
Der Fasching ist für diese Saison vorbei. Doch die Art, wie im Landkreis Haßberge die Regierung kritisiert wurde, erfordert aus Sicht von Kritikern eine Aufarbeitung. Dabei ist ein Wagen in den Fokus geraten, der an mehreren Faschingsumzügen in der Region teilgenommen hat, unter anderem in Sand, Obertheres und Dampfach. Mit diesem war eine Gruppe unterwegs, deren Mitglieder sich als Cowboys verkleidet hatten, der Wagen selbst war in Western-Optik dekoriert. Am Wagen war ein Galgen angebracht, an dem ein Strick hing. In der Schlinge baumelte eine hölzerne Ampel.
Kritiker spricht von "Vergiftung der politischen Landschaft"
Dass es sich hier um eine Anspielung auf die Bundesregierung handelt, die aufgrund der Parteifarben auch als "Ampel" bezeichnet wird, dürfte offensichtlich sein. "Ich finde es vollkommen unangebracht", sagt Paul Hümmer, der den Wagen auf dem Faschingsumzug in Sand gesehen hat. "In einer Demokratie braucht es eine Streitkultur, aber es muss nach Spielregeln gehen."
Doch mittlerweile seien die Sitten verroht, betont der SPD-Politiker, der lange Mitglied im Sander Gemeinderat und früher selbst als Dritter Bürgermeister am Faschingszug beteiligt war. Heute spricht er von einer "Vergiftung der politischen Landschaft".
Faschingskomitee verteidigt den Wagen
Eine Kontaktaufnahme mit der Gruppe, die den Wagen gestaltet hatte, war der Redaktion nicht möglich. Beim Faschingskomitee Sand kann man die Verärgerung über den Wagen nicht nachvollziehen. "Kritik an der Politik gehört traditionell zum Fasching dazu", betont Julian Müller in einer Stellungnahme, die er im Auftrag des Komitees verfasst hat. CSU-Politiker Müller war am Tag des Faschingsumzugs zudem amtierender Bürgermeister, da Rathauschef Jörg Kümmel (Freie Sander Bürger) krank war und Müller sein Stellvertreter ist.

Er verweist unter anderem auf die recht drastischen Darstellungen auf den Motivwagen in Karnevalshochburgen wie Köln oder Düsseldorf. Dort war unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz mit einem großen Loch im Kopf dargestellt worden, betitel als "Kanzler Hohlaf Scholz". Müller betont, diese und andere Darstellungen seien "von der Kunstfreiheit gedeckt".
Hümmer sieht in dem Galgen Gewaltverherrlichung
Den Vergleich will Paul Hümmer aber nicht gelten lassen. Dass jemand als dumm darstellt wird, müsse man hinnehmen, sagt er. Was ihn störe, sei nicht, dass die Regierung kritisiert wird, sondern die Symbolik, die hinter einem Galgen steht. "Ein Galgen hat immer etwas mit einer Hinrichtung und Gewalt zu tun", betont Hümmer. In Diktaturen werde diese Hinrichtungsmethode oft zur Abschreckung verwendet.

In einer Demokratie müsse mit Worten um die richtige Lösung gestritten werden. Bei Gewaltverherrlichung – und eben die sieht er in dem Galgen – sei eine Grenze überschritten, was der Veranstalter des Faschingszuges nicht hätte tolerieren dürfen. Seiner Meinung nach hätte das Faschingskomitee klar sagen müssen: "Entweder der Galgen geht weg oder der Wagen fährt nicht mit." Hümmer betont, er wolle jetzt nicht "nachkarten", aber es sei wichtig, so etwas künftig zu vermeiden. "Man kann ja aus Fehlern lernen, dann war der Fehler auch nicht umsonst."
