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Haßfurt
Neuer Chef bei der Polizei Haßfurt: Was ist die größte Baustelle in Ihrem Beritt, Herr Müller?
Seit Januar 2023 ist Daniel Müller neuer Dienststellenleiter in der Kreisstadt. Ein Gespräch über Rechtsextremismus, Rauschgift und fehlenden Polizeinachwuchs.
Daniel Müller ist seit 1. Januar 2023 Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt.
Foto: Lukas Reinhardt | Daniel Müller ist seit 1. Januar 2023 Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:50 Uhr

Die Wechsel an der Spitze der Polizeiinspektion (PI) Haßfurt waren zahlreich in den vergangenen Jahren. Nun aber könnte Ruhe eingekehrt sein, denn seit dem 1. Januar 2023 führt Daniel Müller die Geschicke der Dienststelle in der Kreisstadt. Der Polizeioberrat ist nun zuständig für die Sicherheit von rund 65.000 Menschen. Ein Gespräch über die wichtigsten Aufgaben seiner Dienststelle, Probleme mit Rechtsextremismus und Rauschgift im Landkreis sowie Schwierigkeiten bei der Suche nach Polizeinachwuchs. 

Frage: Herr Müller, wie ist es, als Polizist in dem Landkreis zu arbeiten, in dem man lebt?

Daniel Müller: Ich bin der Region persönlich sehr verbunden, da ich seit 20 Jahren meine Wahlheimat im Landkreis habe. Es ist schön zu wissen, dass ich für die Sicherheit der Menschen in meiner Heimat zuständig bin. Das ist ein gutes Gefühl.

Gibt es in Ihren Augen also nur Positives?

Müller: Natürlich kann es auch mal zu einem unangenehmen Einsatz kommen. Einem, bei dem man jemanden persönlich und privat kennt. Aber ich bin professionell genug, um solche Einsätze genauso ordentlich abzuarbeiten wie jeden anderen auch, bei dem ich die Betroffenen nicht kenne.

Bevor Sie die Leitung der PI Haßfurt übernommen haben, waren Sie unter anderem in Bamberg als Polizist tätig. Wie unterscheidet sich die Polizeiarbeit in einer Stadt zu der auf dem Land?

Müller: In einer Stadt wie Bamberg sind die Anfahrtswege kürzer, man ist schneller am Einsatzort. Die Schlagzahl ist natürlich deutlich höher. Die Delikte sind ebenfalls unterschiedlich. Bamberg ist eine Studentenstadt mit großem Nachtleben. Wo viele Menschen zusammenkommen, gibt es einhergehend mit überhöhtem Alkoholkonsum gelegentlich auch Konflikte. Derartige Einsätze gibt es in Städten in der Regel das ganze Jahr über. Das hat man in der Fläche weniger, da gibt es zwar die typischen Landfeste, Kirchweihen, Johannisfeuer – aber die sind oft abhängig von der Jahreszeit, also eher punktuell. Im ländlichen Bereich gibt es dafür mehr Unfälle, vor allem schwere Unfälle außerhalb der Ortschaften durch zu hohe Geschwindigkeit. Alkohol am Steuer wird bayernweit zu einem immer größeren Problem. Und für den Landbereich stellt dies in puncto Verkehrsüberwachung eine besondere Herausforderung dar. Unser Dienststellenbereich ist rund 650 Quadratkilometer groß. Umso wichtiger ist es daher, dass wir als PI Haßfurt in der Region präsent sind, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Wie viele Polizistinnen und Polizisten stehen Ihnen zur Verfügung?

Müller: Um die 70 Beschäftigte sind bei der PI Haßfurt tätig.

Was ist in Ihrem Beritt die größte polizeiliche Baustelle, von der Sie sagen, darauf müssen die 70 Polizistinnen und Polizisten den Fokus legen?

