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Hafenlohr
Ab 2026 haben Grundschulkinder Anspruch auf Ganztagsbetreuung: Kommunen haben viele offene Fragen
Platzprobleme, Personalmangel und pädagogische Ausrichtung: Bei einem Besuch der bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf in Hafenlohr zeigte sich, was die Gemeinden beschäftigt.
Die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf, Staatssekretärin Anna Stolz und der Hafenlohrer Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab diskutierten am Donnerstag im Bürgerhaus über den Anspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder, der in Bayern ab 2026 gilt.
Foto: Katrin Amling | Die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf, Staatssekretärin Anna Stolz und der Hafenlohrer Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab diskutierten am Donnerstag im Bürgerhaus über den Anspruch auf ...
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:11 Uhr

Ab 2026 haben Eltern Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung für ihre Grundschulkinder. Das hat der deutsche Bundesrat 2021 beschlossen. Umgesetzt werden muss das Angebot jedoch von den Kommunen und dabei sind noch viele Fragen offen. Auf Einladung des Landtagsabgeordneten und Hafenlohrer Bürgermeisters Thorsten Schwab (CSU) kamen deshalb die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) und Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (FW) nach Hafenlohr, um über die Auswirkungen des Gesetzes zu diskutieren. Zuvor besuchten Scharf, Stolz und Schwab die Hafenlohrer Grundschule, in der es bereits seit 20 Jahren eine Mittagsbetreuung gibt.

"Wir sind mit zwölf Kindern gestartet, inzwischen haben wir 60", erklärte die Leiterin der Mittagsbetreuung, Barbara Lang. Das sei eine sehr gute Quote bei insgesamt 80 Kindern, die die Grundschule in Hafenlohr besuchen. In zwei Gruppen werden sie betreut, erhalten ein Mittagessen, Unterstützung bei den Hausaufgaben und können Freizeitangebote nutzen. Die Mittagsbetreuung wird von Montag bis Donnerstag bis 16 Uhr angeboten. Das Personal besteht aus ausgebildeten Erzieherinnen, aber auch Quereinsteigerinnen. "Auch die Lehrkräfte sind teilweise noch länger da und können helfen", erklärte Schulleiterin Isabel Diehm.

Die Leiterin der Mittagsbetreuung der Hafenlohrer Grundschule, Barbara Lang, (von links) und Erzieherin Margit Mehling erklärten der bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf, Landtagsabgeordneten und Hafenlohrer Bürgermeister Thorsten Schwab sowie Staatssekretärin Anna Stolz das Konzept der Mittagsbetreuung.
Foto: Katrin Amling | Die Leiterin der Mittagsbetreuung der Hafenlohrer Grundschule, Barbara Lang, (von links) und Erzieherin Margit Mehling erklärten der bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf, Landtagsabgeordneten und Hafenlohrer ...

Was in Hafenlohr bereits gut funktioniert, soll in drei Jahren an allen bayerischen Grundschulen Standard sein. Bei einer Gesprächsrunde im Bürgerhaus diskutierten Sozialministerin Ulrike Scharf, Thorsten Schwab und Anna Stolz mit Bürgermeistern aus der Region, aber auch Verantwortlichen von Schulen und Trägervereinen.

Betreuung wird heute gesellschaftlich gefordert

Einigkeit herrschte bei der Frage nach der Notwendigkeit eines Ganztagsangebots. "Die Familiensituationen und Ansprüche haben sich verändert und wir müssen uns anpassen", sagte Ministerin Scharf. 55 Prozent der Grundschulkinder in Bayern besuchen laut der Ministerin bereits eine Nachmittagsbetreuung. Sobald es den Anspruch auf einen Platz gibt, rechnet das Ministerium mit einer Quote von rund 80 Prozent. Jeweils ein Drittel der Kinder besuchen momentan einen Hort, eine Mittagsbetreuung oder eine Ganztagsschule. Zwischen den drei Formen gibt es jedoch große Unterschiede hinsichtlich Kosten und pädagogischer Betreuung.

Das war auch einer der Hauptkritikpunkte der Diskussionsteilnehmer- und teilnehmerinnen. Von einem "Flickenteppich" sprach beispielsweise eine Grundschullehrerin und kritisierte die unterschiedlichen Vorgaben. Die Unterbringung in einem Hort sei für Eltern sehr teuer, an einer Ganztagsschule hingegen sei die Betreuung am Nachmittag inbegriffen.

Eine Mittagsbetreuung könne "quasi in jedem Keller" stattfinden, für einen Hort seien nur bestimmte Räume zugelassen. Auch beim Personal gebe es zu große Unterschiede. Der Urspringener Bürgermeister Volker Hemrich kritisierte ebenfalls, dass die Mittagsbetreuung im Gegensatz zum Ganztag nicht kostenfrei sei und fragte, ob man hier nicht die Förderung anpassen könne.

Förderprogramm soll bald fertig sein

Auch die Platzfrage beschäftigt die Kommunen. Die Sozialministerin versicherte, dass das Förderprogramm in einigen Wochen stehen solle und es bei Neu- und Umbauten Unterstützung gebe. Außerdem werde der Anspruch stufenweise eingeführt. Ab 2026 gilt er zunächst für die Erstklässler, pro Jahr kommt dann eine weitere Klassenstufe hinzu. Der Marktheidenfelder Bürgermeister Thomas Stamm wies dennoch darauf hin, dass die Entscheidungen über Bauvorhaben deutlich beschleunigt werden müssten. Anna Stolz warb in diesem Zusammenhang für die multifunktionale Nutzung von Räumen, gerade auf dem Land: "Wir müssen schauen, was es schon gibt und brauchen dann maximale Flexibilität bei den Vorgaben", sagte sie.

Thorsten Schwab wies darauf hin, dass es in vielen Orten bereits funktionierende Konzepte gebe und man diese lediglich auf den Freitag ausweiten müsse. Ein Knackpunkt sei auch, dass die Einrichtung an maximal 20 Tagen im Jahr geschlossen sein dürfe und das Angebot somit auch in den Ferien bestehen müsse. Hier rief er dazu auf, kommunenübergreifende Lösungen zu finden.

Neben Qualitätsunterschieden und der Frage nach Räumlichkeiten wurde über das Thema Personal diskutiert. Die pädagogischen Qualitätsunterschiede kritisierte der Stadtlauringer Bürgermeister Friedel Heckenlauer. In seiner Gemeinde bekomme er teilweise die Rückmeldung, dass Eltern die Mittagsbetreuung nicht reichen würde. Barbara Nürnberger, die als Quereinsteigerin die Mittagsbetreuung in Steinfeld leitet, betonte die Bereitschaft zur Weiterbildung. "Das muss sich aber auch finanziell lohnen", forderte sie. Denn in anderen Branchen würden Quereinsteiger deutlich besser bezahlt.

 
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  • m. w.
    Sehr geehrte Frau Amling,
    sehr gut, dass der Satz in der Überschrift von Ihnen im Bericht "verbessert" wurde:
    nicht die Kinder wollen/haben einen Anspruch auf die Nachmittagsbetreuung , sondern die Eltern fordern die Nachmittagsbetreuung in der Grundschule.
    Zitat einer bekannten Mutter: "dann ist mein Kind mit allem fertig und ich brauche mich um nichts mehr kümmern"!
    Vielleicht möchten sich die Kinder lieber zuhause mit von ihnen selbst ausgewählten Freund/innen treffen bzw verabreden und spielen?
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