Faschingskomitee gibt an, den Galgen nicht bemerkt zu haben
Weiter sagt Müller, eine Ampel am Galgen stelle nach aktueller Rechtsauffassung keinen Straftatbestand dar, und verweist auf Fälle, in denen sich Staatsanwaltschaften mit der Frage beschäftigt hatten. "Als Faschingskomitee sind wir nicht die Sittenpolizei, die entscheidet, was geschmacklos ist und was nicht." Obwohl der Verein, der den Umzug organisiert, den Galgen mit der Ampel gegen Kritik in Schutz nimmt, heißt es in dem Schreiben auch: "Als Komitee sind wir vor Beginn der Veranstaltung alle Wägen abgegangen, dort ist uns der Galgen nicht aufgefallen."
Auch bei der DJK Dampfach, die den dortigen Nachtumzug mitorganisiert, heißt es aus dem Vorstand, man habe den Galgen am Wagen nicht bemerkt. Vorsitzender Bernd Riedlmeier und zweiter Vorsitzender Thomas Persch erklären, sie hätten sich vor allem um die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung gekümmert und daher nicht auf jedes Detail an den Wagen geachtet.
Persch sagt, da er den Wagen selbst nicht gesehen hat, könne er den Fall nicht beurteilen und wolle deshalb auch niemanden verurteilen. Riedlmeier meint: "Die Ampel ist halt in der Kritik." Jeder müsse mit sich selbst ausmachen, was er sieht oder sehen will. "Es ist halt Fasching."
Faschingsmuseum Kitzingen: Wenn der Humor primitiven Beleidigungen weicht
Und was sagt eine Expertin zu dem Fall? "Die Fastnacht ist seit ihren Ursprüngen im Mittelalter ein Fest der Grenzüberschreitung und Umkehrung", schreibt Dr. Katrin Hesse, Museumsleiterin des Deutschen Fastnachtmuseums in Kitzingen, "Das macht ihr Wesen aus als teuflische, sündige Gegenwelt zur auf sie folgenden frommen Fastenzeit."
Im Rahmen der "political correctness" werde das Museum auch oft mit der Frage konfrontiert, "was man darf und wo die Grenzen sind". Das Museum habe vor allem die Aufgabe, Entwicklungen zu beobachten und zu dokumentieren. "Insgesamt lässt sich jedenfalls eine Tendenz beobachten, den (politischen und sonstigen) Gegnern bei Fastnacht auf wenig humoristische, manchmal sogar sehr primitive Weise die (realen oder eingebildeten) Verfehlungen um die Ohren zu hauen."

Zum Vergleich führt sie Büttenreden aus den 70er Jahren an, die deutlich eleganter gewesen seien. Als Beispiel nennt sie das "Bonner Nachtgebet" von Rolf Braun. Es stammt aus der Zeit, als Franz Josef Strauß Bundeskanzler werden wollte. In seiner Büttenrede betete Braun, Gott möge Strauß Gesundheit und ein langes Leben schenken und endete mit: "Lass ihn noch viele Feste feiern, aber lass ihn auch in Bayern." Obwohl das "pointiert und doch nicht unter der Gürtellinie" gewesen sei, habe der "Bayern Kurier" damals erbost reagiert.
Grenzen zu stecken ist Aufgabe der Gesellschaft
"Aber auch das, wenngleich humorlos, bewegte sich im Rahmen einer zivilisierten Auseinandersetzung", kommentiert Museumsleiterin Hesse die Reaktion der CSU-Zeitung. "Insofern ist es auch immer Aufgabe der Gesellschaft, die Grenzen zu stecken." Wenn bei unwitzigen Witzen applaudiert werde, kämen davon noch mehr nach. "Aber wenn Widerspruch folgt, hat das durchaus Konsequenzen – und sei es auch nur, dass die Macher vielleicht ins Nachdenken kommen."
Andererseits müsse man als Politiker damit leben, dass man durch den Kakao gezogen wird. "Vulgäre Beschimpfungen wiederum sollten in jedem Rahmen tabu sein - nicht nur bei der Fastnacht." Zum konkreten Fall des Galgens äußert sie sich aber nicht.
