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Ebern
Mit dem Zug nach Ebern: "Oben ohne", aber elektrisch?
Verkehrsministerium bestätigt: Auf Bahnstrecke nach Bamberg soll Pilotbetrieb für moderne Akku-Triebwagen stattfinden. Noch allerdings fehlen die geeigneten Prototpyen.
Die Bahnstrecke Bamberg-Ebern soll Teil eines Pilotbetriebs von Hybridfahrzeugen für Oberleitungs- und Akkubetrieb werden. Im Bild der Bahnhof Ebern.
Foto: Martin Sage | Die Bahnstrecke Bamberg-Ebern soll Teil eines Pilotbetriebs von Hybridfahrzeugen für Oberleitungs- und Akkubetrieb werden. Im Bild der Bahnhof Ebern.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:10 Uhr

Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet die Bahnstrecke von Bamberg nach Ebern für die Verkehrspolitik im Lande eines Tages interessant werden würde? Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt, dass auf den Gleisen zwischen der oberfränkischen Domstadt und der einstigen unterfränkischen Kreisstadt ein Pilotbetrieb modernster Triebwagen stattfinden soll. Und zwar "unter allen jahreszeitlichen Bedingungen im Alltagsbetrieb mit Fahrgästen", wie es aus dem Hause heißt.

Gute Testvoraussetzungen: Teils Oberleitung, teils nicht

Und warum? Weil ein Teil der Strecke elektrifiziert ist, der andere nicht. Auf 7,6 Kilometern, von Bamberg bis Breitengüßbach, gibt es eine Oberleitung, auf 17,7 Kilometern, von Breitengüßbach bis Ebern, fehlt sie. Und das sind ideale Voraussetzungen, um so genannte Akku-Oberleitungs-Hybrid-Triebwagen zu testen, wo gegenwärtig nur Dieselbetrieb möglich ist. Die Hybride, das sind Fahrzeuge, die auf elektrifizierten Strecken ihre Akkus über den Fahrdraht aufladen. Dort, wo die Oberleitung fehlt, kommt die Antriebsenergie dann aus dem Akku. "Bei der Strecke nach Ebern müssen hin- und retour mindestens 35 Kilometer ohne Bahnstrom zurückgelegt werden können bei allen denkbaren Witterungsverhältnissen", machte dieser Tage ein Ministeriumssprecher deutlich. Das sei auch der Grund, warum gegenwärtig keine seriöse Prognose gegeben werden könne, wann der Probebetrieb beginnen könne, und ob überhaupt.

Es fehlen noch Prototypen zur Erprobung mit Fahrgästen

Noch gibt es nämlich nach Aussagen des Verkehrsministeriums in München – trotz aller Züge, die bereits auf Messen präsentiert wurden – keinen entsprechenden Triebwagen, der zur Erprobung mit Fahrgästen zur Verfügung steht. Das Ministerium habe die potenziellen Hersteller – Siemens, Alstom, Bombardier und Stadler – bereits angeschrieben und das große Interesse des Freistaats an Testfahrten, Pilotbetrieb und regulären Einsatz deutlich gemacht. Sobald ein Prototyp verfügbar ist, muss dann auch geklärt werden, ob seine Reichweite im Akkubetrieb ausreicht – ob er also im Eberner Fall gut 35 Kilometer "oben ohne" fahren kann.

Unbeschrankte Bahnübergänge bremsen die Züge zwischen Bamberg und Ebern vielerorts aus und erhöhen die Fahrzeiten. Gerade die Übergänge in Flurwege hinein – wie hier mit Blick auf das Schloss Rentweinsdorf – sollen deshalb nach und nach verschwinden.
Foto: Martin Sage | Unbeschrankte Bahnübergänge bremsen die Züge zwischen Bamberg und Ebern vielerorts aus und erhöhen die Fahrzeiten.

Der Eberner Pilotbetrieb wäre ein Puzzlestein der 2018 von der Staatsregierung beschlossenen "Bayerischen Elektromobilitätsstrategie Schiene" (BESS). Sie sieht die pilothafte Erprobung von Eisenbahnfahrzeugen mit innovativen, emissionsfreien Antrieben auf mehreren Strecken im Freistaat vor "mit jeweils unterschiedlichen Randbedingungen hinsichtlich Infrastruktur, Fahrplan und darauf verkehrendem Eisenbahnunternehmen." Eine Alternative übrigens scheidet nahezu immer aus Kostengründen aus: die nachträgliche Elektrifizierung von Nebenstrecken wie der Eberner. 

