In Hofheim und Umgebung ist Kai Steinmetz vor allem als ehemaliger Besitzer der Diskothek "Ballhaus" sowie als Gründer und Mitinhaber der Cocktail-Bar "Trick 17" bekannt. Inzwischen jedoch hat der 31-Jährige ein neues Kapitel in seinem Leben aufgeschlagen: Steinmetz lebt seit 2020 in Hamburg und bringt gerade – gemeinsam mit einer jungen Riege Filmschaffender – als Produzent seinen ersten Kinofilm auf den Markt.
"The Social Experiment" handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die in ein vermeintliches Escape-Room-Abenteuer gelockt, dort aber von einer Künstlichen Intelligenz manipuliert und auf die Probe gestellt werden. Ab dem 27. Oktober läuft der Film bundesweit in den Kinos. Mit der Redaktion hat Steinmetz vorab über das Filmprojekt und über seinen Weg vom Diskotheken-Besitzer zum Spielfilm-Produzenten gesprochen.
Kai Steinmetz: Es ist eine spannende Geschichte, die die Zuschauerinnen und Zuschauer unterhaltsam damit konfrontiert, welche Konsequenzen es haben kann, wenn man in den Sozialen Medien zu viel von sich preisgibt. Wir sind keine Social-Media-Feinde, ganz im Gegenteil. Aber man sollte sich einfach der Risiken bewusst sein – zum Beispiel dessen, was Dritte mit den Infos aus den Sozialen Medien anstellen können. Diese Rolle übernimmt in unserem Film eine Künstliche Intelligenz, die die Daten auswertet und anhand der Ergebnisse weiß, wie sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Escape Room anpacken muss, um bestimmte Verhaltensweisen bei ihnen auszulösen. Insgesamt ist unser Film ein sehr spannender, bildgewaltiger Thriller mit internationalem Look.
Steinmetz: Den meisten bekannt sein dürfte der Greenscreen. Dabei stehen die Schauspielerinnen und Schauspieler samt Ausstattung vor einer grünen Leinwand. Das Hintergrundbild lässt sich dann im Nachhinein beliebig austauschen. Bei der Virtual Production, die wir bei unserem Film verwendet haben, ersetzt den Greenscreen eine LED-Leinwand. In der Postproduktion hat das den Vorteil, dass man den Hintergrund nicht mehr ersetzen muss. Außerdem können die Schauspielerinnen und Schauspieler so in einem möglichst originalgetreuen Setting auftreten und müssen nicht mehr in einem grünen Kasten stehen. Hierbei ist dann die Herausforderung, dass der virtuelle Hintergrund und die echten Requisiten im Bild matchen, also genau zueinanderpassen. Man kann im Vorfeld über eine virtuelle Motivtour alle Locations besichtigen und auf das eigene Projekt anpassen. Ein weiterer großer Vorteil ist die Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen. So konnten wir zum Beispiel stundenlang Szenen im Sonnenuntergang drehen, oder einen Schneesturm so inszenieren, wie wir ihn brauchten, was in der Realität natürlich nicht machbar gewesen wäre. In Deutschland sind wir die Ersten, die auf diese Art einen Spielfilm gedreht haben.
Steinmetz: Genau, ich habe den Großteil der Postproduktion verantwortet, insbesondere die virtuellen Effekte, in der Fachsprache: VFX. Unsere Künstliche Intelligenz beispielsweise, Kira, war beim Dreh als Ikea-Lampe im Raum angebracht. Im Film ist sie aber als dreidimensionales Gehirn zu sehen. Die Schritte bis dahin, das haben wir alles inhouse geschaffen. Insgesamt haben wir um die 300 Shots (Anm. d. Red.: aus mehreren Einzelbildern bestehende Einstellung) mit virtuellen Effekten, das ist schon ziemlich viel. Manche unserer Auftragsproduktionen haben weit unter 100. Wir haben zunächst nach einer Firma gesucht, die die Effekte für uns produziert. Aber aufgrund der Anzahl der Shots und unseres schmalen Budgets haben wir keine gefunden. Außerdem wollten wir auch nicht zu viel Zeit verlieren. Schließlich haben wir den Entschluss getroffen, das selbst zu machen, und ein eigenes Team zusammengestellt, das fantastische Arbeit geleistet hat.
