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Westheim
Rechtsextremer Liedtext und Graffiti in Westheim: Gemeinderätin Nina Köberich erstattet Anzeige
Schon bevor der "Fall Sylt" deutschlandweit Schlagzeilen machte, war der rassistische Text vielfach zu hören. Offenbar auch vor einigen Wochen in Westheim.
Eine Schwarze Sonne und rechtsextreme Zahlencodes: Diese Schmierereien an einer Trafostation in Westheim lassen auf eine radikale Gesinnung schließen.
Foto: Peter Schmieder | Eine Schwarze Sonne und rechtsextreme Zahlencodes: Diese Schmierereien an einer Trafostation in Westheim lassen auf eine radikale Gesinnung schließen.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 12.06.2024 02:46 Uhr

Sylt ist kein Einzelfall. Bereits seit Monaten berichten Medien in ganz Deutschland immer wieder darüber, dass in Discos und auf Festen der rechtsextreme Text auf das Lied "L'Amour Toujours" von Gigi d'Agostino gesungen wurde, der jetzt durch den Vorfall auf der Insel zum großen Skandal geführt hat. Auch im Landkreis Haßberge waren die Gesänge schon zu hören: Ende April hatten es Besucherinnen und Besucher der Disco in Unterpreppach angestimmt. Jetzt macht Nina Köberich aus Westheim einen weiteren Fall bekannt: Am 20. April habe sie in ihrem Heimatort Jugendliche auf einem Traktoranhänger gesehen, die das Lied lauthals gegrölt hätten.

Zu dieser Zeit war im Nachbarort Eschenau Kirchweih. Ob es sich bei den Jugendlichen auf dem Anhänger um Eschenauer Kerwasburschen gehandelt hat, könne sie aber nicht sagen, da keine ihr bekannten Gesichter dabei gewesen seien.

Demokraten sollen zeigen, dass sie die Mehrheit sind

Sie sei zu diesem Zeitpunkt alleine unterwegs gewesen und habe auch kein Handy greifbar gehabt, um die Szene zu filmen, sagt Köberich. Somit gebe es keine weiteren Zeuginnen und Zeugen oder sonstige Belege für ihre Beobachtung. Dennoch habe sie den Fall bei der Polizei angezeigt, was sie nun auch öffentlich bekannt gemacht hat: Köberich ist Kommunalpolitikerin und sitzt für die Grünen im Knetzgauer Gemeinderat, wo sie das Thema in der Sitzung am Montag ansprach.

Ihren Ratskolleginnen und -kollegen hatte sie schon vor der Anzeige von dem Fall berichtet, allerdings in einer nichtöffentlichen Sitzung. "Das Klima in unserem Land wird rauer", sagt Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus (CWG/SPD) gegenüber der Redaktion mit Blick auf immer mehr und immer lautere Aktionen aus dem rechtsextremen Lager. "Wir müssen zeigen, dass wir die Mehrheit sind." So ruft er auch mit Blick auf anstehende Wahlen dazu auf, Parteien zu wählen, "die sich für uns und für Europa einsetzen".

Angst vor einer AfD-Liste bei den nächsten Kommunalwahlen

Nina Köberich beobachtet das Erstarken rechtsextremer Gesinnungen ebenfalls mit Sorge – auch mit Blick auf künftige Kommunalwahlen. "Ich habe ganz große Angst, dass die AfD mit einer Liste bei der nächsten Wahl antritt", sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Bisher hatte die Partei zwar bei Bundestags- und Landtagswahlen im Landkreis Haßberge viele Stimmen bekommen – Knetzgau war dabei zuletzt eine der Hochburgen –, war aber kommunalpolitisch noch nicht in Erscheinung getreten. "Da hätten sie ja Farbe bekennen müssen", so Köberich.

Im Gespräch mit der Redaktion erwähnt Köberich einen weiteren Fall, den sie ebenfalls bei der Polizei angezeigt habe: An zwei Trafostationen in Westheim sind seit einigen Wochen Graffiti-Schmierereien zu sehen, die sich bei genauerer Recherche als rechtsextreme Codes herausstellen. Zu sehen ist dort unter anderem eine Schwarze Sonne, ein Runen-Symbol, das heute oft von Neonazis verwendet wird, ebenso wie rechtsextreme Zahlencodes.

1161 und 1984: Das steckt hinter den Zahlencodes

So ist dort die Zahl 1161 zu lesen. Die Zahlen 1 und 6 stehen dabei für den ersten und den sechsten Buchstaben des Alphabets. Somit ergibt sich die Abkürzung AAFA. Eine kürzere Fassung davon, 161 – also AFA – ist ein Code der Antifa und steht für "Antifaschistische Aktion". Neonazis kehren diesen Code ins Gegenteil um, indem sie eine weitere 1 – also ein weiteres A – davorsetzen, was dann für eine "Anti-Antifaschistische Aktion" steht.

Ein weiterer Code, der sich dort findet, ist "1984 bis unendlich", geschrieben mit dem mathematischen Symbol für Unendlichkeit. Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf den 2020 verstorbenen russischen Neonazi Tessak, dessen Geburtsjahr 1984 war.

 
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