Verkehrsministerin Schreyer: "Wollen beim Umweltschutz eine Vorbildfunktion übernehmen"

Verkehrsministerin Kerstin Schreyer betonte in ihrem Statement gegenüber dieser Redaktion, der Freistaat beabsichtige, den Dieselmotor im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zukünftig durch lokal emissionsfreie Antriebsformen zu ersetzen. "Selbst wenn der Beitrag des SPNV-Dieselverkehrs zu den Schadstoffemissionen in Bayern beziehungsweise Deutschland faktisch kaum eine Rolle spielt und neuere Dieselfahrzeuge deutlich reduzierte Schadstoffwerte aufweisen, wollen wir hier beim Umweltschutz eine Vorbildfunktion einnehmen", gab die CSU-Politikerin die Richtung vor. Allerdings könne die Umstellung nur sukzessive über einen längere Zeitraum erfolgen, weil zum einen oft noch vertragliche Verpflichtungen auf die vorhandenen Dieselfahrzeuge bis in die 2030-er Jahre bestünden, zum anderen weil der Markt noch gar nicht die gewünschten Alternativen anbiete.

Die Agilis Verkehrsgesellschaft bedient die Bahnstrecke Bamberg-Ebern mit Dieseltriebwagen des Typs Stadler Regio Shuttle – wie hier ein Zug in Treinfeld zu sehen ist, der Haltestelle von Rentweinsdorf.
Foto: Martin Sage | Die Agilis Verkehrsgesellschaft bedient die Bahnstrecke Bamberg-Ebern mit Dieseltriebwagen des Typs Stadler Regio Shuttle – wie hier ein Zug in Treinfeld zu sehen ist, der Haltestelle von Rentweinsdorf.

Die eingleisige Bahnstrecke Bamberg-Ebern wird im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die den gesamten SPNV im Freistaat plant, finanziert und kontrolliert, von der "Agilis Verkehrsgesellschaft" (Regensburg) bedient, der derzeitige Vertrag läuft noch bis 2023. Agilis lässt hier Triebwagen des Typs Stadler Regio Shuttle RS1 fahren. Das regionale Bahnunternehmen zeigt sich aufgeschlossen gegenüber alternativen Antrieben, sofern deren Einsatz "zuverlässig und wirtschaftlich darstellbar" sei. Ob und auf welchen Strecken sie pilotweise oder planmäßig etwa Hybridtriebwagen einsetze, sei aber allein Entscheidung der BEG. 

Richtige Antriebstechnik ist "keine Schwarz-Weiß-Entscheidung"

Allerdings bleibt der Dieselantrieb für Agilis eine von mehreren sinnvollen Alternativen, der auf vielen Strecken Kostenvorteile ohne wesentliche ökologische Nachteile habe. "Ein agilis Regio Shuttle hat auf einer Strecke von 100 Kilometern beispielsweise im Schnitt einen deutlich geringeren Pro-Kopf-Verbrauch als ein Pkw", führte ein Unternehmenssprecher aus. Agilis schule seine Triebfahrzeugführer schon seit Jahren darin, so energiesparend zu fahren wie möglich. Und im Führerstand sei eine Software eingesetzt, die anzeige, wann der Zug zu beschleunigen ist oder ausrollen kann, um mit möglichst wenig Energieverbrauch pünktlich anzukommen. "Bei der Entscheidung für andere Antriebe müssen auch die vorhandene Infrastruktur und die Kosten, die für die Umrüstung des Schienennetzes notwendig sind, ins Gewicht fallen". Diese lohne sich nur, wenn dem auch die entsprechende Menge an Zugfahrten gegenüberstehe. "Die richtige Antriebstechnik ist daher keine Schwarz-Weiß-Entscheidung, sondern muss für jeden Einzelfall bewertet werden", stellte Agilis heraus.

In Ebern ist Schluss, die einst für den Güterverkehr bedeutende Strecke nach Maroldsweisach ist zurückgebaut.
Foto: Martin Sage | In Ebern ist Schluss, die einst für den Güterverkehr bedeutende Strecke nach Maroldsweisach ist zurückgebaut.

Über 100 Jahre lang führte die Strecke bis Maroldsweisach

Lange vergangen sind die Zeiten, als die Strecke noch bis Maroldsweisach reichte und große Bedeutung für den Abtransport der Basaltschotter aus den Steinbrüchen bei "Maro" und Voccawind hatte. 2001 fuhr der letzte Güterzug. Schon lange zuvor, 1988 nämlich, war das Ende des "Maro-Expresses" gekommen, des Personenzuges zwischen Ebern und Maroldsweisach. Was vom Gleisrückbau übrig geblieben ist, ist seit 2010 Teil des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN). Und die Agilis-Triebwagen fahren seit Juni 2011 auch an Wochenenden im Stundentakt. Vielleicht schreibt die "gute alte" Bahnstrecke von 1895 bald wieder ein Stück Eisenbahngeschichte – mit den modernsten Hybrid-Triebwagen weltweit.

 
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