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Sand am Main
Die Ära Ruß geht zu Ende: Jörg Kümmel ist ab Juli neuer Bürgermeister von Sand
FSB-Kandidat Kümmel setzte sich in der Stichwahl gegen Matthias Zink von der SPD durch. So war die Stimmung am Wahlabend vor dem Sander Rathaus.
Nach 30 Jahren als Bürgermeister: Amtsinhaber Bernhard Ruß (links) gratuliert seinem designierten Nachfolger Jörg Kümmel zum Wahlsieg.
Foto: Josef Lamber | Nach 30 Jahren als Bürgermeister: Amtsinhaber Bernhard Ruß (links) gratuliert seinem designierten Nachfolger Jörg Kümmel zum Wahlsieg.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:41 Uhr

Im Juli endet in Sand eine Ära. 30 Jahre lang war Bernhard Ruß (SPD) Bürgermeister der Korbmachergemeinde, viele jüngere Sanderinnen und Sander kennen es gar nicht anders, als dass Ruß im Rathaus das Sagen hat. Doch jetzt neigt sich die Ära Ruß dem Ende zu. Aus Altersgründen ist er bei der Bürgermeisterwahl 2023 nicht noch einmal angetreten. Seit Sonntag ist nun klar, wer sein Nachfolger sein wird: Jörg Kümmel von den Freien Sander Bürgern (FSB) setzte sich in der Stichwahl gegen Matthias Zink (SPD) durch.

Großes Interesse am Wahlausgang: 400 Besucher vor dem Rathaus

"Ich bin mir bewusst, dass ich in große Fußstapfen trete", sagte Kümmel am Sonntagabend auf dem Platz vor dem Sander Rathaus nach der Verkündung des Wahlergebnisses. Rund 400 Personen hatten sich dort eingefunden, um den Ausgang der Stichwahl live mitzuerleben. Darunter waren viele Sanderinnen und Sander, aber auch zahlreiche Gäste aus anderen Kommunen, vor allem Vertreterinnen und Vertreter aus der Kommunalpolitik, vom Landrat bis zu anderen Bürgermeistern aus der Region.

"Ich bin mir bewusst, dass ich in große Fußstapfen trete."
Jörg Kümmel (FSB) nach seiner Wahl zum Bürgermeister von Sand

Nicht zu sehen waren – im Gegensatz zum ersten Wahlgang – die beiden CSU-Abgeordneten Dorothee Bär (Bundestag) und Steffen Vogel (Landtag). Das mag auch damit zusammenhängen, dass ihr Kandidat Julian Müller schon im ersten Wahlgang am 7. Mai ausgeschieden war – was jedoch einige treue CSU- und Müller-Anhängerinnen und -Anhänger nicht davon abhielt, seinen Namen dennoch auf die Stimmzettel zu schreiben.

Weitere Zusammenarbeit im Gemeinderat und in der Verwaltung

Das führte dann auch dazu, dass es diesmal deutlich mehr ungültige Stimmen gab. Im ersten Wahlgang hatten nur fünf Wählerinnen und Wähler einen ungültigen Zettel in die Urne geworfen, in der Stichwahl waren es 33. Julian Müller war am Tag der Stichwahl ebenfalls zum Rathaus gekommen. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit", sagte der 28-Jährige, der als Gemeinderat und zweiter Bürgermeister weiterhin ein Teil des politischen Lebens in Sand bleiben wird.

Jörg Kümmel und seine Frau Martina vor dem Sander Raaser. Das Denkmal steht für die lange Geschichte der Korbmachergemeinde, die Kümmel ab Juli als Bürgermeister führen wird.
Foto: Josef Lamber | Jörg Kümmel und seine Frau Martina vor dem Sander Raaser. Das Denkmal steht für die lange Geschichte der Korbmachergemeinde, die Kümmel ab Juli als Bürgermeister führen wird.

Den Wunsch nach einem konstruktiven Miteinander äußerte auch der designierte Bürgermeister Jörg Kümmel, allerdings vor allem in Richtung seines anderen Mitbewerbers Matthias Zink. "Ich freue mich irrsinnig darauf, mit dir zusammenzuarbeiten", so Kümmel nach seiner Wahl. Denn während FSB und CSU mit Kümmel und Müller auf bekannte Kommunalpolitiker gesetzt hatten, hatte die SPD mit dem 49-jährigen Matthias Zink den Verwaltungsleiter der Gemeinde ins Rennen geschickt.

Die Freude war dem neu gewählten Bürgermeister deutlich anzusehen

"Natürlich bin ich enttäuscht", kommentierte Zink das Wahlergebnis. Er könne aber damit leben, immerhin habe er auch im Vergleich zum ersten Wahlgang noch einmal einige Stimmen dazugewonnen. 45,8 Prozent der gültigen Stimmen hatte er letztlich in der Stichwahl erhalten, "und das als Neigschmeckter".