Theres: Bürgermeister ist hin- und hergerissen
Auf diesen angesprochen sagt Matthias Schneider (CSU), Bürgermeister von Theres, ihm selbst sei der Wagen auf dem Faschingszug in Obertheres nicht aufgefallen. In der Bewertung sei er hin- und hergerissen. Einerseits könne er verstehen, dass manche Leute ihren Frust über die Regierung loswerden wollten. Und immerhin habe ja keine konkrete Person am Galgen gehangen.
Andererseits könne er auch die Kritik nachvollziehen, dass damit Gewalt verherrlicht werde. "Ich bin gegen Gewalt und Beleidigungen", sagt er. "Und es ist schon gefährlich, wenn man mit solchen Motiven hantiert."
Und die Juden auf Faschingswagen damals wurden ja auch nur "symbolhaft" dargestellt und keine "Personen".
Einfach einmal einlesen in einschlägige Dokumentationen. Es gibt da ein sehr bekanntes Foto mit dem Titel „Die Letzten ziehen ab“. Das Motto des ersten antisemitischen Wagens des Kölner Rosenmontagsumzugs 1934.
Alles ganz "harmlos"....
Leider wissen bestimmt manch geschichtsvergessene Kommentatoren hier auf dieser "Plattform"nicht was Sie meinen.
....am "Faschings-Galgen hingen schon viele" (?).... und "Selbst die "Gehängten" nahmen es mit Humor.".... (?) und überhaupt: Fronleichnam.... wie gesagt, man kann manchmal nur staunen.
Zurück zur Realität, mit Foto des Stadtarchivs Nürnberg:
..."Den wohl schlimmsten anti-jüdischen Wagen gab es 1938 in Nürnberg: die «Todesmühle», die Puppen mit jüdischen Stereotypen an einem Galgen-Karussell baumeln ließ. Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, musste diesen Zug als 15-Jähriger miterleben - und erinnert sich, dass der Wagen mit Beifall der Massen überschüttet wurde."....
Quelle: Nordbayern, "Schreckliche Späße" von Alexander Jungkunz, 13.02.2010
Man sieht die Entwicklung.
Menschliche Puppen sind eine andere Liga, als hölzerne, ein wenig bunt bemalte Rechtecke.
Und noch mal eine ganz andere Liga sind lebendige Menschen (Plural) mit Schlinge um den Hals unter einem Galgen.
Gesehen wo ?
Auf einer grünen Klimaschutz Demo.
https://www.deutschlandfunk.de/fridays-for-future-hunderttausende-protestieren-fuer-mehr-100.html
Die einseitige theathralisch vorgetragene Empörung von manchen ist an Lächerlichkeit nur schwer zu übertreffen.
Tja, was soll ich dazu sagen.
Diese Menschen haben berechtigte Angst vor dem Klimawandel, und Sie haben Angst das ihre Subventionen gekürzt werden.
Vieleicht mal demnächst einen kostengünstigeren Traktor kaufen?!
Kein Statussymbole!
Ich helfe Ihnen gern: wenn jemand aus Wut, Hass, ideologischer Gesinnung oder anderen niederen Beweggründen jemandem damit droht, ihn aufzuhängen, zu lynchen - auch symbolhaft - dann kann man dies als Bedrohung werten. Der eine fühlt sich schneller bedroht als der andere und selbstverständlich gibt es Abstufungen. Manchmal wird dies auch überstrapaziert und eine Drohung ist gar keine. Sie dürfen davon ausgehen, dass ich mich damit einigermaßen auskenne, da die Staatsanwaltschaft mir einmal vorgeworfen hat, ich hätte mit einem "Amoklauf" gedroht, was nicht der Fall war. Auf die Idee, öffentlich mit einem "Galgen" zu symbolisieren, würde ich nie kommen, da dies m.E. sehr eindeutig eine glasklare Drohung ist!