Müller: Wir haben keine wirkliche große Baustelle. Wir haben ähnliche Aufgaben und Probleme wie andere Dienststellen mit Stadt und Landkreis. Das ist wie bereits erwähnt der Alkohol am Steuer. Der ist schon ein Problem, denn die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss ist bayernweit gestiegen. Bei jedem fünften tödlichen Verkehrsunfall war zuletzt Alkohol im Spiel. Wir legen unseren Fokus also auf entsprechende Kontrollen. Der zweite Bereich ist der Zweiradverkehr, also Fahrrad, Pedelec, Elektroroller und Motorrad. Auch hier stellen wir fest, dass zum Beispiel E-Scooter oder Fahrräder relativ häufig unter Alkohol-, teils gar unter Drogeneinfluss genutzt werden. Viele fahren zudem ohne Helm. Hier werden wir mehr kontrollieren.

"In unserem Dienststellenbereich sind die Fallzahlen sogar zurückgegangen, was Drogendelikte angeht."
Daniel Müller, Dienststellenleiter PI Haßfurt
Braucht es eine Helmpflicht?

Müller: Ich würde es begrüßen. Ich bin selbst Radfahrer und habe immer einen Helm auf.

Zuletzt gab es wieder einen Fall von Rauschgifthandel im großen Stil, der am Landgericht Bamberg verhandelt wurde, sich aber in Ihrem Zuständigkeitsbereich abgespielt hat. Hat der Landkreis Haßberge ein Drogenproblem?

Müller: In unserem Dienststellenbereich sind die Fallzahlen sogar zurückgegangen, was Drogendelikte angeht. Das zeigt auch unser Sicherheitsbericht, den wir demnächst veröffentlichen.

Im Zuge der Corona-Pandemie rückte im Landkreis Haßberge auch das Thema Rechtsextremismus stärker in den Fokus. Im Raum Ebern gibt es das "Kollektiv Zukunft schaffen, Heimat schützen", das auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Hat der Landkreis ein Problem mit Rechtsextremismus?

Müller: Wir haben das Thema auf dem Schirm. Natürlich ist uns das Demonstrationsgeschehen insgesamt bekannt. Auch in Bamberg, Breitengüßbach, Scheßlitz gab es im Rahmen der Pandemie Demonstrationen, bei denen die rechtsextreme Szene versucht hat, sich in die Reihen der bürgerlichen Mitte zu schmuggeln. Ich würde sagen mit mäßigem Erfolg. Das zeigt sich in Breitengüßbach, wo sich die Bürger zu einem bunten Ort bekannt haben.

Wie sieht es in Haßfurt aus?

Müller: Es gibt noch Samstagsdemonstrationen, die Ausläufer der Corona-Demos, die mittlerweile nicht mehr den pandemischen Unmut, sondern auch andere Themen auf dem Schirm haben wie etwa den Krieg in der Ukraine. Aber in dem Bereich sind keine rechtsextremen Tendenzen oder Mitläufer zu beobachten.

Polizeioberrat Müller ist nun zuständig für die Sicherheit von rund 65.000 Menschen.
Foto: Lukas Reinhardt | Polizeioberrat Müller ist nun zuständig für die Sicherheit von rund 65.000 Menschen.
In den vergangenen Jahren sind im Landkreis immer wieder schwarze Kreuze aufgestellt worden, zuletzt in Ebelsbach. Sie dienen der nationalistischen Propaganda und sollen "deutschen Opfern von Ausländergewalt" gedenken. Polizistinnen und Polizisten tun sich teils schwer, rechtsextreme Aktionen wie diese auch als solche erkennen. Muss man hier noch stärker sensibilisieren?

Müller: Ich denke, dass man nicht jede Form und Ausprägung von Extremismus und die Aktionen, die damit einhergehen, schulen kann. Dafür gibt es zu viele verschiedene Formen. Wir haben vor zwei, drei Jahren bei der Bereitschaftspolizei mit Schulungen zur Sensibilisierung von Führungskräften begonnen. Auch in Unterfranken werden durch die AG Priox (Prävention innerhalb der Organisation gegen Extremismus) Führungskräfte unterrichtet, um extremistische Tendenzen einerseits in den eigenen Reihen, andererseits außerhalb der Organisation zu erkennen und gegebenenfalls entgegenzuwirken.

