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Hofheim
Nach Kinofilm jetzt eine Doku: Welchen prominenten Fall der frühere Hofheimer Kai Steinmetz fürs ZDF aufgerollt hat
Die Produktionsfirma des 34-Jährigen steckt hinter der Dokuserie "WTF is Jule?!". Worum es darin geht und warum das Projekt eine Gratwanderung war.
Der ehemalige Hofheimer Kai Steinmetz produzierte mit seiner Firma jüngst eine Doku für das ZDF. Sie trägt den Titel 'WTF is Jule?!'.
Foto: Lena Buck | Der ehemalige Hofheimer Kai Steinmetz produzierte mit seiner Firma jüngst eine Doku für das ZDF. Sie trägt den Titel "WTF is Jule?!".
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 25.01.2025 02:33 Uhr

Wer zur Hölle ist Jule? Dieser Frage geht aktuell eine vierteilige Doku-Serie des ZDF nach. Maßgeblich an der Entstehung des Fernsehformats mit dem Originaltitel "WTF is Jule?!" beteiligt war ein bekanntes Gesicht aus Hofheim: Kai Steinmetz. Der 34-Jährige und sein Geschäftspartner Pascal Schröder zeichnen mit der gemeinsamen Firma "Flappers" für die Produktion der Doku verantwortlich.

Es geht darin um die Aufdeckung eines falschen Nutzerprofils auf der Plattform Twitter, heute X, die auch abseits der digitalen Kanäle weite Kreise zieht. "In der Film- und Fernsehbranche ist man immer auf der Suche nach Geschichten, die Menschen bewegen", erklärt Steinmetz. Auf eine solche stieß der frühere Hofheimer, der mittlerweile in Hamburg lebt, als er im April 2023 seine Timeline, also die aktuellen Beiträge, bei Twitter durchsah.

Das Profil einer jungen Frau im Rollstuhl, doch der Schein trügt

Steinmetz bemerkte dort einen Beitrag, der in den Folgetagen deutschlandweit für mediale Aufmerksamkeit sorgen sollte: Eine Twitter-Nutzerin unter dem Namen "@pudelskernspin" machte darin Zweifel an der Echtheit eines anderen Profils öffentlich. Einem Profil, dem damals alleine auf dem Kurznachrichtendienst rund 70.000 Menschen folgten und das unter dem Namen "Jule Stinkesocke" bekannt war.

Schauspieler Maximilian Mundt setzt in der Doku die Indizien im Fall 'Jule Stinkesocke' zusammen.
Foto: ZDF/Lena Buck | Schauspieler Maximilian Mundt setzt in der Doku die Indizien im Fall "Jule Stinkesocke" zusammen.

Eine junge Frau, die nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist, im Rollstuhl sitzt und auf ihrem Blog und bei Twitter freimütig aus ihrem Leben als Kinderärztin, Sportlerin und Pflegemutter erzählt. So schien es bis dahin zumindest. "Nachdem im April 2023 publik wurde, dass mutmaßlich die gesamte Person erfunden ist und ein ganz anderer Mensch dahintersteckt, haben wir erste Projektideen entwickelt", erzählt Steinmetz über die Anfänge der Doku, für die das ZDF schließlich grünes Licht gab.

So richtig los ging es mit den Arbeiten dann im Februar 2024, wie er weiter berichtet. "Wir haben überlegt, wen interviewen wir, wo drehen wir, wie wollen wir das Ganze dramaturgisch erzählen." Es wurde recherchiert, getextet, gedreht, geschnitten, postproduziert. "Die technische Abnahme war drei Tage vor der Veröffentlichung", sagt der 34-Jährige mit einem Lachen und fügt an: "Spitz auf Knopf also."

Auf der Suche nach der wahren Person hinter "Jule Stinkesocke"

Aber es ging alles glatt. Mitte Dezember strahlte das ZDF die Doku aus. Die Folgen sind weiterhin in der Mediathek abrufbar. Nach und nach wird in ihnen der Fall "Jule Stinkesocke" aufgerollt. Vom Anfangsverdacht, dass es die Person so gar nicht gibt, bis hin zu der Erkenntnis, dass hier offenbar keine junge Frau, sondern ein Mann mittleren Alters bloggte und twitterte – und eine Vielzahl an Nutzerinnen und Nutzern in großem Stil täuschte.