Steinmetz: Das ist vielleicht das Spannendste an unserer Geschichte. Dass wir zu viert ein Projekt gestartet haben, von dem uns jeder abgeraten hat. Deswegen wollten wir es aber erst recht machen. Mein Kollege Pascal Schröder, der Regisseur von "The Social Experiment", hatte die Idee, einen Film mit Virtual Production zu machen. Das Drehbuch dazu war auch schon fertig. Dann kam die Corona-Pandemie. Was aber zum Teil sogar von Vorteil für unser Projekt war, denn die LED-Leinwände, die ja normalerweise auf Großveranstaltungen zum Einsatz kommen, waren verfügbar. Im Endeffekt haben wir die Gunst der Stunde erkannt und gesagt: Wir machen jetzt diesen Film. Dann ging es Schlag auf Schlag los. Im November und Dezember 2020 steckten wir schon tief in der Planung. Zwischen Weihnachten und Silvester war ich gefühlt nur am Rumtelefonieren. Anfang 2021 haben wir dann 17 Tage gedreht – im Studio und an verschiedenen Locations in Hamburg. Das war schon krass und eine ziemlich kurze Drehzeit verglichen mit anderen Filmprojekten. Wir sind super stolz, dass wir das alles als Team geschafft haben.
Steinmetz: Normalerweise laufen solche Projekte durch die Filmförderung oder andere Institutionen, um finanziert werden zu können. Das hatten wir alles nicht, nur ein kleines bisschen eigenes Geld und unsere volle Arbeitskraft. Dazu haben wir alle, die wir kennen, angesprochen und gefragt, ob sie in ein spannendes Projekt investieren möchten. Viele konnten wir mit unserer Idee begeistern. Ihre Unterstützung hat mit dafür gesorgt, dass das Projekt zustande gekommen ist. Mit dem Rohschnitt sind wir dann auf die Tobis, eine renommierte deutsche Filmverleih- und Vertriebsgesellschaft, zugegangen und konnten sie von unserer Arbeit überzeugen.
Steinmetz: Ein bisschen größenwahnsinnig waren wir schon. (lacht) Nein, wir hatten von Anfang an die berechtigte Hoffnung, dass wir es schaffen können. Aber es gab natürlich immer wieder Situationen oder Punkte, an denen man sich gefragt hat, wie wir das schaffen sollen. Daran geglaubt, dass wir es am Ende schaffen werden, haben wir aber immer.
Steinmetz: Nein, so ist das nicht gedacht. (lacht) Wir möchten gerne mit jungen Menschen arbeiten. Junge Leute machen die Trends. Wenn man mit ihnen arbeitet, entdeckt man viel Spannendes, was man selbst so noch nicht kannte. Junge Talente arbeiten nicht mit eingefahrenen Schemata und gehen Projekte eher mit frischen Ideen an. Manchmal ist es ganz gut, wenn man nicht so genau weiß, wie es geht. Man kommt dann weniger in die Verlegenheit des 'Haben wir schon immer so gemacht'. "Gipfelstürmer" steht deshalb für die Entwicklung von Newcomern und Newcomerinnen, mit denen wir den Weg nach oben gehen wollen. Ganz falsch ist der Hinweis auf die Hollywood Hills aber nicht. Denn wir wollten keinen deutsch aussehenden Film machen, sondern einen Film aus Deutschland, der auch international funktioniert.
Steinmetz: Ich bin nach langen Jahren "Ballhaus" zunächst zum Fernsehen aufgebrochen. Studiert habe ich Eventmanagement & Entertainment. Mein Wechsel in die Fernseh- und jetzt Filmbranche hatte damit zu tun, dass ich bleibende Eindrücke schaffen wollte. Ein Live-Event hat ganz sicher auch seinen Reiz, und ich hatte im "Ballhaus" eine fantastische Zeit, vielleicht die Schönste überhaupt – aber das Event ist nach einem Abend wieder zu Ende, der Film bleibt. Mein Antrieb ist dabei nach wie vor der Gleiche: Durch eigene Ideen und Projekte einem Publikum eine gute Zeit zu verschaffen.
Steinmetz: Ja, auf jeden Fall. Und ich freue mich wahnsinnig darauf. Bruno Schneyer hat uns das sofort möglich gemacht, den Film in seinem Kino zu zeigen. Er ist super umtriebig und hat uns von Anfang an sehr unterstützt. Ich bin echt glücklich, dass der Film in Zeil gezeigt wird, dort war ich natürlich auch zum ersten Mal überhaupt im Kino mit zehn Jahren. Wir fahren in Hofheim mit einem Bus vom "Trick 17" los, nach dem Film gibt es dann noch eine Aftershowparty und anschließend fahren wir alle zurück nach Hofheim zur Halloween-Party im "Ballhaus".