"Ich freue mich irrsinnig darauf, mit dir zusammenzuarbeiten."
Jörg Kümmel (FSB) zu seinem Mitbewerber Matthias Zink (SPD)

"Ich kann's noch gar nicht richtig greifen", sagte Jörg Kümmel am Wahlabend im Gespräch mit dieser Redaktion. Das werde wohl auch noch ein paar Tage dauern. Die Freude über seine Wahl mit 54,2 Prozent war dem 55-Jährigen deutlich anzusehen, als er nach der Verkündung des Ergebnisses über den Platz zum Rathaus lief, noch einmal kehrt machte, um seine Frau mit nach vorne zu holen, schließlich mit ihr auf die Treppe vor dem Rathaus stieg und ins Mikrofon sagte: "Ich raff's ehrlich gesagt noch gar nicht."

Bürgermeister im zweiten Anlauf

Eine Rede für den Fall seines Sieges hatte er nicht vorbereitet, verriet er der Redaktion. "Wenn, dann muss ich das aus dem Stegreif machen", sagte er. "Ich bin da ein bisschen abergläubisch." Auch Matthias Zink hatte nach eigenen Angaben keinen Text in der Tasche, den er im Fall eines Sieges vorgetragen hätte. "Das soll einfach so kommen, wie man sich fühlt", sagte Zink.

Auszählung: Bei der Stichwahl gab es deutlich mehr ungültige Stimmen als noch im ersten Wahlgang.
Foto: Josef Lamber | Auszählung: Bei der Stichwahl gab es deutlich mehr ungültige Stimmen als noch im ersten Wahlgang.

Für Jörg Kümmel war es bereits der zweite Versuch, Bürgermeister zu werden: Vor sechs Jahren war er schon einmal angetreten, hatte damals aber gegen Amtsinhaber Ruß verloren. Viele mutmaßten damals, Kümmel hätte sich damals keine Chancen ausgerechnet und in erster Linie kandidiert, um seinen Namen für die Zeit nach Bernhard Ruß ins Gespräch zu bringen. Kümmel ist Diplom-Chemiker und hat gemeinsam mit seinem Bruder eine eigene Firma. Er ist verheiratet und hat drei Söhne im Alter von 12, 18 und 20 Jahren.

Deutlich mehr Briefwahl als vor zwei Wochen

Die Wahlbeteiligung lag bei der Stichwahl bei 73,6 Prozent – ein relativ hoher Wert, der aber nicht an den ersten Wahlgang heranreicht, in dem 79,8 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne gegangen waren. Und noch etwas war anders: Deutlich mehr Wählerinnen und Wähler als noch vor zwei Wochen hatten sich diesmal für die Briefwahl entschieden, was aber wenig überrascht: Durch das verlängerte Wochenende mit dem Feiertag Christi Himmelfahrt am Donnerstag und einem Brückentag am Freitag dürften einige Wählerinnen und Wähler im Urlaub gewesen sein.

Freundlicher Umgang zwischen den Kandidaten: Matthias Zink und Jörg Kümmel warten auf das Wahlergebnis.
Foto: Josef Lamber | Freundlicher Umgang zwischen den Kandidaten: Matthias Zink und Jörg Kümmel warten auf das Wahlergebnis.

Der Umgang zwischen Kümmel und Zink wirkte am Wahlabend freundlich und respektvoll. Beide hatten bereits im Vorfeld der Stichwahl betont, Wahlkampf solle darin bestehen, die eigenen Stärken hervorzuheben ohne den Gegner abzuwerten. Zudem hatte sich auch bereits im Vorfeld der Wahl gezeigt, dass die Ziele der beiden in vielen Punkten nicht weit auseinanderliegen.

Sander Tradition: Die Amtszeit beginnt mit der Eröffnung des Weinfestes

Beide sagten unter anderem, dass sie im Kampf gegen den Klimawandel möglichst gut mit der Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge (GUT) zusammenarbeiten und sich für mehr Photovoltaik auf Dachflächen einsetzen wollen. Beide geben auch als Ziel an, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. "Ich denke, wir ergänzen uns gut", sagte Jörg Kümmel am Wahlabend zur künftigen Zusammenarbeit mit seinem Verwaltungsleiter.

Und auch die Pflege von Traditionen in der Winzergemeinde liegt beiden nach eigener Aussage am Herzen. Daher dürfte sich Jörg Kümmel auch besonders auf eine seiner ersten Amtshandlungen freuen: Wenige Tage nach seinem Amtsantritt kommt seine erste Weinfesteröffnung auf ihn zu.

 
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