
Die Debatte um das Sander Mitteilungsblatt reißt nicht ab: Knapp zwei Monate nach dem Ende des Bürgermeisterwahlkampfs beschäftigte die Veröffentlichung zweier Leserbriefe weiter den Gemeinderat.
Inzwischen aber geht es weniger um deren Inhalt als vielmehr um die Frage, welche Beiträge in welcher Form künftig wann im Mitteilungsblatt erscheinen dürfen. Bislang hatte hier das Sander Rathaus alleine den Hut auf. Doch der neue Bürgermeister Jörg Kümmel (FSB) scheint bereit, seine publizistische Macht zu teilen.
Konsens soll Diskussionen im Keim ersticken
Der Vorschlag aus dem Rathaus, den die Gemeinderätinnen und -räte jüngst mehrheitlich annahmen: Die Verwaltung entwirft neue Redaktionsrichtlinien für die Sander Gemeindenachrichten, die der Rat abschließend ratifiziert. Mit diesem überparteilichen Konsens möchte Kümmel Klarheit schaffen. Und vor allem künftige Diskussionen im Keim ersticken. "Wenn der Gemeinderat die Redaktionsrichtlinien verabschiedet, ist das für alle bindend", betonte Sands neuer Bürgermeister.
Einen Alternativvorschlag, nämlich dass ein Arbeitskreis aus Gemeinderätinnen und -räten die Richtlinien selber erarbeitet, lehnte das Gremium ab.
"Wir brauchen für Leserbriefe klare Richtlinien", ergriff auch Gerhard Zösch (CSU) das Wort. "Es ist ganz, ganz schlimm, wenn Hörensagen veröffentlicht wird." Zösch spielte damit auf die Märzausgabe des Sander Mitteilungsblattes an. Zwei Leserbriefe, die inmitten der heißen Phase des Bürgermeisterwahlkampfs abgedruckt worden waren, kritisierten nicht nur das Sander CSU-Urgestein in seiner Funktion als Seniorenleiter scharf, sondern auch den später gescheiterten Kandidaten der Christsozialen, Julian Müller. Zumindest einer der Meinungsbeiträge soll zudem falsche Fakten verbreitet haben, so der Vorwurf der CSU. "Die beiden Leserbriefe hätte nicht einmal die Bild-Zeitung gedruckt", teilte Zösch aus.
Verstoß gegen Neutralitätsgebot vorgeworfen
Einer der Meinungsbeiträge war zudem nach Redaktionsschluss eingegangen, schaffte es aber dennoch in das Mitteilungsblatt. Dem damaligen Bürgermeister Bernhard Ruß (SPD) war wegen der Veröffentlichung ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vorgeworfen worden, dem Verwaltungen unterliegen. Auch die Kommunalaufsicht schaltete sich in der Folge ein und warnte mit Blick auf die Wahl vor möglichen Konsequenzen. Und der Bayerische Gemeindetag, der Kommunen unter anderem rechtlich berät, betonte, dass ein Mitteilungsblatt ein Mitteilungsblatt sein solle, kein Medium für Meinungsäußerungen.
"Unsere Gemeinde hat im Landkreis bislang den liberalsten Umgang mit Leserbriefen im Mitteilungsblatt", erklärte Kümmel. Doch das könnte vielleicht vorbei sein. "Ich stehe für Meinungsfreiheit, aber es gibt Grenzen." Mit seinem Vorstoß möchte der neue Bürgermeister die Altlasten des vergangenen Wahlkampfs nun endgültig abräumen: "Es wird Zeit, dass wir uns den wichtigen Themen widmen und nicht diesen Nichtigkeiten." Wie die neuen Richtlinien tatsächlich aussehen werden, bleibt vorerst offen.