausland kommt, könne sie manche Probleme besser nachvollziehen.

Wichtig sei, "dass sie sich trauen zu fragen", sagt Knüttel. "Man muss seine Sprache so wählen, dass etwas ankommt." Bisher komme er aber gut klar, auch die Klassengemeinschaft mache einen guten Eindruck.

Schulleiter Brüggemann erklärt, dass er für die ausländischen Azubis keine Schwierigkeiten sehe. Die Schule biete mehrere Intensivierungskurse in Deutsch oder auch kostenlose Nachhilfestunden von der Arbeitsagentur an. Durch die neuen Arbeitskräfte sei der Metzgerberuf auch in Zukunft für die Region gesichert, ist er überzeugt.

 
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