Das Foto zu dem Link hingegen ist eine glasklare WARNUNG - durch Menschen, die sich durch den Klimawandel und das Ausbleiben geeigneter Maßnahmen durch die Politik "bedroht" sehen.
Haben Sie da was nicht begriffen??
Am "Faschings-Galgen" hingen schon viele, auch bei den bekanntesten Faschingszügen des Rheinlandes.
Meistens handelte es sich um bekannte Gesichter. Und - keiner hat sich aufgeregt. Selbst die "Gehängten" nahmen es mit Humor.
Naja, über Geschmack läßt sich trefflich streiten.
Jetzt hängt da das Pappmascheedouble einer 3phasigen Ampel und alle regen sich auf?
Wären alle so wehleidig und mimosenhaft wie unsere Ampel-Politiker und deren Anhänger, wäre vieles in Deutschland nicht möglich.
Es gäbe keine Fußballschiedsrichter, keine Bürgermeister und keine Polizei.
Auch Rettungsdienst und Feuerwehr gäbe es nicht mehr.
Man kann über Streitkulrut streiten.
Doch die "Negativspirale" haben die politisch Linken in Bewegung gesetzt. Sie waren die ersten, die Wahlveranstaltungen mit Trillerprfeifen, Dosenhupen und anderem Krawall gestört haben.
(Quelle: eigene Feststellungen zw. 2009 und 2013)
Was damals beklatscht wurde, ist heute plötzlich verwerflich oder gar strafbar??
Oder jemand auf einer Bombe saß und die Zündschnur brannte...
Oder ein Panzer, der jemanden überfuhr...
Theatralisch empörte Kritik an einem bunten Holzgegenstand an einer Schnur baumenld ist geradezu lächerlich dagegen.
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Was ist zukünftig denn überhaupt noch erlaubt?
Verkleiden? Ja aber bloß kein Indianer, Dunkelhäutiger, Chinese, Araber, Behinderter, Gebrechlicher, Kopftuch, Schleier.
Karussell? Ja, aber ohne böse Autos, Kutschen, Pferde und andere Reittiere wie Elefanten.
https://www.merkur.de/welt/fordert-ende-der-tier-figuren-in-karussells-usa-tierschutz-pferde-vermittelt-falsches-bild-peta-zr-92827485.html
Politische Kritik? Ja sicher, aber nur gegen die Opposition.
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Als nächstes erklärt Nancy Faeser, Demokratie ist so wichtig, dass man den Begriff unbedingt in den Landesnamen integrieren muss. Etwa Deutsche Demokratische Republik.
Da war doch was...
Wir meinen ja gar keine Menschen ..(oder falls doch, dann haben wir's nicht gesehen).
Eine Ampel ist nur ein Gegenstand. Kein Mensch.
Vergleiche:
https://www.deutschlandfunk.de/fridays-for-future-hunderttausende-protestieren-fuer-mehr-100.html
3 lebendige Menschen (nicht Puppen!) mit Schlinge um den Hals unterm Galgen.
Oder googeln:"Fallbeil Demo DGB".
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Außerdem hängen doch fast alle Ampeln an Pfosten (nix anderes als Marterpfahl) oder eben Galgen. Zu sehen an/über jeder größeren Kreuzung. Soll man die nun alle abbauen?
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Seit Monaten beschäftigen sich Polizei , Ordungsämter und Staatsanwaltschaft immer wieder auf's neue mit der Frage, ob an der Symbolik was auszusetzen ist. Ergebnis immer wieder: rechtlich einwandfrei.
Brauchen wir dann die selbsernannten Sittenwächter in Zeitungen, die das unentwegt anders hindrehen?
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PS:
Ist ein Kreuz nicht ebenso ein Hinrichtungswerkzeug wie ein Galgen?
Bei zahllosen Umzügen (Fronleichnam...) wird ein Kreuz mitsamt einer MENSCHENpuppe vorausgetragen. Wo bleibt da 3.Bgm Hümmer's Aufschrei?