Ein paar Euro für ein neues Kleid, das nächste Paar Schuhe im Sonderschlussverkauf oder drei neue T-Shirts zum Preis von einem: Wer heutzutage günstige, angesagte Kleidung kaufen möchte, wird schnell fündig – die großen Modeläden sind voll damit. Das führt früher oder später dazu, dass der Kleiderschrank voll ist mit Teilen, die doch kaum oder nie getragen werden. Genau davon hat Oliver "Oli" Wacker genug.
Der 28-Jährige hat dem Fast-Fashion-Wahn den Kampf angesagt und vor kurzem seinen eigenen Marktplatz für gebrauchte Kleidung gegründet. Seine Intention: Er will das Konsumkarussell zumindest ein bisschen verlangsamen, hier in der Region – und den Menschen vor Ort eine Alternative für nachhaltige Kleidung bieten. "Die Idee dahinter ist es, in Zukunft kurze Wege für die Kleidung zu schaffen", erklärt der Ebelsbacher, der derzeit BWL im Master in Bayreuth studiert. Ganz nach dem Motto: Aus dem Landkreis, für den Landkreis.
Der Kauf, Verkauf und die Spende von Kleidung sind möglich
Die Idee für "Wacker Vintage" sei ihm vor einigen Jahren auf einer Reise in Australien gekommen, erinnert er sich. An jeder Ecke habe es Läden gegeben, die gebrauchte Kleidung verkauft hätten. "In Deutschland, gerade auf dem Land, hat man wenig Berührung damit. Hier gibt es kaum Secondhand-Läden." Oli Wacker fasste den Entschluss, das zu ändern. Seit Mitte April dieses Jahres gibt es nun die Online-Plattform "Wacker Vintage", auf der Interessierte lokal Secondhand-Mode kaufen, verkaufen und sogar spenden können.
Und das funktioniert so: Wer sich für Vintagemode – also Kleidung, die schon etwas älter, aber qualitativ gut erhalten ist – interessiert, kann auf der Webseite von Wacker-Vintage nach passenden Teilen für seinen Kleiderschrank suchen. Wer fündig wird, kann die Stücke dann am Standort Neuschleichach, dort lagert Oli Wacker die Kleidung, abholen. Oder sie sich per Post zusenden lassen.
Wer selbst den Schrank ausmistet und Kleidung abzugeben hat, kann diese an Oli Wacker verkaufen und macht dafür über die Internetseite einen Termin aus. Der 28-Jährige kommt daraufhin vorbei. "Vor Ort schaue ich, was für den Wiederverkauf infrage kommt, und kaufe die passende Kleidung ab", erklärt Wacker. "In erster Linie müssen die Klamotten weiterhin getragen werden können", macht er klar. Und: Gerade Kleidung aus den 80er und 90er Jahren sei derzeit im Wiederverkauf gefragt, beispielsweise T-Shirts mit bunten Mustern.
Auch ein Selbstverkauf sei möglich, beispielsweise auf Veranstaltungen wie Flohmärkten, die Wacker organisiert. Und dann gibt es noch Möglichkeit Nummer drei, berichtet er. "Die Spende für den guten Zweck." Der Erlös der gespendeten Klamotten, die der 28-Jährige auf dem Flohmarkt verkauft, gehe an wechselnde, gemeinnützige Organisationen. "Der Verkaufserlös vom nächsten Flohmarkt geht an das Bayerische Rote Kreuz Haßberge", erklärt er.
Oli Wacker weiß: Kleider machen Leute. Ihm ist aber auch klar: Secondhand-Mode und Vintagekleidung sind nicht jedermanns Sache. Für ihn persönlich überwiegen aber die Vorteile. Die Qualität vieler älterer Sachen sei besser, als die vieler heutzutage hergestellten Anziehsachen. "Das ist ein ganz anderes Tragegefühl." Und apropos Gefühl: "Es ist auch ein tolles Gefühl, ein Teil zu finden, was es nirgendwo mehr gibt", sagt Wacker.
Was schon existiert, muss nicht neu produziert werden.
Und nicht nur das: der Kauf eines solchen Kleidungsstücks sei zugleich ein Zeichen gegen Fast-Fashion. Denn was schon existiert, muss nicht neu produziert werden. Dass die Kleiderschränke der Deutschen mit ungetragenen Klamotten überquellen, zeigt eine Studie von Greenpeace aus dem Jahr 2015. Im Durchschnitt besitzt jede erwachsene Person in Deutschland 95 Kleidungsstücke, heißt es darin – Unterwäsche und Socken wurden hier nicht mit eingerechnet.
Konkret bedeutet das, dass in den Kommoden und Schränken, in Schubladen und auf Kleiderstangen der deutschen Haushalte rund 5,2 Milliarden Kleidungsstücke liegen oder hängen. Ein Drittel der Befragten gab sogar an, mehr als 100 bis hin zu mehr als 300 Textilteile zu besitzen.
Jedes fünfte Kleidungsstück liegt nur im Schrank
Jedes fünfte Kleidungsstück wird laut der Studie sogar so gut wie nie getragen. Was zu einer saftigen Summe führt: Rund 1 Milliarde Kleidungsstücke liegen gänzlich ungenutzt im Schrank. Zwar ist die Studie schon einige Jahre alt, im Ergebnis dürfte sich aber nicht viel geändert haben.
Die Folgen sind klar, sagt Wacker. Der gestiegene Konsum belaste die Umwelt. "Am coolsten wäre es, wenn es für jeden Fast-Fashion-Shop eine Alternative gibt", findet deshalb der Ebelsbacher.
Also ein Secondhand-Geschäft in den innerstädtischen Einkaufsstraßen, zwischen Modegiganten wie H&M oder Zara. Dann hätten die Menschen beim Einkaufen vor Ort stets die Wahl, bereits getragene Kleidung noch eine zweite Chance zu geben, erklärt er die Intention. Vielleicht könne es dort dann irgendwann auch mal einen Wacker-Vintage-Laden geben, "damit es in Sachen Nachhaltigkeit in kleinen Schritten vorangeht." Der Jungunternehmer schmunzelt: "Das wäre dann aber wahrscheinlich unbezahlbar."
Deshalb hat Oli Wacker eine andere Idee: Künftig möchte er mit Wacker-Vintage auch über einen Pop-Up-Store die Menschen erreichen. Das Konzept nennt sich so, weil ein solches Geschäft nur temporär für einen kurzen Zeitraum öffnet, es "poppt" quasi auf und verschwindet danach wieder. Bis es so weit ist, dauere es allerdings noch ein wenig, so Wacker. Doch gut Ding will Weile haben, heißt es ja bekanntlich.