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Knetzgau
Meinung: Mehr als ein "Dumme-Jungen-Streich" – Warum rechtsextreme Codes und Parolen gefährlich sind
Rechtsextreme Zahlencodes an einer Hauswand und ein ausländerfeindlicher Liedtext. Die Gesellschaft muss solche Fälle ernst nehmen, findet unser Autor.
An einer Trafostation in Westheim sind seit einigen Wochen rechtsextreme Schmierereien zu sehen. Ein Alarmsignal?
Foto: Daniel Biscan (Symbolfoto) | An einer Trafostation in Westheim sind seit einigen Wochen rechtsextreme Schmierereien zu sehen. Ein Alarmsignal?
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 10.06.2024 02:36 Uhr

Auf rechtsextreme Schmierereien in Westheim angesprochen, bezeichnet der Knetzgauer Bürgermeister Stefan Paulus (CWG/SPD) diejenigen, die dafür verantwortlich sind, als "dumme Wichtigtuer" und "Feiglinge, vor denen man keine Angst haben sollte". Davon, dass die Presse über den Fall berichten will, ist er zum Zeitpunkt des Gesprächs wenig begeistert: "99 Prozent unserer Bürger wissen nicht, was es damit auf sich hat", sagt er über die extremistischen Botschaften, die sich hinter Zahlencodes verstecken. Dabei könne man es auch belassen, um den Extremisten nicht auch noch genau die Aufmerksamkeit zu geben, die sie sich wünschen.

Abwägung im Einzelfall: Berichten oder nicht?

Wohl gemerkt: Paulus bezieht diese Aussagen nur auf die für die breite Öffentlichkeit ohnehin unverständlichen Graffitis an zwei Trafohäuschen. Dass Jugendliche einen rechtsextremen Text gegrölt haben, solle dagegen auch seiner Meinung nach definitiv öffentlich angeprangert werden.

Paulus' Gedanken sind nachvollziehbar und sicherlich nicht dumm. Auch Medienschaffende müssen sich oft die Frage stellen, ob man ein Thema wirklich aufgreifen sollte, oder ob man dadurch den falschen Personen eine Bühne gibt. Andererseits kann es auch wichtig sein, auf Missstände und gefährliches Gedankengut aufmerksam zu machen. Letztlich bleibt es immer eine Einzelfallabwägung. Und es gibt durchaus Fälle, in denen man trefflich über diese Entscheidung streiten kann.

Was sagt die Kenntnis der Zahlencodes über einen Täter aus?

Was die Schmierereien in Westheim angeht, ist gerade die Tatsache, dass die Symbole weitgehend unbekannt sind, ein Alarmsignal. Wenn bekannte Nazisymbole wie ein Hakenkreuz irgendwo hingekritzelt werden, muss es sich bei Täterinnen und Tätern tatsächlich nicht um überzeugte Nazis handeln. Das können auch einfach Halbstarke gewesen sein, die provozieren wollen, ohne viel darüber nachzudenken.

Wer dagegen unbekanntere Zahlencodes an eine Wand sprüht, muss sich mit deren Bedeutung beschäftigt haben, um sie überhaupt zu kennen. Ein Zeichen also, dass hier jemand unterwegs ist, der tiefer in der Szene drinsteckt.

Das soll die Aktionen von Halbstarken nicht verharmlosen. Wenn jemand das durch den "Fall Sylt" bekannt gewordene Lied anstimmt oder ein Hakenkreuz an eine Wand malt, handelt es sich nicht um einen "Dumme-Jungen-Streich". Auch hier ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Naziparolen kein Spaß sind. Dennoch: Geheimcodes sind da nochmal ein anderes Kaliber. Und deshalb sollte auch die Öffentlichkeit gewarnt sein, mit wem oder was sie es hier zu tun hat.

 
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