
Die Fraktionen von CSU, CWG, FDP, Junger Liste und den Grünen im Knetzgauer Gemeinderat haben am Mittwoch eine Rechts- und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bürgermeister Stefan Paulus (SPD/CWG) beim Landratsamt erhoben. Grund dafür ist seine Abwesenheit bei der Gemeinderatssitzung am 24. Februar. Paulus befand sich zum Zeitpunkt der Sitzung bei einer Musikprobe in einem Nachbarort.
"Mit diesem Verhalten zeigte der 1. Bürgermeister offenkundig, dass sein wahres Interesse mehr seiner Freizeit als seinen dienstlichen Aufgaben gilt", heißt es in dem Schreiben ans Landratsamt, das dieser Redaktion vorliegt und von Paulus' wohl größtem kommunalpolitischen Kontrahenten, Mark Zehe (CSU), an die Redaktion gesendet wurde. Die Beschwerde sei bei der Behörde eingegangen, bestätigt Pressesprecherin Monika Göhr auf Nachfrage.
Stefan Paulus schreibt auf Anfrage dieser Redaktion, er habe noch keine Kenntnis von der Dienstaufsichtsbeschwerde. Er könne sich erst äußern, sobald er vom Landratsamt die entsprechenden Informationen erhalten habe.
Grund für die Abwesenheit: Die Rede war von einer Beerdigung
Paulus hatte den Grund für sein Fernbleiben zunächst offengelassen. Wie die Ratsmitglieder in der Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben, wurden sie am 18. Februar zu der Sitzung geladen. Zweiter Bürgermeister Stefan Seubert (CSU) sei informiert worden, dass Paulus nur den Beginn der Sitzung leiten könne und früher gehen müsse, danach solle Seubert übernehmen. Am 19. Februar sei Seubert dann mitgeteilt worden, er müsse die gesamte Sitzung leiten, da Paulus auf einer Beerdigung sei.
Am Tag der Sitzung hätten schon im Vorfeld mehrere Gemeinderatsmitglieder "von dritter Seite" die Information erhalten, "dass bei einem benachbarten Musikverein ein Herr Stefan Paulus seinen 'Einstand' geben würde", so die Gemeinderatsfraktionen in ihrer Beschwerde.
Bilder vom Auto des Bürgermeisters vor dem Proberaum
"Noch während der laufenden Gemeinderatssitzung erhielten Gemeinderatsmitglieder um kurz vor 19 Uhr Bilder zugesendet, auf denen eindeutig das Auto des 1. Bürgermeisters vor dem Proberaum des betreffenden Musikvereins zu erkennen war", heißt es in dem Schreiben ans Landratsamt.
Am 27. Februar folgte deshalb eine Pressemitteilung, in der alle Gemeinderatsfraktionen, mit Ausnahme der SPD, den sofortigen Rücktritt des Bürgermeisters fordern – all jene Ratsmitglieder und Ortssprecher also, die nun auch die Rechts- und Dienstaufsichtsbeschwerde unterzeichnet haben. Paulus wies in seiner ersten schriftlichen Reaktion die Rücktrittsforderung als unbegründet zurück. Ob er bei der Musikprobe war, ließ er damit offen.
Paulus räumt Beteiligung an der Probe ein
Erst am Sonntag räumte Paulus ein, bei der Probe gewesen zu sein, diese sei aber nicht der Grund für sein Fehlen in der Ratssitzung gewesen. Vielmehr sei der Grund ein vorheriger Termin gewesen, der dann jedoch früher als erwartet zu Ende gewesen sei. Um was für einen Termin es sich dabei gehandelt habe, lässt Paulus offen.
Da die Sitzung zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen habe, habe sich Paulus "aus Respekt vor dem geregelten Ablauf und der bereits übernommenen Sitzungsleitung" dagegen entschieden, doch noch in den Knetzgauer Ratssaal zu kommen. Doch seine Kritiker wollen dieses Argument nicht gelten lassen.
Kritiker werfen Paulus "unwahre Angaben" vor
Paulus' Begründungen für sein Fernbleiben "basierten auf unwahren Angaben", heißt es in der Beschwerde. Sein Auto sei kurz vor 19 Uhr fotografiert worden, also weniger als eine halbe Stunde nach Beginn der Gemeinderatssitzung. Das lege nahe, "dass es ihm sehr wohl möglich gewesen wäre, pünktlich bzw. zumindest fast pünktlich zu der Gemeinderatssitzung zu erscheinen", vor allem um die Sitzungsleitung beim Thema "Schließung des gemeindlichen Bauhofes" zu übernehmen – dem großen Streitthema, das an diesem Tag auf der Tagesordnung stand.
Losgelöst von der rechtlichen Betrachtung bleibe festzuhalten, dass der Bürgermeister "die übrigen Mitglieder des Gemeinderates über die wahren Beweggründe für sein Fernbleiben getäuscht hat". Seine Kritikerinnen und Kritiker weisen zudem darauf hin, dass Paulus den Sitzungstermin selbst angesetzt habe.
Frühere Dienstaufsichtsbeschwerde: Entscheidung steht noch aus
Es ist nicht die erste Rechts- und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Paulus. Bereits im August 2024 hatte CSU-Fraktionsvorsitzender Zehe eine Beschwerde gegen Paulus erhoben. Sein Vorwurf: Der Bürgermeister habe den Zweiten Bürgermeister und die Dritte Bürgermeisterin wiederholt nur unzureichend über dienstliche Abwesenheiten informiert. Eine Entscheidung des Landratsamtes gebe es in der Sache noch nicht, da die Stellungnahme des Rechtsanwalts des Betroffenen noch ausstehe, so Behördensprecherin Monika Göhr.
Man kann das nicht glauben!