Zu Wort kommen Mitglieder des "Twitter-Kollektivs", das den Fall aufdeckte, gemeinsam auf immer mehr Ungereimtheiten stieß und schließlich Hinweise zur wahren Identität der Person hinter dem Profil sammelte. Eingeordnet wird der Fall außerdem von Fachleuten, wie etwa dem Sprachsachverständigen Dr. Raimund Drommel aus Sulzdorf an der Lederhecke. Er half dabei, Texte von "Jule Stinkesocke" mit Texten des vermuteten echten Schreiberlings zu vergleichen.

Ein Blick hinter die Kulissen beim Dreh der Doku-Serie.
Foto: Lena Buck | Ein Blick hinter die Kulissen beim Dreh der Doku-Serie.

Am eindrücklichsten aber sind in der Doku die Aussagen von Menschen, die selbst im Rollstuhl sitzen und von der Person hinter dem falschen Profil getäuscht wurden. Die in der Annahme, mit einer jungen Frau im Rollstuhl zu schreiben, sich teils auch über intime Dinge mit "Jule Stinkesocke" austauschten. Nicht ahnend, mit wem sie diese privaten Informationen offenbar eigentlich teilten.

Alle Aussagen und Entwicklungen zu dem Fall werden in der Doku von Schauspieler Maximilian Mundt zusammengeführt. Er nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine spannende und wendungsreiche Spurensuche. "Es war eine Gratwanderung", sagt Steinmetz mit Blick auf das Projekt. "Unser Ziel war es, ein ernstes Thema wie dieses auf eine moderne, frische Art zu erzählen."

Die Scheinwelt des Internets und der Sozialen Medien im Fokus

Zeitgemäßer könnte der Inhalt von "WTF is Jule?!" indes kaum sein. Künstliche Intelligenz und Deep Fakes, also täuschend echt wirkende Inhalte, tragen ihr Übriges dazu bei, dass jede und jeder, die oder der das Internet nutzt, vor der Herausforderung steht: "Abwägen zu müssen, was echt und was falsch ist, was wahr ist und was ausgedacht", fasst Steinmetz zusammen. "Auf Medien wie Twitter kann ohne redaktionelle Überprüfung oder Faktenchecks jeder schreiben, was er für richtig hält. Das klingt erstmal demokratisch, es ist aber wichtig, dass man Beiträge auf Social Media als Nutzer einzuordnen weiß."

"Wir wollten nicht über Menschen mit Behinderung sprechen, sondern sie selbst sprechen lassen."
Kai Steinmetz, Produzent

Gleichzeitig spielt durch "Jule Stinkesocke" als vermeintlich junge Rollstuhlfahrerin besonders das Thema Inklusion eine Rolle. "Wir haben gleich zu Beginn drei Menschen im Rollstuhl in maßgeblichen Funktionen mit ins Team geholt, weil 'Jule Stinkesocke' vor allem in der Community der Menschen mit Behinderung massiven Schaden angerichtet hat und es uns wichtig war, den richtigen Ton zu treffen", berichtet der Produzent. "Wir wollten nicht über Menschen mit Behinderung sprechen, sondern sie selbst sprechen lassen. Dabei merkt man: Es muss noch wahnsinnig viel getan werden, bis unsere Gesellschaft wirklich inklusiv ist."

Zuletzt hatte Steinmetz 2022 im Gespräch mit der Redaktion von seinem ersten Kinofilm berichtet. Mit der Doku-Serie "WTF is Jule?!" präsentieren der 34-Jährige und sein Team dem Publikum nun ein ganz anderes Format. "Das Abwechslungsreiche ist das Schöne an meiner Arbeit", sagt er dazu. "Während ein Kinofilm vielleicht etwas mehr erzählerische Freiheit und Glamour hat, kann man mit einer Doku in der Realität möglicherweise mehr bewirken. Das Schöne an einer Doku ist dabei, dass man sich nichts ausdenken muss", erklärt er und ergänzt mit einem Lachen: "Das Schlechte ist, dass man es auch nicht darf."

Über den Produzenten

Der frühere Hofheimer Kai Steinmetz lebt und arbeitet heute in Hamburg. Der 34-Jährige hat "Eventmanagement & Entertainment" studiert und inzwischen in der Film- und Fernsehbranche Fuß gefasst. 2022 präsentierte er mit "The Social Experiment" seinen ersten Kinofilm. Steinmetz war in Hofheim lange Zeit Inhaber der Diskothek "Ballhaus" sowie Gründer und Mitinhaber der Bar "Trick 17".
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