Im vergangenen November wurde in Haßfurt eine Regenbogenfahne angezündet, die am Gebäude der Caritas hing. Auf Nachfrage hieß es von der Polizei damals, dass wegen "Sachbeschädigung durch Brandlegung" ermittelt werde. In ähnlich gelagerten Fällen in Deutschland hat schon der Staatsschutz übernommen, weil es als gezielte politische Aktion bewertet wurde.

Müller: In diesem Fall wurden die Ermittlungen durch die Staatsschutzdienststelle geführt. Ich habe noch nie erlebt, dass Kolleginnen oder Kollegen sagen, da machen wir nichts, wenn es um einen Einsatz mit extremistischem oder rassistischem oder antisemitischem Hintergrund ging.

Sie sehen also keinen Nachholbedarf?

Müller: Wir haben den Anspruch, jeglicher Form von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus oder der Diskriminierung von Gleichgeschlechtlichkeit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzutreten und damit verbundene Straftaten zu verfolgen.

"Wir müssen uns anpassen, indem wir beispielsweise Menschen mit Tätowierungen den Polizeidienst ermöglichen."
Daniel Müller, Dienststellenleiter PI Haßfurt
Kommen wir zum Thema Ausbildung. Bayerns Landespolizei hat Nachwuchsprobleme, hieß es Ende Januar. Im Freistaat wollen immer weniger junge Menschen Polizistin oder Polizist werden.

Müller: Die Bayerische Polizei konkurriert auf dem freien Arbeitsmarkt mit anderen Firmen. Das gelang in den letzten Jahren gut, wir sind ein attraktiver, mehrfach ausgezeichneter Arbeitgeber. Das sind wir in meinen Augen immer noch. Aber natürlich müssen auch wir uns anpassen, indem wir beispielsweise das Einstiegsalter für Bewerber diskutieren oder Menschen mit Tätowierungen den Polizeidienst ermöglichen.

Und wie sieht es mit der Dienststelle Haßfurt aus? Sie konkurrieren auch mit den größeren Ballungszentren Bamberg und Schweinfurt, wenn es um die Übernahme des fertigen Polizeinachwuchses geht. Hat Ihre Polizeiinspektion dadurch einen Nachteil?

Müller: Nein. Wir müssen nicht groß werben, damit der Nachwuchs nach Haßfurt kommt. Im Gegenteil. Viele wollen sehr gerne zu uns. Wir haben zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die in dem Gebiet wohnen und sich zu uns bewerben. Viele haben die Dienststelle als Wunsch angegeben und werden entsprechend berücksichtigt.

Haben Sie also kein Nachwuchsproblem?

Müller: Es gibt Leute, die gerne auf einer mittelgroßen Dienststelle wie Haßfurt sind. Andere wollen zur Kripo, wieder andere gehen nach Nürnberg oder München. Bei der Polizei kann jeder seine Wunschverwendung finden, das ist das Schöne an unserem Beruf. Haßfurt ist eine mittelgroße Dienststelle, da findet man eine gute Mischung aus allem. Langweilig wird es bei uns sicher niemandem. Wir haben uns in den vergangenen Jahren außerdem deutlich verjüngt. Das ist ebenfalls beruhigend.

Vielen Dank, Herr Müller, für das Gespräch.

Hintergrund zur Dienststelle Haßfurt

Die Polizeiinspektion Haßfurt ist zuständig für 64.950 Einwohnerinnen und Einwohner auf einer Fläche von 631 Quadratkilometern. Dazu zählen die Städte und Gemeinden Aidhausen, Bundorf, Ebelsbach, Eltmann, Gädheim, Haßfurt, Hofheim, Knetzgau, Königsberg in Bayern, Oberaurach, Rauhenebrach, Riedbach, Sand am Main, Theres, Stettfeld, Wonfurt, Zeil am Main.
Daniel Müller führte vor der Haßfurter Dienststelle die Landkreispolizei Bamberg. Früher (2006-2011) war er zudem unter anderem als Streifenbeamter und stellvertretender Dienstgruppenleiter in Bamberg Stadt tätig.
Quelle: Polizei Bayern
 
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