Der Kreisverband Haßberge des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) betreibt die Mittagsbetreuung an den Haßfurter Grundschulen am Dürerweg sowie im Nassachtal. Zwar zahlen die Eltern der Schulkinder dafür einen Beitrag, dazu kommen außerdem staatliche Zuschüsse. Kostendeckend kann das Rote Kreuz damit aber nicht arbeiten. Deshalb zahlt die Stadt Haßfurt dem Verband jährlich einen Defizitausgleich. Auch für das Schuljahr 2022/23 beschloss der Finanz- und Hauptausschuss der Kreisstadt am Mittwoch, diesen zu zahlen – allerdings nicht ohne eine längere Diskussion.
In sieben Jahren von 20.000 auf 91.500 Euro
Dass die Stadt die Kosten übernimmt, sei grundsätzlich gerechtfertigt, bekräftigt CSU-Fraktionsvorsitzender Volker Ortloff im Gespräch mit dieser Redaktion. Immerhin sei es dadurch möglich, das Essen zu für die Eltern bezahlbaren Preisen anzubieten. "Das muss es uns doch wert sein", betont Ortloff. Einige Ausschussmitglieder hinterfragten in der Sitzung allerdings den starken Anstieg des Defizits im Vergleich zu früheren Schuljahren.
So war das Minus von rund 20.000 Euro im Schuljahr 2015/16 auf rund 50.000 Euro im Schuljahr 2021/22 angestiegen – mit einem Ausreißer nach unten: Im Schuljahr 2019/20 waren es nur gut 12.000 Euro. Doch im Zeitraum, um den es jetzt ging - dem Schuljahr 2022/23 - lag das Defizit plötzlich bei mehr als 91.500 Euro. "Das ist eine enorme Steigerung", kommentierte Sven Schnös (Junge Liste) und fragte, wie das zustande kommen könne, obwohl die Schülerzahlen nicht gestiegen seien.
Personalkosten haben den größten Anteil
Bürgermeister Günther Werner (Wählergemeinschaft) verwies darauf, dass das BRK ja bereits einen Verwendungsnachweis an die Regierung von Unterfranken geschickt habe. Deren Prüfung habe keine Beanstandungen ergeben. "Wir vertrauen auf die Prüfung durch die Regierung von Unterfranken", betonte Werner.
Michael Spies (Wählergemeinschaft) erklärte, die Kosten seien seiner Ansicht nach gerechtfertigt. Sie seien vor allem deshalb gestiegen, weil das BRK nun höhere Personalkosten zu tragen hat. Diese Aussage deckt sich mit dem Verwendungsnachweis, den die Bezirksregierung zu prüfen hatte. Demnach machen die Personalkosten mit rund 420.000 Euro den weitaus größten Teil der Gesamtausgaben von rund 470.000 Euro aus. Bei den übrigen 50.000 Euro handelt es sich um Sachausgaben, die Kosten für die verwendeten Lebensmittel sowie Verwaltungskosten.
Bezahlt des Rote Kreuz sein Personal zu gut?
Anja Gaukler (Wählergemeinschaft) warf in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob die Personalkosten vielleicht deswegen so hoch seien, weil das BRK seinen Leuten zu viel bezahle. So berichtete sie, in ihrem Taxi-Unternehmen habe sie einen Bewerber gehabt, der eine Stelle dann letztlich abgelehnt habe und lieber zum BRK gegangen sei, mit der Begründung, dass er dort mehr verdiene. Dort bekomme er "Mindestlohn plus 300 Euro", habe er damals gesagt.
Stephan Schneider (SPD), selbst Notfallsanitäter beim Roten Kreuz, widersprach. Was Gauklers Bewerber gesagt habe, könne so nicht stimmen. "Beim BRK gibt es keine Bonuszahlungen", bekräftigte Schneider.
"Ich glaube, es ist alternativlos", sagte Volker Ortloff in der Sitzung. Auch der Rest des Finanz- und Hauptausschusses war sich einig, dass es sinnvoll sei, den Defizitausgleich auch für das Schuljahr 2022/23 wieder zu übernehmen. So fiel auch die Abstimmung einstimmig aus. Allerdings gab es Anregungen aus dem Gremium, man müsse für die Zukunft durchrechnen, ob das BRK Möglichkeiten habe, das Defizit zu verringern – sei es durch Einsparungen bei den Ausgaben oder durch eine Erhöhung des Beitrags, den die Eltern der Schulkinder zu zahlen haben.
Könnte die Stadt die Mittagsbetreuung selbst übernehmen?
In diesem Zusammenhang kam auch kurz ein Vorschlag zur Sprache, der den Haßfurter Stadtrat bereits ein Jahr zuvor beschäftigt hatte, damals aber abgelehnt wurde: Was, wenn die Stadt selbst die Mittagsbetreuung übernehmen würde? Sprich: Die Arbeit würde dann nicht mehr von Angestellten des BRK ausgeführt, sondern von Personal, dessen Arbeitgeber die Stadt ist.
"Wenn die Stadt das wirklich übernehmen könnte, müsste man es sauber durchrechnen", sagt Volker Ortloff im Gespräch mit der Redaktion. Er selbst halte es aber für unwahrscheinlich, dass die Stadt damit besser fahren würde. "Das BRK macht aus meiner Sicht gute Arbeit", sagt er. "Das ist viel Geld, aber es ist eine lohnende Sache."
Ganztagesanspruch ab 2026: Bürgermeister will vorher keine Schnellschüsse mehr
Auch Bürgermeister Günther Werner hält die Idee, die Stadt könne die Mittagsbetreuung übernehmen, für "überhaupt nicht realistisch, weil wir nicht das Personal dafür haben", wie er im Gespräch mit der Redaktion bekräftigt. Zumal aufgrund einer Gesetzesänderung ab dem Jahr 2026 ohnehin ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung besteht. "Dann muss das sowieso alles ganz anders aufgebaut werden", so der Bürgermeister. "Da müssen wir uns jetzt vorher nicht mehr reinhängen."
Das Zitat von Anja Gaukler ist sicherlich am Thema vorbei. Denn ein Fahrer wird sicherlich nicht in der Mittagsbetreuung eingesetzt.
So langsam sollte es auch beim Letzten angekommen sein, dass in diesem Bereich nicht genügend Fachpersonal vorhanden ist und sich dieses auch nicht mit Mindestlohn abspeisen lässt. Die Fachkräfte sind in der Situation, dass genügend Stellen vorhanden sind und diese sicherlich je nach Bezahlung früher oder später besetzt werden können.
Diese Personallücke lässt sich sicherlich auch nicht so schnell schließen.